Scherhag, R.: Untersuchungen über die Nachtgewitter im nordwestdeutschen Küstengebiet. IV, 95
In Abb. 4 ist die mittlere Druckverteilung vom Abend vor den Gewittern
wiedergegeben. Es reicht ein charakteristischer Gewittersack von einem schot-
tischen Tief nach SW-Deutschland, während ein ebenso bemerkenswerter Hoch-
druckkeil sich von Polen zur Ostsee erstreckt. Wir haben in den Einzelbeispielen
schon auf die Erscheinung aufmerksam gemacht, daß sich noch am Abend vor
den Gewittern ein Hochausläufer in die Nähe von Hamburg erstreckte, und wir
finden hier die Tatsache bestätigt, daß diese Keile hohen Drucks eine regel-
mäßige Erscheinung der Nachtgewitter zu sein scheinen.
Die gestrichelten Linien geben auf dieser Figur die mittleren potentiellen
Temperaturen am Mittag des gleichen Tages an. Die größte Hitze herrscht in
Süddeutschland, an der Nordseeküste ist es wesentlich kälter, und dort weht der
Wind noch während der ganzen Nacht aus einem wärmeren Gebiet in ein kälteres.
In der Nähe des Tiefausläufers schneiden sich die Isobaren und Isothermen recht-
winklig, was bekanntlich zu einer Verstärkung der Zirkulation führen muß, und
tatsächlich vertieft sich ja auch die Teildepression,
Am Morgen vor den Gewittern (Abb, 3) reicht der Hochdruckkeil etwa zur
westlichen Ostsee, während der Tiefdruckausläufer sich erst über der Biscaya
befindet; über Deutschland herrscht allgemein Südwind. Am zweiten Abend vor
der Gewitternacht zieht sich der Hochdruckkeil von Ungarn nach Hamburg hin,
von einem Teiltief über den Pyrenäen reicht ein schwacher Ausläufer nach
Süddeutschland,
Am zweiten Morgen vorher (Abb. 2) befindet sich noch ein Teilhoch über
Süddeutschland, das also in den nächsten Tagen rasch nach Osten abzieht, Die
Luftbewegung ist an der Nordsee noch südwestlich.
Drei Tage vorher (Abb. 1) hat sich das Teilhoch über Frankreich gerade
vom Azorenhoch abgelöst, es herrscht noch allgemein „Westwetter“, und am
vierten Tage vorher unterscheidet sich die mittlere Druckverteilung kaum von
dem durchschnittlichen sommerlichen Verlauf der Isobaren,
Am Abend nach den Gewittern (Abb. 6) hat sich aus der Windkonvergenz
wieder ein ausgeprägter Gewittersack gebildet, während das Azorenhoch kräftig
nachstößt. Und bis zum zweiten Morgen nachher hat sich die mittlere sommer-
liche Wetterlage wie am vierten Tage vorher fast wieder hergestellt. Der Tief-
ausläufer ist aber über der östlichen Ostsee noch zu erkennen,
3. Die Druckänderungen.
Wir haben gesehen, wie sich über der Biscaya ein Tiefausläufer bildet, der
dann zur Ostsee zieht. Am vierten Morgen vor den Gewittern zeigte die Druck-
verteilung keine besonderen Merkmale mehr. Die 24stündige Druckänderung
vom vierten bis dritten Morgen vor den Gewitternächten zeigt Druckanstieg über
Südfrankreich, und südwestlich von Irland ist die Vorderseite eines Fallgebiets
eben zu erkennen. Dies liegt vom dritten bis zweiten Morgen vorher (Abb. 7)
mit einem Fall von 2.6 mb bei La Coruna, während das vorangehende Steiggebiet
von Südfrankreich zur Deutschen Bucht gezogen ist.
Vom dritten bis zweiten Abend vorher (Abb. 8) verlagert sich das Zentrum
des Druckfalls zur Biscaya und der Druckanstieg zum Kattegat. Vom zweiten
bis ersten Morgen vorher (Abb. 9) erkennen wir ein geschlossenes Fallgebiet mit
einem stärksten Druckrückgang von 5.3 mb bei Tours, der Druckanstieg ist nach
Skandinavien gezogen.
Vom zweiten Abend bis zum Vorabend vor den Gewittern (Abb. 10) fällt der
Druck am stärksten bei Aachen mit 6.3 mb, das ausgeprägte geschlossene Fall-
gebiet reicht etwa von Schottland nach Ungarn.
Vom Morgen vor bis zum Morgen nach den Gewittern (Abb, 11) verlagert
sich der stärkste Druckfall zur Nordsee. Das Zentrum des Falilgebiets zieht
also gerade durch unser Gewittergebiet. Auf gleicher Bahn naht von Spanien
aus ein neues Steiggebiet, das zwölf Stunden später (Abb. 12) schon französischen
Boden betritt. Das Fallgebiet ist inzwischen zur mittleren Ostsee gewandert.
Vom ersten bis zweiten Morgen nach der Gewitternacht fällt das Barometer
am stärksten über Gotland (Wisby —5.7 mb) und steigt am meisten über der Nordsee.