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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, April 1934.
nehme ich an, daß der in die Weddell-See eindringende warme Tiefenstrom an
der Küste von Graham-Land nach Norden umbiegt; bei seiner Umkreisung der
See dürfte er sich durch Mischung mit deren kaltem Oberflächenwasser mehr
und mehr abkühlen. Sobald diese Strömung die deutlich ausgesprochene Schwelle
zwischen Graham-Land, den S’Orkney- und den S’Sandwich-Inseln erreicht, dreht
sie nach Osten ab. Ein Zweig fließt dann nordwärts durch die S’Sandwich-Tiefe
ab, während ein zweiter nach Osten hin sich durch den atlantischen Sektor
bewegt in dem erwähnten Kaltwassergebiet. Der Einfluß dieses zweiten Zweiges
auf die Tiefentemperaturverteilung ist bis zur 40/50° O-Lg. erkennbar. Die Ober-
flächenströmung der Weddell-See wird auch durch die Landgestalt zu einer
zyklonalen Bewegung gezwungen. Unter dem Einfluß der Erdumdrehung muß
das Wasser auf der linken Stromseite, längs der Küste, herabsinken, Östlich von
Graham-Land liegen genügend Lotungen vor, die das Vorhandensein eines aus-
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Abb. 6. Temperatur des warmen Tiefenstromes im Südatlantischen Ozean.
gedehnten Kontinental-Schelfs erweisen; die Messungen von Brennecke im
Süden der See wie auch die der Schwedischen Südpolar-Expedition und unsere
eigenen in der Gegend des Nordendes von Graham-Land zeigen, daß auf diesem
Schelf das Oberflächenwasser sehr kalt und salzreich ist. Die Ansicht, die in
dem Herabsinken ungeheuerer Wassermassen von dem Schelf der Weddell-See die
Ursache der großen Ergiebigkeit dieses Meergebietes an ozeanischem Bodenwasser
erblickt, ist unseres Erachtens gut begründet. Das Sinkwasser vermischt sich
mit dem an sich schon kalten Tiefenstromwasser und läßt das Gemenge von
Boden- und Tiefenstromwasser entstehen, das nach Norden und Osten hin aus
der Weddell-See heraustritt.
In gewisser Hinsicht können ähnliche Bedingungen wie in der Weddell-See auch
im Roß-Meer erwartet werden. Unsere dortigen Beobachtungen lassen erkennen,
daß wenigstens in einem Teil dieses Nebenmeeres sehr kaltes Bodenwasser gebildet
wird, doch scheint dieses, soweit sich bisher ersehen läßt, durch eine unterseeische
Schwelle am Eindringen in den Stillen Ozean behindert zu werden. Andere Beispiele
solcher Becken finden sich — im Kleinen — in der Bransfield-Straße und, nach
Brennecke, in der Nähe der Vahsel-Bucht am Südende der Weddell-See.
Ich bitte Sie, zu entschuldigen, daß meine Ausführungen zum Teil noch einen
etwas unfertigen Charakter tragen. Bei manchen Problemen — u. a. nenne ich
die Lage der subtropischen Konvergenz im Stillen Ozean, den Ursprung und die
Bewegungen des Bodenwassers im Indischen und Stillen Ozean, den Ausfluß aus
dem Roß-Meer — hoffen wir nach Abschluß der Verarbeitung unseres Beob-
achtungsstoffes noch weiteren Aufschluß geben zu können; hierüber werden Sie
näheres in den demnächst erscheinenden „Discovery“-Reports finden.