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Full text: 62, 1934

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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Mai 1934, 
einer Zahl von gleichgerichteter Wassermolekeln. Dann ist aber der Über- 
sättigungszustand des Wasserdampfes überhaupt kein Gleichgewichtszustand, 
ähnlich dem labilen Gleichgewicht eines Pendels, dessen Schwerpunkt senkrecht 
über dem Drehpunkt liegt. Ein Gleichgewichtszustand müßte beim Fehlen einer 
Einwirkung von außen her unbeschränkte Zeit andauern und es wäre dann 
denkbar, daß man durch Impfen des übersättigten Dampfes mit gewissen Arten 
von Kondensationskernen „Fixpunkte“ ermitteln könnte, die für eine Messung 
der Übersättigung brauchbar sind. Ist aber der hiernach anscheinend wahr- 
scheinlichere Fall gegeben, daß die Übersättigung ein instabiler Zustand ist, der 
nach einer gewissen, wenn auch längeren, Zeit ohne Einwirkung von außen zur 
Kondensation und damit in einen stabilen Gleichgewichtszustand führt, dann ist 
es offenbar zwecklos, nach Kernen zu suchen, die bei einem bestimmten Über- 
sättigungsgrad Kondensation auslösen, und erst recht überflüssig, Dampfdruck- 
tafeln nach solchen Gesichtspunkten aufzustellen. Allerdings wird es schwierig 
sein, die Frage experimentell zu prüfen, weil der Zustand der Übersättigung im 
Laboratorium nicht für längere Zeit aufrechterhalten bleiben kann. Aus den 
gleichen Gründen macht die Messung der Übersättigung Schwierigkeiten, Daß 
die von A. Fr. Weber!) vorgeschlagene Messung mit dem Haarhygrometer 
möglich sei, stellt neuerdings Grüß?) aus „thermodynamischen Gründen“ (die 
aber nicht bestimmter angegeben sind) in Zweifel, Allein zuverlässig bleibt 
daher vorläufig die Berechnung aus bekannten Zustandsänderungen. 
Was den Ausdruck für den Grad der Übersättigung anlangt, so beanstandet 
K. Wegener die Bezeichnung „relative Feuchtigkeit“ als sprachlich oder logisch 
paradox. Die Unterkühlung oder den Siedepunktsverzug gibt man durch die 
Temperatur an. Da Schmelz- und Siedepunkt des Wassers ausgezeichnete, jedem 
zeläufige Punkte der Thermometerskala sind, ist diese Angabe anschaulich, 
Wollte man aber die Übersättigung durch den Dampfdruck angeben, dann ist 
das nicht anschaulich, weil man nicht den entsprechenden Sättigungsdruck im 
Kopf haben kann. Das Verhältnis des Dampfdrucks zum Sättigungsdruck gibt 
aber ohne weiteres einen übersichtlichen Begriff für den Sättigungsgrad wie 
den Übersättigungsgrad und es ist kein Grund ersichtlich, aus dem der die Zahl 
der Hundertstel des Sättigungsgrades angebende allgemein gebräuchliche Aus- 
druck der „relativen Feuchtigkeit“ bei seiner Verwendung für den Übersättigungs- 
grad irgendwie paradox sein sollte. Jedenfalls liegt hier keine dem Sprach- 
gefühl widerstrebende Ausdrucksweise vor, wie sie für eine andersartige, vereinzelt 
f{estzustellende Verwendung dieses Begriffs zur Kennzeichnung des Zustandes 
reinen Wasserdampfes unter Atmosphärendruck oberhalb der Temperatur des 
normalen Siedepunkts beanstandet worden ist ®)%). 
Die rein negativen Feststellungen K. Wegeners geben hiernach keinen Anlaß 
zu einer Revision der gebräuchlichen Tabellen und der üblichen Bezeichnungsweise. 
Einfacher Weg zur Ableitung des Korrelationsfaktors. 
Von W. Köppen. 
In der Meteorologie haben wir es fortwährend mit Größen zu tun, die mit- 
einander in einer nicht starren, sondern losen, nur statistisch nachweisbaren Ver- 
knüpfung stehen. Das Bedürfnis nach einem mindestens ungefähren Maß für 
diese Verknüpfung ist so stark, daß die von Fr. Galton 1886 vorgeschlagene 
Berechnung eines mathematischen Ausdrucks für diesen Zusammenhang weite 
Verwendung gefunden hat, trotzdem andere Theoretiker ihm nur einen sehr 
beschränkten Wert zuerkennen®). Wir brauchen aber einen solchen Ausdruck 
zur wenigstens ungefähren Orientierung über den Wert eines gefundenen Zu- 
1) Weber: Dissertation, Marburg 1912, — *% Grüß: Hygrometrische Verfahren (Der Chemie- 
Ingenieur, Band II, dritter Teil, Leipzig 1933) S. 173. — % Bongards: „Feuchtigkeitsmessung“. 
S. 95. — %) Grüß: a. a. 0. S, 151. 
5) Bruns: Wahrscheinlichkeitsrechnung und Kollektivmaßlehre, Leipzig 1905, S, 160. — Ad. 
Schmidt: Meteorolog, Zeitschr, 1926, 8. 329.
	        
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