204 Annalen der Hydrograpbie und Maritimen Meteorologie, Oktober 1933,
Entsprechend steigt das Barometer bei einem oberen Temperaturanstieg und
fällt, wenn die Temperaturzunahme sich auf die unteren Schichten beschränkt,
Dies ungleichartige Verhalten des Luftdrucks lenkt die Aufmerksamkeit auf den
pyanz verschiedenen Aufbau der „niedrigen“ und „hochreichenden“ Zyklonen und
Hochdruckgebiete. Liegt der Sitz der Temperaturschwankungen in den tiefsten
Schichten, so finden wir volle Übereinstimmung mit dem Bjerknesschen Zyklonen-
schema: Bei Ankunft kalter Luft steigt der Druck und beim Warmluüftvorstoß
fällt er. Dagegen verhalten sich bei den hochreichenden Luftdruckgebilden
Temperatur- und Luftdruckgang gleichsinnig. Daß im Mittel über Holland
Temperatur- und Luftdruckgang gleiches Verhalten zeigen, liegt daran, daß in
diesem maritimen Klimagebiet stärkere Temperaturänderungen in der Höhe
häufiger sind als unten,
Bei den niedrigen Tiefdruckgebieten überwiegt wohl der thermische Einfluß,
während die hoben Luftdruckgebilde auf eine Vorherrschaft der dynamischen
Einwirkungen auf den Luftdruckverlauf hinweisen, wie es Palmän’) hervor-
gehoben hat.
Wir können unser Ergebnis auch so formulieren, daß Abnahme des verti-
kalen Temperaturgefälles mit Druckzunahme verbunden ist, was Fontell®) be-
wiesen hat. Sicherlich wird die niedrigere Höhentemperatur in Tiefdruck-
gebieten mit durch die dort herrschende aufsteigende Luftbewegung hervor-
gerufen. Den beim Fortschreiten eines solchen Kaltluftkörpers vielfach zu beob-
achtenden Luftdruckrückgang kann man aber wohl nur auf dynamische Gründe
zurückführen.
Zur Kenntnis der einstündigen Temperatur-Wetterhaftigkeit,
Von Gerhard Castens, Hamburg, Dentsche Seewarte.
Wenn an einem Ort die meteorologischen Elemente genau nach ihren klima-
tologischen Isoplethenbildern verlaufen, so ist der Ort wetterlos. Klima und
Wetter sind für ihn identisch. Völlig wetterlose Gegenden gibt es auf der
Erde nicht,
Das Wesen des „Wetters“ ist die Veränderlichkeit, Zu seiner zahlenmäßigen
Erfassung müssen wir den Änderungseffekt der einzigen sicheren Perioden,
pämlich des klimatologischen täglichen und jährlichen Ganges, ausschalten, Was
nachbleibt sind die wetterbedingten oder „Wetterlichen“ Änderungen, deren
numerischen Ausdruck ich als die „Wetterhaftigkeit“ des untersuchten Ele-
mentes bezeichne. Der Wetterhaftigkeitsgrad 0 bedeutet Wetterlosigkeit.
Änderungen erfolgen in der Zeit, Die Änderungsgrößen sind eine Funktion
der Zeitdauer (Frist, Spanne). Kurz- und langfristigen Änderungen entsprechen
in der Regel auf den synoptischen Karten eng- und weiträumige Isallogebilde.
Die kurzfristigen (engräumigen) sind oftmals auf den Karten nicht klar erkennbar
(z. B. Fronten), weil das Beobachtungsnetz nicht dicht genug ist, besonders auf dem
Meere. Die feste Forschungsbasis für die maritime Prognose ist und bleibt daher
stets die allein genau kontrollierbare Küsten- bzw. Landprognose,
Die im Wetterdienst zur Erfassung der Änderungen im Verlauf der Elemente
gebräuchlichsten Zeitspannen sind die „3-Stunden-“, die „5- oder 6-Stunden-“ und
die „24-Stunden“-Frist. Die statistische Klimatologie kennt, soweit sie mit Zeit-
dauern arbeitet, nur den 24stündigen Tag (Regen- und Sonnenscheinsummen;
Temperaturschwankung), den Monat (Spitzenwerte), die Jahreszeit und das Jahr.
Das sind alles hinsichtlich der Dauer des reinwetterlichen Geschehens zunächst
willkürliche, z. T. nur reinklimatologisch begründete Fristen. Sicher ist, daß
z. B. die klimatologische eintägige (interdiurne) Temperatur-Veränderlichkeit
kein Maß für die Wetterhaftigkeit ist.
4 £. Palmen: Die Beziehungen zwischen traposphärischen und stratosphärischen Temperatur- and
Luftdruckschwankungen, Beitr, z, Phys. d. freien Atmosph, 17, S, 102 (1931). — Versuch zur Analyse
der dynamischen Druckschwankungen io der Atmosphäre, Ebenda 19, S, 55 (1932), — 3 N, Fontell:
Zar Frage der inneren Stabilität. der Lauftmassen verschiedenen Ursprungs. Societas Seientiarum
Fennica, Commentationes Physico-Mathematicae, VI, 7. (1932).