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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 37 (1909)

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Annalen. der Hrdrographie und Maritimen. Meteorologie, Februar 1909. 
man statt eines Reibungskoeffizienten die oben erwähnte Reibungstiefe in An- 
wendung bringt. 
Nach dieser Digression wenden wir uns zu den Meeresströmungen zurück, 
Die »reinen Triftströme« können nur ausnahmsweise dauernd auftreten, Denn 
ja, wo sie an das Land oder an verschieden bewegte Meeresteile grenzen, 
müssen Niveauveränderungen entstehen, und der ursprüngliche Triftstrom wird 
dementsprechend durch einen bis zum Meeresboden sich erstreckenden Staustrom 
modifiziert. Infolge dieses Umstandes erstreckt sich in Wirklichkeit die strom- 
erzeugende Wirkung des Windes bis zum Meeresboden hinunter. 
Wir wollen uns hier auf den Fall beschränken, daß die Meerestiefe größer 
als die doppelte Reibungstiefe 2 D ist, was anı meisten der Wirklichkeit entspricht. 
(Annähernde Berechnungen lassen vermuten, daß D in den häufigsten Fällen 
weniger als 200 m und oftmals nur 20 oder 30 m ist.) Man unterscheidet dann 
einen »Öberflächenstrom« und einen »Bodenstrom«, die beide von der Tiefe D 
sind und in bezug auf Stromrichtung und Geschwindigkeit mit der Tiefe varlieren, 
and zwischen ihnen einen in allen Tiefen gleichen »Tiefenstrom«, Am einfachsten 
werden die Verhältnisse, wenn eine Neigung der Meeresoberfläche nur in einer 
bestimmten Richtung entstehen kann, also wenn das Triftstromgebiet in einer 
Richtung als unendlich langgestreckt betrachtet werden kann und senkrecht zu 
dieser Richtung einen überall gleichen Querschnitt hat, Es ist dabei gleich- 
gültig, ob das Stromgebiet nach den Seiten hin von Land oder etwa von 
bewegungslosem Wasser begrenzt ist. In diesem Falle fließt der Tiefenstrom der 
Längsrichtung des Stromgebietes parallel, und seine Geschwindigkeit ist der in 
dieser Richtung genommenen Komponente der Windgeschwindigkeit ungefähr 
proportional. Der Oberflächenstrom wird in demselben Sinne wie im Falle eines 
reinen Triftstromes von der Windrichtung abgelenkt, Der Ablenkungswinkel in 
Jer Oberfläche selbst läßt sich durch eine einfache geometrische Konstruktion 
ableiten und liegt zwischen 0 und etwa 55°, unter der Voraussetzung, daß die 
Reibungstiefe überall zwischen dem Meeresboden und der Oberfläche eine und 
Äieselbe ist, (Wenn der Wind und das Triftstromgebiet miteinander gleich- 
gerichtet sind, so wird der Winkel ung. 18°.) 
' Unter derselben Voraussetzung lassen sich die Zeiträume berechnen, in 
welehen die Strömungen vollständig ausgebildet und mithin stationär werden, 
Die Oberflächenströme wechseln mit jedem neuen Winde, Die Tiefenströme sind 
dagegen beständiger, und zwar umsomehr, je größer die Meerestiefe ist, und je 
weiter man sich von der Grenze des Stromgebietes entfernt, Im offenen Meere 
sind sie von zufälligen Winden ganz unbeeinflußt, können aber von den jahres- 
zeitlichen Schwankungen des mittleren Windes in ziemlich weitem Grade ab- 
hängig sein. 
In Wirklichkeit haben die Stromgebiete nach allen Richtungen hin eine 
endliche Ausdehnung, und es wird daher notwendig, die oben erwähnten theoretischen 
Ergebnisse mehr oder weniger zu modifizieren, In bezug auf die dabei auf- 
tretenden Aufgaben muß ich auf meine Abhandlung in »AÄnn. d. Hydr. usw.« 1906 
verweisen, 
Schließlich muß hervorgehoben werden, daß die endgültige Lösung der 
gestellten ozeanographischen Aufgaben nicht ohne direkte Beobachtungen möglich 
ist. Denn die verwickelten Voraussetzungen, die berücksichtigt werden müssen, 
machen eine Verifizierung der theoretisch abgeleiteten Resultate sehr wünschens- 
wert, Und, selbst wenn diese in ihren Hauptzügen als sicher betrachtet werden 
können, so ist die tatsächliche Anwendung der Theorie von gewissen Aufgaben 
abhängig, die nur durch Beobachtung gelöst werden. Besonders hervorgehoben 
sei die Ermittlung der Reibungstiefe und der Gesetze, nach denen diese Größe 
im Meere wechselt, Ferner muß auch die Beziehung zwischen der Wind. 
geschwindigkeit und dem vom Winde ausgeübten Tangentialdrucke bestimmt 
werden. Die Feststellung einer Methode, nach welcher diese Aufgaben mit Hilfe 
oraktisch durchführbarer Beobachtungen gelöst werden können, ist gegenwärtig 
vielleicht die wichtigste Aufgabe der theoretischen Ozeanographie,
	        
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