248 Amnalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, August/September 1933,
Ganz unabhängig von einer ursächlichen Erklärung soll aber nun
untersucht werden, ob die „Feinstruktur“ der Niederschlagskurven der Fig, 2a
und b tatsächlich eine Abhängigkeit vom Geländegradienten zeigen im Sinne
einer umgekehrten Proportionalität, Dies geschieht dadurch, daß Kurven berechnet
werden, welche die reziproken Werte der Geländeneigungen längs der Expeditions-
wege darstellen. Unter Zufügung geeigneter Konstanten muß es dann gelingen,
Linienzüge zu erhalten, welche die Feinstruktur der Schneehöhenkurven wieder-
geben. Als Formel, welche zur Berechnung der Niederschlagshöhe aus dem
jeweiligen Geländegradienten dienen 80ll, hat sich
= Az
SA FT
als geeignet erwiesen und kann kurz als Geländeformel bezeichnet werden.
Darin ist S der zu berechnende Wasserwert der aus dem Expeditionsmaterial
ermittelten jährlichen Schneehöhe und «& ist die Geländeneigung. A,, A, und A,
sind geeignet zu wählende Konstante. Im Nenner wurde 1 zuaddiert, damit bei
horizontalem Gelände S nicht unendlich wird.
Ehe nun auf die numerische Auswertung der Formel und den Vergleich der
erhaltenen Werte mit der Beobachtung eingegangen werden kann, müssen über
das Geltungsbereich jener Formel einige wichtige Einschränkungen gemacht
werden. Das Inlandeis bildet einen sehr schwach gewölbten Schild, muß also in
der Umgebung seiner „Kammlinie“ ein horizontales Gebiet aufweisen. Nach obiger
Formel müßte dann hier S ein Maximum haben, während in Wirklichkeit nach
Fig. 2a und b, wie auch bereits eingangs erwähnt, sich hier ein Minimum befindet
und sich auch aus einfachen theoretischen Gründen dort befinden muß, In den
Figuren 2a und b ist also zunächst um die Maximalhöhe des jeweiligen Profils
herum ein Bereich abzugrenzen, innerhalb dessen obige Formel nicht gilt,
Weiterhin ist zu bedenken, daß das Abfließen der Luft um so unregelmäßiger
wird, je mehr man sich dem küstennahen Gebiet mit seinem gebirgigen, zer-
klüfteten Gelände nähert, Außerdem branden bis in diese tieferen Regionen schon
Luftmassen herauf, die stark feucht sind und infolgedessen auch niederschlags-
erhöhend wirken, Sollten sie ihren Weg noch weiter auf das Inlandeis herauf
finden, so können sie nicht mehr viel Niederschlag liefern, da sie ihn beim Auf-
steigen in den küstennahen Gebieten bereits abgegeben haben. In Küstennähe
ist aber @& besonders groß und S würde dann in der Formel sehr klein werden.
Man muß also in den Kurven der Fig. 2a und b auch jedesmal die küstennahen
Enden aus dem Gültigkeitsbereich obiger Formel ausschließen. Wie groß num
die auszuschließenden Gebiete in der Mitte und am Rande sind, kann nur durch
einen Vergleich der beobachteten mit den berechneten Kurven festgestellt werden,
Die Abweichungen von den berechneten Kurven müssen aber auch „richtig“ sein,
Nach dem Innern des Inlandeises zu müssen die berechneten Kurven bei Beginn
des Bereiches ihrer Nichtgültigkeit steigen, während die beobachteten Kurven
fallen, Nach den Küsten zu muß es umgekehrt sein. Sobald die Formel hier
ihre Berechtigung verliert, müssen die berechneten Kurven fallen, während die
beobachteten ansteigen müssen.
Die zur Auswertung der Formel benötigten Geländegradienten wurden nach
einem graphisch-numerischen Verfahren gewonnen, Die Expeditionsberichte von
De Quervain und von Koch-Wegener enthalten beide Angaben über die Ent-
fernungen der Meßpunkte der Schneehöhen voneinander (meist ist dies eine
Tagesreise) und deren Seehöhen, Beiden Expeditionsberichten ist außerdem für
ein längs des Expeditionsweges erstrecktes Band eine Isohypsenzeichnung bei-
gegeben, die bei De Quervain sehr sorgfältig ausgeführt ist. Diese Angaben
wurden der Berechnung der Geländegradienten zugrunde gelegt.
Die Orte mit Schneehöhenmessungen wurden nun zunächst durchnumeriert,
Darauf wurden aus dem Reisetagebuch ihre gegenseitigen Abstände ermittelt,
ebenso die (barometrisch gemessenen) Höhendifferenzen, Durch Division der
Höhendifferenzen durch die Reisewege wurden provisorische Werte der Gelände-
neigung gewonnen. Diese wurden dann mit Hilfe der oben erwähnten Isohypsen-
bänder einer Korrektion unterzogen, Sie mußte vorgenommen werden, weil die