Aonalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Oktober 1933,
Luftkörper, die nun noch die Konvergenz bilden, sind gegen die kalte Luft der
hohen Küste warm. So erklärt es sich, daß es auf der Rückseite des Tiefs zu-
nächst noch nicht aufklart, sondern sich die Kondensationswirkung des Warm-
luftabhubs mit der der kaltfrontartigen Küstenwirkung überlagert und einen
langanhaltenden Schneesturm zur Folge hat. Hinzukommt, daß mindestens der
alte Kaltluftkörper der Konvergenz kälter als das Wasser und damit in sich tur-
bulent ist, Auch der Warmluftkörper ist zum mindesten nicht wärmer als das
Wasser. Es zeigt sich also auch hier, ähnlich wie unter Island, wie der Küsten-
einfluß in hohem Maße die Erscheinungen des Zyklonenablaufs stört und variiert,
Von nun an werden die Vorgänge uninteressant, Das Tief geht auf Land, ver-
liert seine Geschwindigkeit und wird bis auf die noch immer anhaltende Schauer-
tätigkeit wetterunwirksam.
Allgemeines über das Wetter im hohen Norden. Um zu einer allgemeineren
Übersicht der Wetterzustände im Vorfrühling des hohen Nordens zu gelangen,
bleibt uns noch, die beschriebenen Vorgänge in die Terminologie der modernen
Luftmassendiagnose zu übersetzen. Die Auffassung von der Existenz einer uni-
tären Polarfront beginnt seit Bergeron der Anschauung Platz zu machen, daß
es mindestens zwei dynamisch wichtige Hauptfrontalzonen gibt. Die eine, die die
Scheide zwischen Polarluft und Tropikluft bildet, die andere, die die arktische
Luft von der Polarluft trennt und die nun beziehungsweise Polarfront und
Arktische Front, PF und AF genannt werden, Für die hier geschilderten Vor-
gänge ist die Diagnose insoweit zweifelsfrei als sie sich an der AF abgespielt
haben, da ihr Hauptcharakteristikum der heftige Ausbruch sehr kalter arktischer
Luft ist. Bei der Luftmassenbezeichnung aber erhebt sich eine Schwierigkeit.
Wollen wir die von Moese und Schinzel) als gebräuchlich bezeichneten Be-
pennungen akzeptieren, so wird unsere KM zweifellos von AL gebildet, Nun wird
aber nach dem Ursprungsgebiet mAK und cAK unterschieden. Selbst wenn man
die AF nicht, wie es plausiblerweise geschieht und wie es für den Vorfrühling
zum mindesten sicher zutrifft, an der südlichen Eisgrenze lokalisiert, sondern
sie als südlicher gelegen annimmt, so liegt das Ursprungsgebiet der AL doch
stets innerhalb dieser Grenze, Die Unterlage, die das Ursprungsgebiet der AL
bildet, ist in ihrer thermischen Wirkung durchaus gleichartig, sie ist in jedem
Faile Eis, einerlei, ob sich darunter nun Kontinent oder Meer befindet. Man
darf bei der Kennzeichnung frischer AL, mit der man es hier im hohen Norden
zu tun hat, wohl auf die Zusätze m und 6 verzichten, Wie aber auch immer
die Temperatur einer KM arktischen Ursprungs sein mag, sie fließt, sobald sie über-
haupt über Wasser fließt, damit auch stets über wärmeres Wasser, ihr Temperatur-
zradient wird unten sofort überadiabatisch, die aufgenommene Feuchte wird
über das Kondensationsniveau geschafft und die in ihrer ganzen Ausdehnung
über See turbulente KM wird in ihrer ganzen Ausdehnung Schauerluft, Kommt
zu dieser Schauerwirkung noch die Wirkung des Einbruchs dieser KM in eine
wärmere Luftmasse, so wird die Schauerfolge so dicht und die Schauer werden
30 stark, daß man, wenn man auf einem Schiff darin sitzt, von dem Bild des
Kaltlufteinbruchs unserer südlicheren Breiten, das wir gewohnt sind, nichts mehr
wiederfindet. Diese Erscheinungen, die für den hohen Norden (zum wenigsten
im Vorfrühling) typisch sind, treten unter Island sowohl wie im Barentsmeer in
allen Abstufungen auf. Die Fronten haben eine viel größere Tiefenausdehnung
als bei uns, sind verwischter, und die Fronttätigkeit klingt erst allmählich zu
der individuellen, der KM über See eigentümlichen Schauertätigkeit ab, die eine
Funktion der Differenz von T, und Tı, ist.
Von unserer WM ist wenig mehr zu sagen, als daß sie eben WM ist, Über
ihren Ursprung sind nur Vermutungen anzustellen. Aufstiege stehen nicht zur
Verfügung, auch von der norwegischen Küste haben wir von den kritischen Tagen
keine Temperaturaufstiege, Die Meldungen sind spärlich, Schiffsmeldungen fehlen
im ganzen Norden völlig, Was vorher mit der Luft auf dem offenen Ozean
vorgegangen ist, wissen wir nicht, man kann nur interpolieren; Trajektorien
399
5 Annalen der Hrydrögranphie 1932, Heft X.