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Full text: 62, 1934

340 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, August 1934. 
Würden wir nun ein Haarhygrometer, das unmittelbar die relative Feuchtig- 
keit anzeigt, mit Wasser eichen, und nun seine Aufzeichnung in einer Schnee- 
wolke betrachten, so würde es dort vielleicht „90%" angeben. Wir sind also 
dem Fehlschluß ausgesetzt, daß in der Schneewolke Verdunstung stattfindet. 
Wäre das Haarhygrometer andererseits über Eis und Schnee geeicht, so zeigt 
es über Eis, also auch in der Schneewolke, 100% (e= Exns) und es würde in 
einer Wasserwolke „110%“ anzeigen. Der klare Ausdruck Sättigungsdruck 
(= maximal möglicher Druck) wird also verschwommen, wenn wir nicht klar- 
stellen, auf welches Material (Wasser oder Eis) wir E beziehen; wir müssen also 
das tatsächlich vorhandene Material zu Grunde legen, 
Süßes Wasser bedeckt nur einen kleinen Teil der Erde, %, der Erdober- 
fläche ist Salzlösung. Auch für Salzlösungen ist Emax für verschiedene Konzen- 
trationen seit langem, zuerst von Gay-Lussac, bestimmt worden und Kämptz 
gibt in seinem 1831 bis 1836 erschienenen Lehrbuch der Meteorologie bereits 
eine kleine Tabelle des maximalen Dampfdruckes über Salzwasser, die man aber 
ausführlicher und besser in dem modernen Tabellenwerk von Landolt-Börnstein 
findet. Esarzwasser it <7 Ewaser. Der Dampfdruck e über Salzwasser kann nicht 
größer sein als Egazwaser- Hat 6 diesen Wert, so ist die Luft gesättigt. 
Würden wir aber fälschlich in diesem Fall Ewaser zu Grunde legen, so be- 
kämen wir eine falsche Feuchtigkeit, die kleiner ist als 100%, und wir würden 
fälschlich schließen, daß an der Salzwasseroberfläche Verdunstung stattfindet, 
Ja, wir würden sogar an der Salzwasseroberfläche überhaupt niemals Sättigung 
vorfinden, wenn wir Eraser Statt Esapwasser einsetzen, Diesen Punkt hat Kämptz 
bereits vor 100 Jahren erwähnt, 
Wir können also unter den Tabellen für maximale Dampfspannung nicht 
willkürlich eine wählen und die anderen ausschließen, sondern müssen die rich- 
tige wählen, die E für das tatsächlich vorhandene Material gibt, andernfalls ist 
eine Beurteilung des Sättigungsgrades und damit auch der Verdunstung. und 
Kondensation unmöglich, 
In der freien Atmosphäre sind die Verhältnisse etwas komplizierter, Hier 
gibt es keine ebenen Wasserflächen. Für die gekrümmten Öberflächen der 
Tropfen hat W. Thomson gezeigt, daß bei ihnen durch die Oberflächenspannung 
eine Druckerhöhung erzeugt wird, die umgekehrt proportional dem Radius des 
Tropfens ist; für sehr kleinen Radius r, bei der Entstehung des Tropfens, ist 
also der Sättigungsdampfdruck sehr groß, Die notwendige kompensierende Kraft 
beruht auf dem Salzgehalt der Kondensationskerne, den Hilding-Köhler qua- 
litatirv und quantitativ in einer Meisterarbeit bestimmt hat. Die Salzlösung des 
Tropfens bewirkt einen Unterdruck, den wir aus den Tabellen des Dampfdrucks 
über Salzlösungen entnehmen können, und der den Überdruck der Oberflächen- 
spannung kompensiert, 
Die Erscheinung des Unterdruckes über Salzlösungen und ebenso des aus 
dem praktischen Leben bekannten Unterdruckes über trockenem Salz beruht 
auf der Hygroskopie des Salzes. Über die Hygroskopie, d. h. die Beziehung von 
Wassergehalt des Materials und Sättigungsgrad der umgebenden Luft, liegen 
umfangreiche amerikanische Tabellen vor für technisch wichtige Materialien 
(Baumwolle usw.), soweit sie auf Kohlenstoff (C) aufgebaut sind. Über die 
HAygroskopie der Salze dagegen, die die Kondensationskerne bilden, wissen wir 
bisher nichts. Mein Assistent, Herr Dr. Niederdorfer, und ich sind dabei, die 
Frage zu untersuchen. Sie hat Ähnlichkeit mit dem Problem der Adsorption 
(Bildung sehr dünner Wasserhaut, die z. B, beim Glas die Vorbedingung für das 
Beschlagen bildet). Das Problem der Adsorption ist wegen seiner Wichtigkeit 
für Laboratoriumsarbeiten theoretisch und experimentell verhältnismäßig weit 
entwickelt, während wir die Maximaldrucke des Wasserdampfes über Salzen nur 
für den Fall kennen, daß die Salze gelöst sind. 
In Schneewolken muß offenbar Ex angewendet werden, Bestehen Eis und 
Wasser in den Wolken nebeneinander, so muß das Wasser verdunsten und als 
Eis auf das Eis einwandern, soweit nicht der Unterdruck, der durch die Salz- 
kerne der Tropfen erzeugt wird, dies verhindert. Wir wissen ferner, daß
	        
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