Wörner, H.: Die Brauchbarkeit der funkentelegraphischen Seeobsmeldungen usw. 105
tatsächlich stark ausgeprägten Grenze von Labrador- und Golfstrom, sondern
auch inmitten von sonst ganz einheitlichen Wassermassen. Diese Abweichungen
sind durch die Art des Materials (Verschlüsselung und Übermittlungsweg) bedingt
und können nicht beseitigt werden, Die rechnerische Auswertung vermeidet
diese Willkür, da man durch die Anbringung von Gewichten an die einzelnen
Beobachtungen den Einfluß der wahrscheinlich fehlerhaften Werte in gewissen
Grenzen verringern kann. Auch ist es auf diesem Wege eher möglich, sich ein
Bild von der tatsächlichen Genauigkeit der Endwerte zu machen, so daß man
dann auch weiß, wieweit Schlüsse über die Abweichung von Normalwerten zu-
lässig sind. Der Nachteil ist, daß man die Methode nur in Gebieten anwenden
kann, wo die Beobachtungen eine gewisse Mindestdichte aufweisen, Glücklicher-
weise verlaufen aber die Hauptschiffahrtswege zwischen Nordamerika und Europa
zum größten Teil innerhalb des Golfstroms, so daß wir hier auch die erforder-
liche Beobachtungsdichte haben. Aus diesem Grunde wurde schließlich der zweiten
Methode der Vorzug gegeben.
Es wurden vorläufig die Monate: August, Oktober und November 1932, und
Februar 1933 in die Untersuchung einbezogen; eine Ausdehnung auf andere
Monate konnte zur Zeit wegen der damit verbundenen großen Rechenarbeit
noch nicht ausgeführt werden. Mit Hilfe des im folgenden angegebenen Schemas
wäre es aber z. B. möglich, laufend an jedem Tage die eingegangenen Meldungen
einzutragen, so daß am Monatsende gleich das fertige Ergebnis vorläge. Als
Größe der Einheitsflächen, für die jeweils eine Mitteltemperatur gebildet werden
soll, haben sich Felder von 21° Seitenlänge am zweckmäßigsten erwiesen. Wählt
man die Felder noch kleiner, so würde für die meisten die erforderliche Zahl
von Beobachtungen — mindestens fünf vollwertige, wie später noch begründet
werden soll — nicht erreicht. Bei größerer Seitenlänge ist die Voraussetzung,
daß innerhalb eines Feldes keine wesentlichen Temperaturunterschiede vor-
kommen, nicht mehr hinreichend erfüllt. Im Grenzgebiet des Golf- und Labrador-
stroms wird diese letztere Voraussetzung auch bei 24°-Feldern allerdings nicht
mehr erfüllt, Hier ist aber der Temperaturabfall so groß, daß selbst 1°-Felder
immer noch sehr verschiedene Temperaturwerte aufweisen würden. Andererseits
ist in dieser Gegend die Beobachtungsdichte ohnehin verhältnismäßig gering.
Man muß es daher mit in Kauf nehmen, daß die gewonnenen Temperaturwerte
hier große mittlere Fehler infolge großer Streuung der Einzelmessungen auf-
weist. Die einzelnen Felder werden nach der Breite ihrer Südgrenze und der
Länge ihrer Ostgrenze beziffert (abgerundet auf ganze Grade, so daß also z. B.
das Feld 4052 von 40° bis 42.5° N-Br. und von 52.5° bis 55° W-Lg. reicht). Die
Einordnung der in verschlüsselter Form vorliegenden Schiffsmeldungen in die
einzelnen Felder ist dann sehr leicht auszuführen.
Wir kommen nun zur Festlegung eines Gewichtes für die einzelnen Beob-
achtungen. Hierbei können selbstverständlich Fehler bei der Messung selbst
bzw. solche, die sich bei der telegraphischen Übermittlung eingeschlichen haben,
nicht berücksichtigt werden, da sie unbekannt sind. Es mag aber darauf hin-
gewiesen werden, daß sich seit Einführung des neuen Seewetterschlüssels die
Möglichkeit von Übermittlungsfehlern für die Wassertemperaturen gegenüber
den früheren Schlüsseln vergrößert hat, denn jetzt werden zur Bestimmung der
Wassertemperatur drei Ziffern benötigt, nämlich erstens die beiden für die Luft-
temperatur und dann noch als dritte die Ziffer, welche die Differenz Luft gegen
Wasser ausdrückt*), während im alten Schlüssel die Wassertemperatur selbst
*) Zum besseren Verständnis des folgenden für die Leser, denen der Seewetterschlüssel nicht
geläufig ist, seien die Angaben über die Wassertemperatur hier wiederholt: Es wird in einer zwei-
ziffrigen Zahl („IT“) die N alttemperatur (auf ganze Grade Celsius abgerundet) gemeldet und durch
eine weitere Zahl („‚t4‘“) die Differenz zwischen Wasser- und Lufttemperatur. Dafür stehen die Zahlen 0
bis 9 zur Verfügung, die im einzelnen bedeuten:
0 = Luft mehr als 5° wärmer als Wasser,
l= „ 3.1°—5.0° » »
2= „ 1.6°—3.09° » » »
3= „ 0.69—1.5° 5
4= „ 0.09—0.5°% a _- x
5=— Luft 0.0°—0.5° kälter als Wasser,
de 0.69°—15°
= „ 1.6°—30° » a
8= » 3.31°—5.0° » » »
d=— „„ mehrals 59° % 2 un
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