254 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1934.
Atlantischen Ozean zu erwarten. Denkt man sich die Karte 1 als Strömungs-
karte, wobei die Isobaren als Richtungslinien für den Gradientwind aufzufassen
sind, so muß der starke Einfluß der geographischen Breite beachtet bleiben; in
niederen Breiten entspricht dem gleichen Druckgradienten ein stärkerer Wind
als in höheren.
Die „mittlere Strömungskarte 1“ wollen wir ergänzen durch eine „Turbulenz-
karte“; die in der Meteorologie gebräuchlichste Maßzahl ist der Austausch-
koeffizient. In früheren Arbeiten!) wurden vom Verfasser Formeln zur Berech-
nung dieses Koeffizienten aus den Schwankungen der Nord-Südkomponente
geostrophischer Winde angegeben. Da bei F. M. Exner die Luftdruckwerte als
Höhen von Quecksilbersäulen vorliegen, sei hier kurz eine dies berücksichtigende
Ableitung der Rechenformeln wiederholt, wobei im einzelnen auf frühere ein-
gehende Darstellungen verwiesen werde.
Es bedeute AB den Luftdruckunterschied in Millimeter Quecksilber bei
um 47 voneinander entfernten auf gleicher Breite @ liegenden Punktepaaren
(2 = geographische Länge in Graden). Bezeichnet o@ die Dauer eines Tages in
Sekunden, g die Erdschwere, o’ die Dichte von Quecksilber, og die Luftdichte
bei Bi = 760 mm und Z, = 273°%, während 1,112 - 107 cm die Länge eines
Meridiangrades ist, so gilt bei gewissen die Länge des „Mischungsweges“ be-
treffenden Annahmen für den meridionalen Austauschkoeffizienten der Ausdruck
A=0 A AD 2
B(4A4isin2g@)* 2m?
Oz BE, 0,624 108
oT, 33 a8 1.1182. 100 0.624 10° [emge]
und S/2% die in besonderer Weise behandelte mittlere Streuung der Werte von
zonalen Luftdruckdifferenzen um ihr Mittel darstellt. Die Formel nutzt somit
die Schwankungen der Meridionalkomponente des geostrophischen Windes aus,
dessen zonale Komponente?) v noch besonders angeführt sei als
Ku TAB
B sin pm AD’
e 6 Bag “
K= Tri 1.112.108 1.77 + 10* [emgs] -
Die synoptische Verteilung der für 48 Punkte der Nordhalbkugel im Zeit-
raum Januar und Februar 1910 berechneten A-Werte zeigt mit Karte 2 tatsäch-
lich den Schwerpunkt der Zirkulation über dem nordatlantischen Ozean; das
höchste Maximum der Austauschtätigkeit liegt mit 1.2 » 10° cm— g sec— zwischen
Island und dem Nordkap, während über der Behringstraße nur etwa 0,9. 10%
em— g sec— erreicht wird. Uber dem Polgebiet vermindern sich die Werte; in
Einklang mit den interessanten Erfahrungen H. U. Sverdrups?) über das Auf-
treten von Zyklonen und Fronten in der Arktis sinken sie jedoch wahrschein-
lich nicht völlig zu Null herab. Erwähnenswert ist bei Karte 2 noch das zungen-
förmige Übergreifen des atlantischen Maximums auf den amerikanischen
Kontinent, den Zugstraßen der Tiefdruckgebiete Amerikas entsprechend. In
Asien macht sich die Riegelwirkung der gewaltigen annähernd zonal streichenden
Gebirgsketten auf das Schönste bemerkbar; dort finden wir den tiefsten berech-
neten Wert mit 0.065 - 10% em— g sec, Zwischen Asien und Afrika breitet sich,
belegt durch mehrere Rechenpunkte, ein auffallend hohes Maximum aus; das er-
scheint nicht unverständlich, da nach Untersuchungen von G. Bauer*) dieses
Gebiet eine Kampfzone, eine Konvergenz zwischen Nord- und Südwinden, dar-
stellt, bekannt als „Abessinische Zyklone“ oder „Sudantief“. Der hier gefundene
hohe meridionale Austauschwert läßt sich bei Annahme einer gewissen Orts-
1) Vergl. besonders: Großaustausch über Europa und dem Nordatlantik im Winter 1931. Ger-
Jands Beiträge zur Geophysik, Bd. 40, 1933, S. 390 bis 398. — 2) Wir rechnen hier und später die
positive z-Richtung nach Norden, die positive y-Richtung nach Westen; positiv sind Nord- und West-
winde. — °%) H. U. Sverdrup, Scientific Results of the Norwegian North Polarexpedition with the
„Maud“ 1918 bis 1925, Meteorology. (1934.) (Nach Referat Sverdrups im Leipziger Geophys,
Colloquium.) — *) G. Bauer, Zum Klima Vorderasiens (Wind- und Niederschlagsverhältnisse); z. Z,
noch unveröffentlichte Leipziger Dissertationsschrift.