Prager, E.; Beobachtungen und Erfahrungen auf einer Fischdampferreise uew. 821
auf, und das Schiff ging mit halber Kraft wieder auf Kurs, Es mußte aber der
dauernden Schauer wegen noch einmal fast zwei Stunden beigedreht werden.
Was war nun geschehen? Am 10, März herrscht im hohen Nordwesten zu-
nächst eine lockere, ziemlich stabile Druckverteilung. Eine Hochdruckbrücke
prstreckt sich von Skandinavien bis Grönland mit Kernen 1030 bzw. 1025 über
Nordskandinavien und Island, Im Norden ist östlich Grönland ein flaches Tief
unter 1005 schwach angedeutet. Auf der Nordseite des Hochs bringen schwache
West- und Südwestwinde Luft, die ihrem Ursprung nach nicht mehr sicher zu
benennen ist, aber sofern es sich um Polarluft handelt, auf ihrem weiten Wege
über See erheblich angewärmt ist. Der Gradient gegen das Nordtief ist schwach.
Die Islandstationen melden am Morgen des 10, Stille, mit Ausnahme von West-
mannö, aber selbst das hat nur einen ganz schwachen Südwind. Die Strömung
ist ziemlich gleichmäßig, große Temperaturgegensätze sind nicht erkennbar, Am
10. abends leitet sich eine Störung ein, die am Morgen des 11, im Kartenbild
sehr deutlich erkennbar ist und wetterbestimmend wird. Über dem grönländi-
schen Inlandeis erscheint ein Hoch, dessen Ursprung mangels ausreichender
Meldungen nicht klar ersichtlich ist. Wahrscheinlich hat die breite Rückseiten-
strömung des vor Labrador liegenden Wirbels zunächst einen Ausbruch frischer
Polarluft veranlaßt, die über dem Inlandeis durch Ausstrahlung unterstützt das
Hoch aufbaut. Am 11. morgens zeigt das Grönlandhoch bereits eine 1020, das
Nordtief eine 985 Isobare, Auf der Tendenzkarte ist eine starke Druckwelle
arkennbar mit einem Steiggebiet vor der Grönlandküste und einem breiten Fall-
gebiet, das von dort bis nach Skandinavien reicht, Island bedeckt und sich auf
dem Atlantik ausbreitet. Infolge des nunmehr starken Gradienten ist die vorher
in der Hauptrichtung westliche Strömung vor der Grönlandküste umgekippt und
hat einer kräftigen Nordnordwestströmung Platz gemacht, die sehr kalte arktische
Luft heranführt. Die immer noch vorhandenen beiden Kerne der alten Hoch-
druckbrücke haben sich weit südwärts zurückgezogen. Die erwähnte sehr kalte
arktische Luftströmung trifft nun auf die maritime Luft, die nach wie vor in
breitem Strom um das atlantische Hoch herum nach Norden und Osten geführt
wird. Die beiden Strömungen, die in spitzem Winkel und mit außerordentlichen
Temperaturgegensätzen aufeinandertreffen, kennzeichnen sich durch eine aus-
gedehnte Konvergenz, als Ausläufer des Nordtiefs, das auf der 14 Uhr-Karte einen
Kern von 980 zeigt, Dieser Kern ist überall von Winden in Sturmesstärke um-
geben. Da der Antransport der Luft vorläufig noch in gleicher Weise anhält,
verwirbelt der lang nachschleppende Ausläufer, der in seinem unteren Teil schon
fast ONO-WSW-Richtung hatte, neu und bildet ein Teiltief, das nun selbständig
wird und schnell ostwärts weiterwandert.
Über Skandinavien hatten sich immer noch Reste des Hochs gehalten, die
durch Strahlung immer wieder gekräftigt wurden und nur sehr schwer zu ver-
drängen sind. So war der Gradient bei Ankunft des neuen Tiefs vor der skan-
dinavischen Küste wieder außerordentlich steil. Das Zentrum des Tiefs zog
direkt über das Schiff hinweg unter Erscheinungen, die oben beschrieben wurden,
Dieses Teiltief erscheint schon wieder oceludiert, Allerdings paßt diese Bezeich-
hung nicht ganz, da eine ganze Reihe von Störungen vorhanden war, die das
normale Zyklonenbild verwischten, Er paßt insofern nicht, als das Abheben
der Warmluft nicht eine Folge der Entwicklung war, sondern gewissermaßen
zwangsläufig geschah, da der Kern der Küste nahe kam, Die heftig anströmende
Warmluft staut sich vor der hohen Küste, die noch mit den Resten der sehr
kalten Strahlungsluft bedeckt ist. Es ergibt sich ein Aufströämen und ein Zu-
sammendrängen der Stromlinien, das die Windgeschwindigkeit aufs neue erhöht
bzw. die hohe Windgeschwindigkeit erhält. Zugleich sind die Temperaturgegen-
aätze an der Konvergenz allmählich geringer geworden, Die ausgebrochene
arktische Luft ist auf ihrem Wege über See angewärmt und beginnt alt zu
werden; die ursprüngliche Warmluft ist von vornherein nicht Tropikluft, sondern
ein Transitluftkörper nicht mehr feststellbarer Herkunft gewesen, der bei Vor-
gängen über dem Ozean, die auf der Karte nicht erfaßt werden konnten, sich
aus subporalen und maritim-subtropischen Bestandteilen ergeben hatte, Beide
Anz. d. Hrdr. usw. 1933, Heft X.