Kleinere Mitteilungen.
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zwischen 8 und 9* 28°, und nach Sonnenuntergang zeigt das Thermometer am
gleichen Tage 26°, An Vortagen konnte ich zur Zeit des täglichen Temperatur-
maximums im Stadtinnern 30 bis 35° ablesen bei einem Wasserdampfgehalt von
28 g/cbm.
Dabei ist bemerkenswert, das am Morgen auf der Mitte des Rio Guayäs die
Temperatur als kühler empfunden wird, und zwar schon bei einem Unterschied
von nur 1!/,°. Umgekehrt herrschte am 14. März abends über dem Strom eine
Temperatur, die um 1° höher war als jene am Ufer. Diese Gegensätze werden
noch stärker, wenn man das Innere der Stadt mit den Verhältnissen über den
Wasserflächen vergleicht. So ist es kein Wunder, wenn die Bevölkerung gerade
am Tage auf dem Fluß Erholung sucht und besonders im Wasser, dessen
Temperatur 2 bis 3° unter der der Luft liegt.
Wie einerseits der geringe Temperaturunterschied zwischen Wasser und
Land durchaus empfunden wird, so erst recht derjenige zwischen Sonne und
Schatten, wobei es keineswegs nötig ist, daß die Sonne von einem wolkenlosen
Himmel herabbrennt. Bei einer Bedeckung 8, die zum größten Teile aus Cieu,
z. T. aus Cuca, Cunb bestand, wird nicht allein die Haut bei längerer Exposition
auf dem Wasser erheblich verbrannt, sondern der Schweißstrom verstärkt sich
jedesmal, wenn man aus den schattenspendenden Kolonnaden, die alle Straßen
auf beiden Seiten begleiten, beim Überqueren des Dammes in den Bereich der
Sonne oder Halbsonne gerät. Selbstverständlich dürften derartige klimatische
Eigenbeobachtungen immer nur als subjektive Eindrücke gewertet werden, und
as wäre sicher interessant, wenn wir aus den verschiedenen Klimagebieten der
Erde möglichst vielseitige Klimaeindrücke erhalten könnten. Es ließen sich
vielleicht hieraus auch die Anteile abschätzen, die der Gewohnheit, der Rasse,
bzw. der physischen Beschaffenheit des Individuums (Hautfarbe, Turgor, Be-
aaarung, Körpergewicht u. a. m.) entsprechen!), — Auch ohne die Einwirkung der
Sonne stellt jedenfalls im Februar und März die Haut in Guayaquil ein wirklich
feuchtes Thermometer dar?), und zwar gilt dieses, aus ihrem feuchtglänzenden
Eindruck zu schließen, sowohl für den flüchtigen Besucher und den eingesessenen
Europäer als auch für den eingeborenen Mulatten, Neger, Chinesen. Doch lehrt
die Erfahrung, daß die mit Körpergewicht Gesegneten besonders stark trans-
pirieren, ohne daß hiermit eine geringere Anpassungsfähigkeit an das Klima
oder eine verminderte Arbeitsfähigkeit verbunden ist. Zur Verteidigung gegen
die Schwüle der Regenzeit, die während meines Aufenthaltes besonders stark war
(Äquivalente Temperaturen zwischen 70° und 90°), da monsunartige Winde sich
über der äquatorialen Südströmung des „nifio“ mit Wasserdampf beladen, suchen
alle Bewohner durch Ventilation der feuchten Haut sich Kühlung zu verschaffen.
Dieser Zug ist merkbar vorhanden zwischen den schattigen Kolonnaden und der
besonnten Straße am Ufer des Stromes, unter dem Ventilator der Kaffees oder
Speisehäuser, besonders aber im Segel- oder Motorboot und im Auto. Das
letztere wird von wohlhabenden Familien tatsächlich nur zu dem Zwecke unter-
halten, um innerhalb der Stadt durch den Fahrtwind eine Erfrischung zu erfahren,
da Ausflüge auf den völlig versumpften Wegen der Umgebung unmöglich sind,
Schon fünf Minuten vor der Stadt gerieten wir auf der bestgehaltenen Land-
straße in den Morast, eine Folge der Regengüsse, so daß das Umkehren ein
äußerst langwieriges und schwieriges Manöver war. Regen kam als Schauer
auch am Tage, vorzüglich aber nach dem Verschwinden der Sonne, also ab
18 Uhr. Die „ältesten“ Leute behaupten, daß die winterlichen Niederschläge
ihren Typ geändert haben, indem früher am Tage überhaupt kein Tropfen fiel,
sondern der Regen ein Dauerphänomen der nächtlichen Stunden war. Wie das
Bad in dem lauen Strom oder die Erfrischung einer „Brause“ wird auch der
warme Regen immerhin als eine leichte Abkühlung empfunden, und die Fenster
werden zu dieser Zeit weit geöffnet, trotzdem gerade dann schwarze, handteller-
große Raubwanzen nicht nur herumsurren, sondern einem gegen das Gesicht
:) Vgl. Castens: Über Tropenklimatologie, Tropenhygiene und den Lettow-Feldzug, [Ann. Hydr.
1925, VI, S. 177ff.] — ?) Hierzu siehe auch Berk u. Castens: Zur Kenntnis der Temperatur u.
Feuchtigkeit der Schiffsluft, [Ann. Hydr. 1929, VI, S. 169f£, insbesondere 8, 179ff.].