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Full text: 62, 1934

170 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, April 1934. 
jedenfalls verschwindet typischerweise in der langgestreckten Republik am Stillen 
Ozean das muntere Tier nach Süden zu da, wo sommerliche Regen einsetzen. 
Seit meiner Reise nach dem nicht gerade niederschlagarmen Westnorwegen 
muß für mich die Ziege als Reagenz für ein bestimmtes Klima verschwinden, 
Nach einem für die Herbstzeit selten sonnigen Tage fielen Anfang November 
1933 in Bergen die typischen Regenschauer, Dabei war es milde, wie etwa zu 
gleicher Zeit im südlichen Chile, wenn nicht gerade hier und da ein heftiger 
Wind aus einer der Schluchten des umgebenden Gebirges auf den Fjord hinaus- 
pfiff, In den Vorgärten aber und im Stadtpark prangte eine wahre Pracht von 
blühenden Rosen. Aber nicht die Wärmeverhältnisse eines Ausnahmejahres sind 
hier im Westen Skandinaviens die Ursache dieses sommerlichen Glanzes, es 
handelt sich um eine stets wiederkehrende Erscheinung: Freilandrosen liegen in 
jedem Jahre auf dem Weihnachtstisch und sind auch noch zum Jahreswechsel 
vorhanden. Es handelt sich also um Verhältnisse, wie wir sie auf den west- 
friesischen Inseln (Norderney) oder auch im fernen Chile antreffen, sei es in 
der Umgebung von Santiago oder in dem Garten eines deutschen Kolonisten an 
den Ufern des Llanquihusees. Aber siehe da! Die Erinnerung an Südchile 
oder Westpatagonien wird äußerst eindringlich, wenn man den Garten bei Bergens 
Museum oder den Stadtpark durchwandert. Blattlose Bäume fehlen hier zwar 
keineswegs, aber der Park ist doch durch das Laub immergrüner Gewächse 
belebt. Hier finde ich ohne Winterschutz als Freilandgewächs die chilenische 
Myrthe mit ihren eßbaren Früchten (Murta), die Fuchsie, das Bambusgras des 
Urwaldes, den rhabarberähnlichen Pangue (Gunera}) und vor allem als prächtige 
männliche und weibliche Exemplare — letztere mit reifen Zapfen —, die stolze 
Araucaria imbricata. Auf die zahlreichen japanischen Magnolien und andere 
Gewächse, etwa des fernen Ostens, die wir als wärmeliebend bezeichnen, will ich 
hier nicht eingehen. Aber der Gesamtanblick der Vegetation ist jedenfalls über- 
raschend, wenn man sich auch hüten muß, eine Einzelpflanze als Kennzeichen 
eines klimatischen Charakters zu nehmen. Ein Kollege in Bergen war erstaunt, 
als ich ihm mitteilte, daß die Araukarie in den Anden Südchiles ähnlichen 
klimatischen Anforderungen ausgesetzt sei wie im westnorwegischen Küstengebiet, 
Habe ich doch diesen urzeitlichen Baum, abgesehen von dem Gebiet seines 
natürlichen Vorkommens wie bei Lonquimäy, sowohl in Puerto Montt, in 
Valparaiso, in Santiago, als auch in Lima und in fast 3000 m Höhe in einem 
herrlichen Exemplar im Garten des Observatoriums zu Quito gesehen; aber 
auch auf Madeira, auf der Isola Bella des Lago Maggiore erblickte ich ihn in 
vollendeter Form. Wenn zwar klimatische Begrenzungen zweifellos bestehen, so 
sind sie zum mindesten recht weite: denkt man an die winterlichen Temperatur- 
Minima und die Schneeverhältnisse bei Lonquimäy, an die sommerlichen Höchst- 
temperaturen in Santiago, an die ganz verschiedenen Niederschlagsintensitäten 
bzw. Bewölkungs- oder Strahlungsverhältnisse, an die von den Breitengraden ab- 
hängigen astronomischen Bedingungen (Dauer des Sonnenscheins) unter 0°, 40° S 
und 60° N oder an die verschiedenen Meereshöhen zwischen 0 bis 3000 m! Zieht 
man in Betracht, daß gerade die Araukarie auf ein natürliches Wohngebiet 
zwischen zwei Breitengraden begrenzt und dabei auf zwei Inseln in der Küsten- 
kordillere und in den Anden Südchiles beschränkt ist, so ist ihr Vorkommen in 
einem durch Menschenhand kaum beeinflußten Rückzugsgebiet weniger klimatisch 
als pflanzengeschichtlich zu erklären. Umgekehrt aber dürften wir annehmen, 
daß der oft halbtropisch anmutende südchilenische oder westpatagonische Urwald, 
wenn seine Existenz auch vegetationsgeschichtlich zu erklären ist, klimatisch 
in West- und Nordwestnorwegen, heute ein Bereich der Föhre, bestehen könnte, 
Dr. Walter Knoche, Santiago (Chile). 
4. Klimatographische Witterungsschilderung. Nr. 18: Malta. — Aus der 
Sammlung des überseeischen meteorologischen Dienstes der Deutschen Seewarte. — 
Witterungsverlauf an einem Wintertag (14. Januar 1934) und Eindrücke 
von der winterlichen Pflanzenwelt der Insel.
	        
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