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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juli 1933.
Strahlungsmessungen auf Amrum im August und September 1929%.
Von Professor Dr. Chr. Jensen, Hamburg,
(Hierzu Tabellentafel 25 und Tafel 26.)
Zwischen dem 27. August und dem 27. September 1929 wurden von mir
unter Assistenz des Herrn Schulleiters R, Mentzel aus Bremen und nach dessen
Erkrankung des Herrn cand, math. Hüttenhain aus Münster im Auftrage der
Gesellschaft zur Förderung der Klimaforschung im Nordseegebiet (Geklino) in
Nebel auf Amrum zwischen dem Sanatorium und dem Wattenmeer — vereinzelt
auf Kniepsand und in Wittdün — Strahlungsmessungen durchgeführt, und zwar
Bestimmungen der Strahlungsintensität der Sonne (ungefiltert und mit rotem
Filter — früher Rotglas Schott F. 4512, jetzt identisch mit Schott RG,), der
Polarisationsgröße im Zenit — vereinzelt auch an verschiedenen Punkten des
Sonnenvertikals —, solche der sogenannten Neutrallinien (bei niedrigem Sonnen-
stande als Buschsche Lemniskate bezeichnet), der Höhe der neutralen Punkte
von Babinet (über der Sonne) und von Arago (über der Gegensonne)} und
nicht am wenigsten auch solche der Höhe des unterm A-Punkt liegenden sekun-
dären neutralen Punktes?). Auf die Anwendung des Blaufilters beim Aktino-
meter verzichtete ich wegen der wenig engen Begrenzung des Spektralgebiets;
das vorzügliche Gelbfilter war bei dem Apparat noch nicht angebracht. Auf
einige mit einem dünnen, schon in den Jahren 1916 und 1917 in Hamburg von
mir benutzten Hartgummiblättchen (ultrarote Strahlen) ausgeführte O-Strahlungs-
messungen wird hier nicht eingegangen. — Der zur Bestimmung der Neutral-
linien (s. später!) dienende Polarisations-Theodolit war Eigentum des Herrn
Mentzel; die übrigen Polarisationsapparate verdanke ich dem Hamburgischen Phy-
sikalischen Staatsinstitut, wobei im Hinblick auf die allerdings geringe und über-
dies genau kontrollierte Färbung der beim Sa vartschen Polariskop verwandten
Turmalinplatten und der von mir und später auch von anderen Beobachtern fest-
gestellten Farbabhängigkeit der Höhe der neutralen Punkte hervorgehoben sei,
daß es sich hier um den nämlichen Apparat handelte, der von mir beim Gros
der Hamburger Messungen zwischen 1909 und 1918 verwandt wurde. Das mir
von Herrn Dr. Galbas übergebene Aktinometer war vorher von Herrn Pro-
fessor Marten in Potsdam geeicht, wurde aber nach Abbruch der Messung von
ihm freundlichst einer Nachprüfung unterzogen. Infolge gewisser mir erst später
bekannt gewordener Unstimmigkeiten beim Vergleich zwischen den Aktinometern
und dem Silverdisk-Pyrheliometer 3) müssen 1.8°%,, die zunächst bei der Rech-
nung unberücksichtigt blieben, zugezählt werden, Wesentlich ist für mich der
Gesichtspunkt, die gegenseitige Beziehung der verschiedenen Strahlungsmessungen
im Hinblick auf die wichtige Frage des atmosphärischen Reinheitsgrades*) dar-
zustellen. Wie lohnend und wichtig die Kombination verschiedener Strahlungs-
messungen ist, hat in vorbildlicher Weise Professor Dorno gezeigt, dessen Unter-
suchungen durch die organische Verbindung der Bestimmungen der Verteilung
der Polarisationsgröße und der Helligkeit am Himmel eine besonders große Be-
deutung erlangten“). Soweit es irgend möglich war, wurden sämtliche Messungen
bei praktisch wolkenfreiem Himmel durchgeführt. Unter allen Umständen wurde
jedenfalls peinlichst jede Störung durch Wolken vermieden,
Bei den Aktinometermessungen wurden zunächst 5 Einstellungen (beschattet,
besonnt, beschattet usw.) ohne Filter, dann 5 mit rotem und dann wieder 5 ohne Filter
3} Der Bericht über die Amrumer Messungen sollte bereits im Jahre 1930 im dritten, Professor
Borno zu seinem 65, Geburtstage gewidmeten Bande der Gesellschaft zur Förderung der Klima-
forschung im Nordseegebiet erscheinen, und alles war fertig bis zur letzten Korrektur hin. Aus
wirtschaftlichen Gründen war aber die Drucklegung des Geklinoheftes bisher unmöglich. Daher er-
scheint die Arbeit hier in stark gekürzter Form, — ?) Weiterhin wird die Polarisationsgröße vielfach mit
P, der Aragosche Punkt bzw. der Arago-Abstand mit A-Punkt bzw, A-Abstand, der Babinetsche
Punkt bzw. der Babinet-Abstand mit B-Punkt bzw. B-Abstand bezeichnet, die Sonne (auch in Zu-
sammensetzungen) mit C&), die Sonnenhöhe_mit © H bzw. einfach mit h, — %) Siehe Tätigkeitsbericht
des Preuß. Met. Inst. von 1928, -— %*) Über dıe Beziehung des atmosphärischen Reinheitsgrades zu
den Polarisationserscheinungen s. u. a, Chr. Jensen im Geklinoheft, Bd, I[, 1928, S. 7—28; Strahlen-
be a rn S. 15—24, 1928, — 5) Veröff, Preuß, Met. Inst, Nr, 303, Berlin 1919 und Met.
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