66 Annalen der Hydrographie und Maritimern Meteorologie, März 1933.
Ursachen der zeitlichen Differenz wird die Untersuchung der Osterems Klarheit
bringen, Der Durchbruchsvorgang war bei beiden 1888 noch nicht abgeschlossen.
Heute ist das Dukegat ohne Nachhilfe durch Menschenhand zum Hauptfahrwasser
geworden. Beim Gatje hat die nachhelfende Menschenhand in den letzten Jahr-
zehnten das Bild geändert. Auch das Randzelgat ist zum Hauptfahrwasser
geworden. Die genannten neuen Fahrwasser, im unserer Untersuchung die Sehnen,
die die alten Bogen durchbrechen, werden als Fahrrinnen bevorzugt, weil sie
durch ihre gerade Linienführung besonders für die Befeuerung zur Nachtzeit
bequemer liegen als die geschwungenen Bögen der alten Mäander, Neuerdings
haben die Sehnen in solchem Maße die Wasserführung an sich gerissen, daß die
Bogen streckenweise verflachen. Diese Entwicklung ist dieselbe, wie wir sie bei
den Mäandern des Oberlaufes der Ems fanden.
Am Prallhang jeder Mäanderwindung wird das Ufer angegriffen, während
es am Gleithang anlandet. In diesem Zusammenhang konnte ich an der Unterems
folgendes ermitteln:
1. An der holländischen Küste von Delfzyl bis Watum am Pralihange des
Delfzyler Bogens ist ungestörter Marschboden (z),
2, a) In der Alten Ems, SO von Rottum, am Nordausgange des Wasser-
armes, reißen am westlichen Ufer, dem Prallhange, noch heute die Nord-
deicher Granatfischer oft mit ihren Schleppnetzen Torfstücke und Baum-
wurzeln vom Boden los,
Die größte Wassertiefe in diesem Fahrwasser, 19 m im Jahre 1584, hat
bis 1623 (Seespiegel) (zo) auf 23 m, bis 1895 auf 33 m zugenommen.
3. Der Charakter des Gatjes als Durchbruch wird bestätigt durch die Notiz,
daß westlich der Knock aus dem ostfriesischen Gatje bei der Vertiefung des
Fahrwassers viel Ton und Torf herausgebaggert wurde (1898 bis 1901) (15),
Aus den behandelten Seekarten kann noch ein weiteres Moment gefolgert
werden. Die Richtung der Abspaltung bestätigt die im Falle Emden gemachte
Erfahrung, daß die Ursache der Abspaltung nicht die Strömung des Flusses oder
die in gleichem Sinne fließende Ebbe gewesen sein kann, sondern allein die Flut,
Während aber bei Emden noch vermutet werden konnte, daß nicht die normale
Flut, sondern Sturmfluten die Durchbrüche verursacht hätten, mußte weiter fluß-
abwärts festgestellt werden, daß der Durchbruchsprozeß sich über Jahrhunderte
hingezogen hat. Aus diesem Grunde kann kein Zweifel mehr daran bleiben, daß
die Durchbrüche die Wirkung des normalen Flutstromes sind. Trotzdem soll
natürlich der große Einfluß der Sturmfluten keineswegs bestritten werden, Es
handelt sich bei diesen Wirkungen aber immer um einen graduellen, nicht um
einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Flut und Sturmflut. Wir können
also feststellen, daB auf der Ems die Mäanderwindungen eine Funktion des
Flusses sind, die Durchbrüche, die Sehnen eine Funktion des in den Fluß ein-
dringenden Flutstromes sind. Es mag gleich hinzugefügt werden, daß auch die
fußaufwärts gerichtete Flut, wenn sie kann, das Bestreben zeigt, in Mäandern
zu fließen. Die neueste Seekarte der Emsmündung zeigt im Randzelgat deutlich
die ersten Andeutungen neuer Mäander,
Den Vorgang, den wir hier behandelt haben, können wir uns hinreichend
deutlich rekonstruieren. Es hat eine Zeit gegeben, in der die Ems selbst bei
dem heutigen Borkum nur Süßwasser führte, Im Jahre 1789 hat der damalige
Pastor Nicolai(1) auf Borkum auf dem Borkumer Riff in nordwestlicher Rich-
tung vom Borkumer Leuchtturm aus, auf einer hohen Sandbank nach einem heftigen
Sturm, der den Sand fortspülte, Süßwassermarsch mit den Resten von Süßwasser-
pflanzen gefunden und deutliche Spuren von landwirtschaftlicher Bearbeitung
beobachtet. Die Marsch, die er unter dem fortgespülten Sand gesehen hat, war
ein Teil jener Flußmarsch, die das breite Emsbett bedeckte. Von ihr finden wir
eine weitere Spur auf einer Karte der Insel Bant (Carte von der Insul Bandt,
von A, Fuchs. 1743. Staatsarchiv Aurich, Inseln Nr, 5), die die Insel ebenfalls
als aus Marschboden bestehend angibt, Dieses Bant {s. unten) lag südlich von
Juist im Watt.
Die Mündung der Ems hat damals noch weiter draußen gelegen,
Do)