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Full text: 62, 1934

Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Januar 1934, 
eingeschaltet sein: Infolge der Erdumdrehung sind Drehströme cum sole ganz all- 
gemein so bevorzugt, daß der umgekehrte Fall fast als eine Ausnahme gelten muß, 
Läßt man die hier nebensächliche Reibung fort, so unterliegen die Gezeiten nur 
der fluterzeugenden Gestirnskraft, der Gefällskraft des Wasserspiegels und der 
Ablenkungskraft. Man nehme nun einmal an, die beiden erstgenannten Kräfte 
zusammen genommen seien ihrem Betrage nach konstant, etwa== R, änderten aber 
ihre Richtung im Laufe einer Gezeitenperiode um 360° cum sole, ließen. sich also 
durch die Radien R eines Kreises darstellen; bezeichnet man dann die Gezeiten- 
periode mit T, die Winkelgeschwindigkeit der Erde mit &. die geographische 
Breite mit g, setzt 2x/T=0g (Frequenz) und wo, sin g=w, so ist die Stromfigur, 
wie sich leicht nachweisen Jäßt!), ein Kreis mit dem Halbmesser 
= Ro — 20). 
Wenn aber eine konstante Kraft vom Betrage IL contra solem umläuft, so erzeugt 
sie auch einen konstanten links umlaufenden Strom vom Betrage 
1== Lie +2 w). 
Wären die Kräfte R und L ‚gleich, so würden sie trotzdem nur am Äquator 
(@=0) gleiche Ströme r und 1] erzeugen; in 28.9° Br., wo für die Halbtagstide 
® = 0/4 ist, wird r dreimal so groß wie l; oder: um einen gleich starken contra 
solem drehenden Strom zu erzeugen, ist die dreifache Kraft notwendig wie für 
einen. cum sole drehenden, In 75.5° Br. wird r unendlich, die Bewegung erfordert 
keine Kraft, sondern geht in den Trägheitskreis über. Für die Eintagsgezeit ist 
die kritische Breite etwa 30% 
Nun wird im allgemeinen die Kraft nicht durch ein kreisförmiges Diagramm 
darstellbar sein. Geht der Kreis über in eine Ellipse, mit den Halbachsen A 
und B, so kann man L+R=A, L—R=B setzen und daraus R und L, und 
aus diesen wieder nach den obigen Formeln r und 1 berechnen, aus denen end- 
lich die Achsen der Stromellipse folgen als a=1+r, b=1—r. Als Verhältnis 
der Achsen der Stromellipse findet man 
b:a= [e(L— BR} —2@0(L-4R): [e(L + B)—2 wo (L— Ryl= (B — As)/(A — Bo), 
wo 2 w{0 im Einklange mit Defant==s gesetzt wurde, Wenn b und damit b/a 
negatiy ist, so bedeutet dies, daß der Strom. cum sole dreht, Man sieht, wenn 
B=0, die Kraft also alternierend ist, so wird b/a = —s; wenn B«<0 ist, die 
Kraftellipse also cum sole durchlaufen wird, so wird b/a immer <0, also dreht 
der Strom cum sole. Aber es kann sogar BI>0 sein; wenn es nur «As ist, 
so ist b/a noch immer negativ: die Kraft dreht also contra solem, der von ihr 
erzeugte Strom jedoch cum sole! Erst wenn B=>As ist, entsteht ein, übrigens 
ziemlich schwacher Strom contra solem. Die Kraft muß also schon sehr aus- 
gesprochen contra solem drehen, um einen gleichartigen Strom hervorzubringen, 
und deshalb müssen die Fälle, in denen der Strom cum sole dreht, die Regel 
bilden, und sie sind keineswegs auf fortschreitende Wellen beschränkt. . 
Nun findet Defant, daß das Verhältnis b/a für die gefundenen Stromellipsen 
fast —=8 (genauer —s) ist. Aber auch hieraus würde noch nicht eine fort- 
schreitende Welle folgen. Denn nach obigem würde sich nur B=0 ergeben, 
d. h., sofern man von der fluterzeugenden Kraft absehen kann, hätte die Flut- 
welle ein alternierendes Gefälle; doch ein solches käme auch stehenden 
Wellen, überhaupt jeder Interferenz von Kanalwellen zu, und nicht bloß fort- 
schreitenden Wellen. Beiläufig sind die Werte von b/a dem absoluten Betrage 
nach in den höheren Breiten nach Defant etwas kleiner, in den niederen etwas 
größer als s. Wenn dies sicher genug feststeht, so könnte man daraus schließen, 
daß in den höheren Breiten die Kraft contra, in den niederen cum sole umläuft, 
und da die fluterzeugende Kraft der Halbtagsgezeit eum sole umläuft, So müßte 
in den höheren Breiten das Gefälle um so mehr contra solem umlaufen; ja, man 
könnte daran denken, aus b/a die Kraftellipse und damit nach Abzug der Ge- 
stirnskraft den Gefällswinkel selbst zu ermitteln. 
1) 8, z.B. Ger], Beitr, z, Geoph., XXI, 1929, S.290-—312; vgl. ®& Thorade, Probleme der Wasser- 
EN: Hamburg 1931 (Probleme d, kosm. Phys, hrag. v7. Jensen und Schwaßmann, XII—XIV), 
SS. 128—132.
	        
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