Scherhag, R.: Die Entstehung des Ostsee-Orkans vom 8. und 9. Juli 1931. 159
wenn Epy und Eprı die Entfernungen der 40 mb-Linien auf den Verbindungs-
strecken Darmstadt—Hamburg bzw. Darmstadt—Lindenberg bedeuten und z der
von den Verbindungslinien eingeschlossene Winkel ist. Wir finden (Tabelle 5)
für E den Wert 223 km (in guter Übereinstimmung mit unserem oben ermittelten
Abstand der Isobaren 1000 und 995 mb) und eine Gradientrichtung von 199°.
Aus den innerhalb dieses Stationsdreiecks liegenden Pilotstationen erhalten wir
nach Tabelle 5 eine mittlere Windrichtung für das 1000 m-Niveau von 272° und
einen mittleren Ablenkungswinkel von
73°, also einen noch um 3° höheren Tabelle 5.
Wert als wir ihn in Tabelle 4 ge- Ablenkungswinkel in 1000 m Höhe
funden hatten. am 8, ‚Juli 1931, 8 Uhr.
Die Gradientänderung mit der a
Höhe kann daher unser Ergebnis nicht
wesentlich beeinflussen. Der Berech-
nung des Massenzuflusses wollen wir
einen mittleren Wert zwischen den
hier erhaltenen und den von Dietsch
gefundenen Ablenkungswinkeln zu-
grunde legen (letzte Zeile der Tab. 4)
und annehmen, daß im Niveau von
2000 m der Ablenkungswinkel 90°
betrage,
Natürlich kann diese Rechnung
nur einen Überschlag über die Größen-
ordnung geben, aber wir sehen immer-
hin schon, daß sich der Reibungs-
2influß scheinbar doch bis in größere
Höhen erstreckt, als man zunächst an-
nehmen sollte. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß aus den
Beobachtungen der Bergstationen Feldberg/Taunus, Kahler Asten, Wasserkuppe,
Brocken und Fichtelberg zu allen drei Terminen dieses Tages ein mittlerer Ab-
lenkungswinkel von 62° folgt; man erkennt hier deutlich den erhöhten Reibungs-
einfluß,
Mit den Werten der Tabellen 3 und 4 ergibt sich der Integralwert in (3)
zu 4700, und für den stündlichen Massenzufluß pro m? erhält man
My = 90 m}
Diese Zahl erscheint sehr groß. Denn diese einströmende Luftmenge würde
pro Stunde einen Druckanstieg von über 10 mb bewirken, wenn nicht in der
Höhe ein entsprechendes Abströmen erfolgen würde. Für unsere weiteren Betrach-
tungen kommt es aber auch nur auf die Größenordnung dieser Zahl an, die
uns schon von sich aus zu der Annahme zwingt, daß es in unserem Tief eine
echte Höhendivergenz geben muß, wo die unten hereinströmende Luft wieder
nerausfließt.
Nebenbei sei erwähnt, daß dem gefundenen Massenzufluß eine mittlere stündliche nach aufwärts
zerichtete Luftbewegung von etwa 90 m pro Stunde oder von rund 2000 m am Tage entsprechen
würde, Bei einem mittleren Wasserdampfgehalt von 10 g/m* würde daraus eine tägliche Nieder-
schlagshöhe von 20 mm folgen, Dieser Betrag ist so groß, daß es scheint, als wenn auch die Kon-
vergenz neben den an der Luftmassengrenze vor sich gehenden frontalen Prozessen wesentlich zu den
großen Niederschlagsmengen beigetragen hat.
272°
36
Die wolkenfreien Räume bei zyklonaler Konvergenz.
Mit der hier gefundenen erheblichen Rolle der allgemeinen Konvergenz im
Tief scheint nicht in Einklang zu stehen, daß gewöhnlich im Tief keine geschlossene
Wolkendecke von der Kondensationshöhe ab gefunden wird. Diese sollte man
eigentlich erwarten, wenn die unten durch Konvergenz einströmenden Luftmassen
wesentlich zur Niederschlagsbildung beitragen sollen. Tatsächlich tritt eine ein-
heitliche Wolkendecke aber nur selten auf, über dem unteren Nbst ist fast stets
ein mehr oder weniger wolkenfreier Raum vorhanden. So wurden auch während