Kleinere Mitteilungen,
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folgte am Aufstiegstage von 5 Uhr früh an. Da die Sonne mit Unterbrechungen
den ganzen Tag schien, war das Gas im Ballon tagsüber sehr stark erwärmt,
Außerdem herrschten bei der schönen Wetterlage mit stark aktiver eu-Bildung
and eu-Auflösung am Nachmittag starke Vertikalströmungen über der Großstadt,
Diese Strömungen sowie die beträchtliche Abkühlung des überhitzten Ballongases
nach 17 Uhr brachten es mit sich, daß ich sofort nach dem Aufstieg sehr viel
Ballast verbrauchte und daher schon bald die Landung vorbereiten mußte, Ich war
mit 4 Mitfahrern und 11 Sack Ballast zu je 15 kg gestartet, Um 18% Uhr nahm
ich eine Zwischenlandung im Hamburger Hafen auf der Werft von Bloehm
& Voß vor, wobei ein schnelles Handeln nötig war, zumal ein Anstoßen des
Ballons an die hohen Hellinge, Docks, Gebäude, Kräne und Schiffsmasten auf der
Werft. sowie eine Wasserlandung, die wir such für diesen Notfall vorbereitet
hatten, möglichst vermieden werden sollte,
Um 20® Uhr stieg ich wieder auf, aber nur mit einem Mitfahrer und 8 Sack
Sand, den wir auf der Werft eingenommen hatten, Zuerst kreuzten wir 3 Stunden
lang mehrmals über der Elbe zwischen Hamburg und Blankenese. Die Witterung
und die wechselnden Windverhältnisse ergeben sich aus folgenden Beobachtungen
in Hamburg:
Datum | Uhr * Temp. | Rei.F. | Wind |! Bewölkung ! Sicht
4. &.
14 206 | 46 | NNW3
19 19.2 50 SE 1
| 20 180 | 81 ‚| XWI1
7 129 | 4 = FSE?
cu G/10
+ Bi
| N CAM
a8. eis 3/10
30 km
nn
I
aß
Bis 700 m Höhe wehte schwacher Nordwest- bis Nordostwind, über 700 m
schwacher Südostwind. Nach dem letzten halben Sack Ballast, den ich opferte,
um eine landeinwärts gerichtete Strömung zu gewinnen und beizubehalten,
— %2 Sack behielt ich für die Landung — fand ich schießlich eine Schwimm-
schicht in 1600 m Höhe, die den Ballon langsam nach Norden über Ütersen in
Richtung Elmshorn, also von der Elbeniederung fortführte, so daß die Gefahr
giner nächtlichen Eibelandung überwunden war, Die Strömung in dieser Schicht,
in der die Temperatur von 5° auf 7° nach oben stieg, führte uns in weiteren
3 Stunden langsam nordwärts, Dabei war es empfindlich kalt,
Während dieser Zeit beobachteten wir am wolkenlosen Himmel zahlreiche
Sternschnuppen. Die Luft war sehr sichtig; wir konnten die Ostsee (Neu-
städter Bucht) sehen, da sich der tief stehende Drittel-Mond darin spiegelte, Um
23% Uhr machte mich mein Begleiter, Herr Praesent, auf den Nordhimmel auf-
merksam, Wir stellten sofort fest, daß ein Nordlicht erschienen war, Zuerst
war es mäßig stark, dann heller. Es lag im Azimut Nord zu West, reichte etwa
von 340° bis 360° und bestand aus vier parallelen hellen Strahlenbüscheln, die
vom Horizont senkrecht nach oben strahlten, ohne Unruhe zu zeigen, und etwa
gleiche Breite hatten. Zwischen den Büscheln war €es ein wenig dunkler; die
beiden nördlichsten waren am hellsten, ohne farbige Tönung, Sie reichten vom
Horizont bis etwa 11° Höhe, wo sie schnell in Dunkelheit übergingen, Den Be-
ginn beobachteten wir 23% Uhr; am kräftigsten waren die Polarlichtbanden von
23% bis 2325 Uhr, dann wurden sie schwächer und um 23% Uhr waren sie
verschwunden, und der Nordhimmel war wieder ebenso dunkel wie der benach-
barte Himmelshorizont,
Zwischen 1% und 2% Uhr senkte sich der Ballon mit der Auflösung
der Temperaturumkehrschicht ganz allmählich und gleichmäßig von
1600 m Höhe auf 200 m Höhe, die wir beibehielten, Die Fahrgeschwindigkeit
wuchs dabei von 4 auf 16 km/Stunde und dann weiter auf 26 km, so daß wir
um 3% Uhr den Kaiser-Wilhelm-Kanal westlich Rendsburg kreuzten, 4% Uhr die
Stadt Schleswig im Westen überflogen und um 5% Uhr vor der Fleusburger
Förde bei Hurup, 7 km Sstlich von Flensburg, glatt landeten.
Dr. P. Perlewitz, Hamburg, Deutsche Seewarte,