Ann. d. Hydr. usw., LXI. Jahrg. (1933), Heft X.
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Doppelte tägliche Periode der Geschwindigkeit des Passates auf hoher
See und ihre Beziehung zur Doppelwelle des Luftdrucks.
Von E, Kuhlbrodt, Hamburg, Deutsche Seewarte,
1. Während der tägliche Gang der Windstärke auf dem Lande durch zahl-
reiche Untersuchungen auf Grund von Registrierungen gut bekannt ist und eine
ausgesprochene einfache Periode zeigt — größere Windstärke bei Tage, be-
sonders mittags, geringere nachts —, ist über sein Bestehen auf hoher See sehr
wenig bekannt. Köppen!) hat 1883 in seiner Untersuchung, die zur „Espy-
Köppenschen Theorie“ der täglichen Windperiode führte, bezüglich des Ozeans
festgestellt, daß hier die tägliche Periode sehr klein ist. Die Tatsache, daß die
Periode auf See fast ganz fehlt, war eine Stütze seiner Theorie der einfachen
Tagesschwankung an Land. Hann?), der die Frage der täglichen Windperiode
(ebenso wie der täglichen Druckperiode) eingehend erörtert hat, faßte die bisherigen
Ergebnisse auch dahin zusammen, „daß auf offener See kaum eine tägliche Periode
der Windstärke zu konstatieren ist“, fügt aber hinzu: „Beobachtungen in der
Passatregion scheinen auf eine doppelte tägliche Periode der Windgeschwindig-
keit hinzudeuten, die dem täglichen Barometergang ähnlich ist.“
Auch Hann kann sich aber bezüglich des offenen Ozeans nur stützen auf
wenige, weit zurückliegende Untersuchungen. Sprung?) hat an Hand von guten
deutschen Schiffstagebüchern aus den Jahren 1877 und 1878 die Frage nach einer
täglichen Periode des Nordost-Passats zu bestimmen versucht, Die zu den Zeiten
des Wachenwechsels angestellten Windstärkeschätzungen aus dem Bereich
39°— 6° N, 16°—53° W ergaben im Jahresmittel:
Zeit: 4 8 12 16 20 24 b
Windstärke: 4.11 4.11 4.03 3.07% 4.04 4.01 Beaufort,
Die mittlere Tagesschwankung beträgt 0,14 Beaufort (0.2—0.3 m/s), ist also
sehr gering, und es scheint hiernach die Windstärke vormittags ein wenig
größer zu sein als nachmittags, im Gegensatz zu der Tagesschwankung an Land:
am Abend scheint sich ein (sekundäres) Anwachsen anzudeuten.
Hann erwähnt in einer Abhandlung von 1879*) eine Mitteilung von Toynbee,
der die Windschätzungen aus zwei der besten englischen Loggbücher von
17 Tagen im Passat mittellte: Nahezu gleiche Geschwindigkeiten (von 4.0 Beaufort)
zu allen Wachzeiten mit Ausnahme der Zeit von 16% die einen um 0.2 Beaufort-
Teile geringeren Wert zeigte.
Ein wertvolleres Ergebnis brachten die Beobachtungen von Sobieczky, die
dieser auf Anregung von Hann ebenfalls im Passatgebiet anstellte, zwischen
24°—15° N, 24°— 49° W an 22 Tagen, 15. X. bis 5. XI. 18855°), Die mittleren Stunden-
werte selbst führt Hann leider nicht an. Die Schwankungsgröße ist wieder ver-
schwindend gering mit 0.216 Beaufort (0.3—0.4 m/s), aber die Lage der Grenz-
werte läßt sich wie folgt erkennen: Zwei Maxima um 8b und 21, zwei Minima
um 3% und 15—16h, also in Annäherung an den täglichen Luftdruckgang, wobei
die Wendestunden dieser doppelten Windstärke-Schwankung um 1-—2 Stunden
[Irüher eintreten als beim Luftdruck, Die harmonische Analyse von Hann ergab,
daß die Amplitude der doppelten Periode mehr als dreimal so groß sich berech-
nete als eine noch vorhandene einfache Periode,
Diese drei Untersuchungen ergeben übereinstimmend, daß die Tagesschwan-
kung der Windstärke auf hoher See sehr klein ist, daß die Geschwindigkeit
nachmittags (16h-—15b) etwas geringer ist als vormittags (8b) und abends
(20h— 215).
‚ W. Köppen, Die tägliche Änderung der Windstärke über dem Lande und über dem Meere,
Ann. d. Hydr. 1883, S. 633. — % Hann-Süring, Lehrbuch der Meteorologie, 4. Aufl., S. 408, 411.
— 3) A. Sprung, Studien über den Wind usw., II. Teil, Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte,
Bd. 2, 1879, Nr. 2, 8.15, — *) J. Hann, Die tägliche Periode der Geschwindigkeit und Richtung
des Windes, Sitzungsberichte Wiener Akad,, Bd, 79, 1879, S, 59. — % J. Hann, Weitere Beiträge
zu den Grundlagen für eine Theorie der täglichen Uszillation des Barometers, Sitzungsberichte Wiener
Akad., Bd. 107, 1898, S. 94—96.
Ann. d. Hydr. usw. 1933, Heft X.