Kleinere Mitteilungen,
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Kleinere Mitteilungen.
1. Klimatographische Witterungsschilderung, Nr. 5. Seoverkehrsweg:
Nordwestafrikanisches Gebiet des Atlantischen Ozeans. — Aus dem Archiv des
überseeischen meteorologischen Dienstes der Deutschen Seewarte. — Verlauf eines
Herbsttages (27. Oktober 1932) im Passatanfangsgebiet westlich Kap
Bojadore (Rio de Oro-Küste): „Über Nacht hat der Passat nach Osten gedreht,
Stärke 4 beibehalten, Die See ist mäßig bewegt, eine schwache nördliche Dünung
ist noch erkennbar. 6° W. 0. Z.: tzun 20.5°C, twasser 21.8°C. Im Osten rötet sich
der Horizont; die Sonne will aufgehen. Einige Minuten vergehen noch, dann
steigt der Sonnenball über dem Horizont empor und strahlt uns eine Fülle von
Licht und Farben entgegen. — Höher steigt die Sonne am vollkommen klaren
Himmel. Einige Ci- und Cieu-Wolken treten in der Nähe des Standortes der
Sonne auf, nach wenigen Minuten schon
sind sie verschwunden. Der Himmel
hat eine blaßblaue Farbe angenommen
und bleibt fernerhin wolkenlos.
81 W. O0. Z.: Inzwischen hat sich
über den ganzen Horizont und bis zu
etwa 2° Höhe ein feiner Dunstkreis ge-
bildet. Nach der Sonne zu hebt sich
dieser in Form eines Kegels. Die Sicht
ist dadurch nicht gemindert, die Kimm
bleibt ausgeprägt (Skizze 1),
10: W.0.Z.: Die Sonne hat ungefähr
30° Höhe erreicht. Der Dunstkegel ist
in die Form eines Stundenglases über-
gegangen, und man erkennt nun schon
deutlich die Stelle, an der bei weiterem
Steigen der Sonne dieses Dunstgebilde
auseinanderreißen wird (Skizze 2). Gegen
11b hat sich der Riß vollzogen, ohne
sonderlich merkbar für das Auge ge-
wesen zu sein, detzt lagert über der
Sonne eine feine milichweiße Nebelscheibe,
die etwa um ein Viertel des Sonnen-
durchmessers größer ist. Der Wind
nimmt gegen Mittag um ein Geringes
an Stärke ab. Die Windrichtung ist
noch immer Ost, Als Mittagsort wird
24° 48’ N, 16° 24’ W festgestellt.
125 W.O.Z: t; 21.5°, tw 19.0°%° Die Sonne hat den Meridian passiert und sinkt
nun langsam am wolkenlosen Westhimmel, Die gleichen Erscheinungen treten
bei den fast gleichen Höhen wie östlich vom Meridian auf. Aus milchigem feinen
Dunst zunächst das Stundenglas, dann der Kegel; unmerklich fürs Auge in den
Übergängen der verschiedenen Formen, Gegen 17h frischt der Passat auf und
dreht mehr nach NO. Über den ganzen Horizont verteilt sieht man feine Cirren,
welche dort, wo sie von der dem Untergang zuneigenden Sonne unmittelbar
beschienen werden, in den feinsten Farbtönen, vom grellen Rot bis zum tristen
Braunviolett spielen. Der Sonnenball versinkt; das Farbenspiel wechselt kaleido-
skopartig mit jeder Sekunde. Es wird zarter, und langsam zergeht über der
Stelle des Sonnenunterganges ein rotgelbes letztes Leuchten, Dann kommt nach
einer Dämmerung von etwa einer halben Stunde die Nacht.
180 W. O0. Z.: t; 23.3°% tw 19.5°“
F. J. Schweigler,
1, Offizier P-D, „Wadai“, Kapt. H. Reiss, Woermann-Linie.
Bemerkung. Die lebendige, reizvolle und offensichtlich mit vieler Liebe zur
Natur verfaßte Schilderung des Witterungsverlaufes eines typischen Tages im