256 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, August/September 1933,
bewegung eine solche Beschleunigung erfuhr, daß sie nicht lange genug — oder
besser gesagt einfach nie — in Ruhestellung gebracht werden konnte. Manchmal
ist es möglich, eine scheinbare Ruhestellung durch entsprechende Gegenbewegung
des Instrumentes zu erreichen, jedoch dürfte es sich hier meist nur um ein
Stoppen der Beschleunigungsbewegung — eben durch die Gegenbewegung —
handeln, die Blase ist dann aber höchstens zufällig einmal an ihrem wirklichen
Ruhepunkt angelangt. Die gleiche Erscheinung — wenn auch in schwächerem
Maße — tritt ebenfalls bei Beobachtungen im Winkel von 90° zur Schiffsbewegung
auf, da meist der Beobachtungsstandort nicht so ausgewählt werden kann, daß
die Schiffsbewegung vollkommen ausgeglichen ist. So konnte z. B. auf der Heim-
reise nur auf der Brücke selbst bei 13 m A.H. beobachtet werden, da das Schiff
Deeckladung hatte, auf der ein genügend fester Standpunkt nicht zu schaffen war.
Beobachtet wurde stets im Liegestuhl sitzend, leider gestattete das große
Ruderhaus nicht dessen Mittschiffsaufstellung. Die üblichen Deckstühle für
Passagiere mit Armlehnen eigneten sich nicht, da ihre starre Konstruktion die
Vibration des Schiffes zu stark auf den Beobachter übertrug, was bei dem mit
Segeltuch bespannten einfachen Liegestuhl nicht mehr der Fall war, Auch für
möglichst feste Aufstellung des Stuhles wurde gesorgt, damit der Oberkörper
vollkommen frei war, um die Schiffsbewegungen etwas auszugleichen. Der rechte
Arm wurde an den Körper gestützt. Von anderer Seite ist früher empfohlen
worden, beide Ellenbogen auf die Reling zu stützen und mit dem Instrument
den Schiffsbewegungen entgegenzugehen, Dieses Aufstützen war einmal wegen
der zu starken Übertragung der Vibration des Schiffes und zum andern des-
halb nicht möglich, weil man an der Reling meist immer dem Wind ausgesetzt
ist, der schon bei verhältnismäßig geringer Stärke eine solche Unruhe auf das
Instrument überträgt, daß die Libellenblase nicht in Ruhestellung gebracht
werden kann.
Bei der ständigen Schiffsbewegung haben alle 5 Beobachter übereinstimmend
mit dem Wollastonprisma schlechtere Ergebnisse erzielt, es wurde daher meist
ohne Prisma beobachtet.
Bei normaler Temperatur ist die Libellenblase etwas größer als das Sonnen-
bild, dieses konnte daher zentral auf das Blasenspiegelbild gebracht werden.
Bei größerer Wärme dehnt sich jedoch die Flüssigkeit in der Libelle aus, wodurch
die Blase verkleinert wird. Bei Beobachtungen im Hafen yon Santa Cruz war
im Laufe von etwa einer Stunde durch die starke Sonnenstrahlung die Libellen-
blase nahezu vollkommen verschwunden, hierbei wurde die wahre Lufttemperatur
mittels „Aßmann“ zu 29.4° C festgestellt; das gewöhnliche Schiffsthermometer
zeigte 37.5° anl). Die kleine Röhrenlibelle, mit der das Instrument ausgerüstet
ist, kann für solche Fälle nicht mit einem Reservoir versehen werden, Bei den
mit Dosenlibelle ausgestatteten Libellensextanten kann der Libelleninhalt mittels
Schraube, die auf den elastischen Libellenboden wirkt, beliebig vergrößert oder
verkleinert werden, wodurch diese Temperatureinflüsse auszuschalten sind.
Ergebnis der Beobachtungen. Unter Berücksichtigung der bereits geschilderten
sehr ungünstigen Beobachtungsbedingungen wurde die maximale Fehlergrenze
jeder Einzelmessung auf -+ 5’ festgesetzt, so daß das Fehlermittel jeder Be-
obachtungsreihe etwa bei 4} 3’ zu erwarten ist, Der Wert dürfte dem Genauig-
keitsgrad entsprechen, der unter den obwaltenden Umständen in der Praxis bei
Messungen von Kimmabständen zu erwarten ist. Diese Fehlergrenze durfte nicht
überschritten werden, wenn die praktische Verwendbarkeit des Libellensextanten
erwiesen werden sollte; dabei durfte auch keine Rücksicht auf den Winkel
zwischen Azimut und Richtung der Schiffsbewegung genommen werden, Bereits
die ersten Versuche zeigten jedoch, daß das nicht möglich war; es wurde daher
meist Azimut und Schiffsbewegung berücksichtigt, ohne den Fehlergrenzwert zu
verkleinern,
Nach diesem Gesichtspunkt aufgeteilt ergibt sich folgendes Bild für 600 Be-
obachtungen, davon 75% auf See:
\ Val. Castens: Wüstenwinde, Kaltwasser-Auftrieb u. Nautik. (Ann. d; Hydr. 1926, S. 22.)