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Full text: 62, 1934

Kleinere Mitteilungen. 
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zwischen 8 und 9* 28°, und nach Sonnenuntergang zeigt das Thermometer am 
gleichen Tage 26°, An Vortagen konnte ich zur Zeit des täglichen Temperatur- 
maximums im Stadtinnern 30 bis 35° ablesen bei einem Wasserdampfgehalt von 
28 g/cbm. 
Dabei ist bemerkenswert, das am Morgen auf der Mitte des Rio Guayäs die 
Temperatur als kühler empfunden wird, und zwar schon bei einem Unterschied 
von nur 1!/,°. Umgekehrt herrschte am 14. März abends über dem Strom eine 
Temperatur, die um 1° höher war als jene am Ufer. Diese Gegensätze werden 
noch stärker, wenn man das Innere der Stadt mit den Verhältnissen über den 
Wasserflächen vergleicht. So ist es kein Wunder, wenn die Bevölkerung gerade 
am Tage auf dem Fluß Erholung sucht und besonders im Wasser, dessen 
Temperatur 2 bis 3° unter der der Luft liegt. 
Wie einerseits der geringe Temperaturunterschied zwischen Wasser und 
Land durchaus empfunden wird, so erst recht derjenige zwischen Sonne und 
Schatten, wobei es keineswegs nötig ist, daß die Sonne von einem wolkenlosen 
Himmel herabbrennt. Bei einer Bedeckung 8, die zum größten Teile aus Cieu, 
z. T. aus Cuca, Cunb bestand, wird nicht allein die Haut bei längerer Exposition 
auf dem Wasser erheblich verbrannt, sondern der Schweißstrom verstärkt sich 
jedesmal, wenn man aus den schattenspendenden Kolonnaden, die alle Straßen 
auf beiden Seiten begleiten, beim Überqueren des Dammes in den Bereich der 
Sonne oder Halbsonne gerät. Selbstverständlich dürften derartige klimatische 
Eigenbeobachtungen immer nur als subjektive Eindrücke gewertet werden, und 
as wäre sicher interessant, wenn wir aus den verschiedenen Klimagebieten der 
Erde möglichst vielseitige Klimaeindrücke erhalten könnten. Es ließen sich 
vielleicht hieraus auch die Anteile abschätzen, die der Gewohnheit, der Rasse, 
bzw. der physischen Beschaffenheit des Individuums (Hautfarbe, Turgor, Be- 
aaarung, Körpergewicht u. a. m.) entsprechen!), — Auch ohne die Einwirkung der 
Sonne stellt jedenfalls im Februar und März die Haut in Guayaquil ein wirklich 
feuchtes Thermometer dar?), und zwar gilt dieses, aus ihrem feuchtglänzenden 
Eindruck zu schließen, sowohl für den flüchtigen Besucher und den eingesessenen 
Europäer als auch für den eingeborenen Mulatten, Neger, Chinesen. Doch lehrt 
die Erfahrung, daß die mit Körpergewicht Gesegneten besonders stark trans- 
pirieren, ohne daß hiermit eine geringere Anpassungsfähigkeit an das Klima 
oder eine verminderte Arbeitsfähigkeit verbunden ist. Zur Verteidigung gegen 
die Schwüle der Regenzeit, die während meines Aufenthaltes besonders stark war 
(Äquivalente Temperaturen zwischen 70° und 90°), da monsunartige Winde sich 
über der äquatorialen Südströmung des „nifio“ mit Wasserdampf beladen, suchen 
alle Bewohner durch Ventilation der feuchten Haut sich Kühlung zu verschaffen. 
Dieser Zug ist merkbar vorhanden zwischen den schattigen Kolonnaden und der 
besonnten Straße am Ufer des Stromes, unter dem Ventilator der Kaffees oder 
Speisehäuser, besonders aber im Segel- oder Motorboot und im Auto. Das 
letztere wird von wohlhabenden Familien tatsächlich nur zu dem Zwecke unter- 
halten, um innerhalb der Stadt durch den Fahrtwind eine Erfrischung zu erfahren, 
da Ausflüge auf den völlig versumpften Wegen der Umgebung unmöglich sind, 
Schon fünf Minuten vor der Stadt gerieten wir auf der bestgehaltenen Land- 
straße in den Morast, eine Folge der Regengüsse, so daß das Umkehren ein 
äußerst langwieriges und schwieriges Manöver war. Regen kam als Schauer 
auch am Tage, vorzüglich aber nach dem Verschwinden der Sonne, also ab 
18 Uhr. Die „ältesten“ Leute behaupten, daß die winterlichen Niederschläge 
ihren Typ geändert haben, indem früher am Tage überhaupt kein Tropfen fiel, 
sondern der Regen ein Dauerphänomen der nächtlichen Stunden war. Wie das 
Bad in dem lauen Strom oder die Erfrischung einer „Brause“ wird auch der 
warme Regen immerhin als eine leichte Abkühlung empfunden, und die Fenster 
werden zu dieser Zeit weit geöffnet, trotzdem gerade dann schwarze, handteller- 
große Raubwanzen nicht nur herumsurren, sondern einem gegen das Gesicht 
:) Vgl. Castens: Über Tropenklimatologie, Tropenhygiene und den Lettow-Feldzug, [Ann. Hydr. 
1925, VI, S. 177ff.] — ?) Hierzu siehe auch Berk u. Castens: Zur Kenntnis der Temperatur u. 
Feuchtigkeit der Schiffsluft, [Ann. Hydr. 1929, VI, S. 169f£, insbesondere 8, 179ff.].
	        
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