Die Küste, 75 MUSTOK (2009), 71-130
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Abb. 26: Scheitelwasserstände aller Realisationen und meteorologischen Antriebe für Flensburg
6. Zusammenfassung
Zu Ursachen und Ablauf von sehr hohen Sturmhochwassern in der westlichen Ostsee
gibt es sehr unterschiedliche wissenschaftliche Auffassungen. Deshalb wurden im Teilprojekt
MUSE-Ostsee nicht nur physikalisch mögliche Extremhochwasser berechnet, sondern auch
das bisher höchste Sturmhochwasser vom 13.11.1872 erstmals rekonstruiert und anhand von
numerischen Modellsimulationen analysiert. Es konnte nachgewiesen werden, dass z. B. Ei
genschwingungen und Füllungsgrad der Ostsee bei dem Sturmhochwasser 1872 nur unter
geordnete Bedeutung hatten. Die These, dass die ganze Ostsee erfassende Schwingungen
(Seiches) einen entscheidenden Beitrag zur Maximierung von extremen Sturmhochwassern
liefern, konnte an einem typischen Beispiel widerlegt werden.
Numerische Modelle der operationeilen Wasserstandsvorhersage für die Ostsee (Mo
dellsystem des BSH und darauf aufbauende skandinavische Modelle) berücksichtigen heute
alle in der Literatur diskutierten potentiellen Ursachen für extreme Sturmhochwasser: loka
ler und überregionaler Wind, statischer Luftdruck, erhöhter Füllungsgrad der Ostsee, andere
Wechselwirkungen mit der Nordsee, Eigenschwingungen und Gezeiten. Das Modellsystem
des BSH hat in der im Projekt benutzten Version Sturmhochwasser mit einer Genauigkeit
von 0,2 m vorausgesagt. Im Projekt wurde mit globalen meteorologischen Feldern und kli-
matologischen Werten für die Süßwasserzuflüsse ein Anfangszustand für die Simulationen
extremer Sturmhochwasser errechnet. Daher wurden Wasserstände nicht mit der gleichen
Genauigkeit reproduziert wie im operationeilen Modellbetrieb. Der Einfluss extremer Wet
terlagen überwiegt jedoch deutlich gegenüber dem Einfluss von kleinen Ungenauigkeiten im
Anfangszustand.
Das Kollektiv der extremen Sturmhochwasser der Ostsee zur statistischen Betrachtung
konnte wie erwartet erweitert werden, allerdings nicht so eindeutig wie im Projekt MUSE
für Sturmfluten in der Nordsee. Das höchste, durch Pegelaufzeichnungen dokumentierte