Köppen, W.: Häufigkeit, Veränderlichkeit und Mittelwerte von Temperaturen, 201
noch nicht gemacht worden. Dagegen haben H. v. Ficker und E. Rubinstein
in zwei Arbeiten!) diese Größe für Monate verschiedener Temperatur untersucht
und hier einen ähnlichen Gegensatz zwischen Europa und Ostsibirien gefunden,
wie er für die Häufigkeit der zu warmen und zu kalten Tage besteht: In Europa
ist im Winter die interdiurne Veränderlichkeit der Temperatur größer in den
Monaten mit unternormaler Temperatur, als in denen mit übernormaler, im
Sommer zeigt sich eine schwache Umkehrung dieser Regel; dagegen ist in Ost-
sibirien im Winter die Veränderlichkeit in anomal kalten Monaten geringer
als in anomal warmen. E. Rubinstein hat in dieser Hinsicht eine große Zahl
von Jahrgängen und von Orten aus dem Russischen Reiche nach der Korrelations-
rechnung untersucht und die Resultate in Isokorrelaten für die Monate November
bis April in sechs Karten dargestellt. Der Gegensatz zwischen dem europäischen
Rußland (besonders dem Östseegebiet) und Ostsibirien ist namentlich in den
Monaten Dezember und Januar sehr ausgeprägt, Westsibirien nimmt eine Mittel-
stellung ein. Im April dagegen haben nur in Westsibirien die anomal kalten
Monate die größere Veränderlichkeit, im Westen dagegen ebenso wie im Osten
die anomal warmen.
Auffallend ist es, daß sich diese ausgeprägte Beziehung nur im nordöstlichen
Ausläufer der asiatischen Antizyklone und anscheinend nicht in ihrem Kern zeigt,
Leider finden sich keine Angaben über die Bewölkung in den untersuchten
Monaten. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß die abnorm kalten Januare in
Ostsibirien fast ununterbrochen heiter und die abnorm warmen an der Ostsee
fast beständig trübe waren, so daß in beiden Gruppen auch die Veränderlichkeit
der Bewölkung geringer war als in den entgegengesetzten, und daß hierin die
Ursache der geringeren Veränderlichkeit auch der Temperatur in den
beiden ersteren Gruppen liegt.
Ist es nötig, die Tabellen der maximalen Dampfspannung zu reformieren?
Von H, Bongards, Berlin-Steglitz,
Der Begriff „maximale Dampfspannung“ oder „Sättigungsdruck“ hat für die
Feuchtigkeitsmessung eine ähnlich grundlegende Bedeutung, wie sie für die
Temperaturmessung den „Fixpunkten“, z. B. den Schmelzpunkten und Siedepunkten,
zukommt. Die „relative Feuchtigkeit“, das wohl am meisten verwendete Maß
für den Wasserdampfgehalt der Luft, steht zu dem „Sättigungsdruck“ in so enger
Beziehung, daß eine Ansicht, daß mit „Sättigungsdruck“ ein nicht hinreichend
definierter Zustand bezeichnet werde, von vornherein stärksten Zweifeln be-
gegnen sollte. Da aber in einer die Frage der „Übersättigung“ der Luft mit
Wasserdampf behandelnden Mitteilung?) K. Wegener zu dem Ergebnis gelangt,
daß „offenbar die heutigen Dampfspannungstabellen nur einen beschränkten
Geltungsbereich für Normalluft besitzen und vielmehr die Tabellen der maximalen
Dampfspannung die Art der Kondensationskerne berücksichtigen müßten“, so ist
es nicht überflüssig, die Frage zu erörtern, ob der mit „Sättigungsdruck“ be-
zeichnete Zustand so eindeutig, wiederholt und für längere Zeitdauer herstellbar
ist, daß sich seine Bedeutung als Grundlage für ein Maßsystem rechtfertigen läßt,
K. Wegener ist der Ansicht, daß der Sättigungsdampfdruck der Luft nur
als der Dampfdruck definiert werden könne, bei dessen Überschreitung Konden-
sation eintritt, und meint, wenn Überschreitungen ohne Kondensation möglich
wären, so liege entweder ein sprachliches oder logisches Paradoxon vor. Vom
sprachlichen Gesichtspunkt aus würde man einen Druck, bei dessen UÜber-
schreitung Kondensation eintritt, wohl treffender „Kondensationsdruck“ nennen
als „Sättigungsdruck“ Wenn man die Bezeichnung „Sättigungsdruck“ gewählt
hat, so mögen dafür wesensgleiche Erwägungen maßgebend gewesen sein, wie
lH. Ficker: Veränderlichkeit der Temperatur und Anomalie der Monatsmittel. Sitz’ber, der
Wiener Akademie, Abt, IIa, 1919, — E, Rubinstein: Zur Frage der thermischen Struktur normaler
und anormaler Monate. Gerlands Beitr. z. Geophys, Band 33, S. 305,
2) K, Wegener: „Beiträge zur Physik der freien Atmosphäre“, XX. Band, S. 289. —290, 1933.