Ekman, Walfrid Vo: Nochmals zur Frage ron der Ablenkung der Triftströmungen, 79
der, praktisch genommen, nicht unterhalb einer gewissen Tiefe D reicht, und
dessen Eigenschaften im übrigen ich hier als bekannt annehmen soll, Die Größe D
wird in bestimmter Weise als Funktion der geographischen Breite und des
Reibungskoeffizienten des Wassers definiert und die Triftstromtiefe oder Reibungs-
tiefe genannt.
Da die Frage von der Reibung des Wassers im Meere sehr wichtig und
noch nicht ganz aufgeklärt ist, so mag ich die Gelegenheit benutzen, um meine
Auffassung von der Art dieser Reibung ziemlich ausführlich darzulegen,
Für die Wirkung der inneren Reibung nimmt man in der Hydrodynamik
ein Gesetz an, das zwar auf theoretischem Wege. abgeleitet werden kann, das
aber in letzter Hand nur in der Erfahrung und in experimentellen Beobachtungen
seine wesentliche Begründung findet, Nach diesem Gesetz sind die Reibungs-
kräfte den relativen Geschwindigkeiten proportional, mit denen die Flüssigkeits-
schichten übereinander gleiten. In Übereinstimmung hiermit hat man einen
gewissen Reibungskoeffizienten definiert und experimentell bestimmt. Da nun
jede Beobachtung von Geschwindigkeiten nur auf Mittelwerte (sowohl in bezug
auf die Zeit wie auf den Raum) sich bezieht, so ist also das hydrodynamische
Reibungsgesetz nur für solche Mittelwerte mit Sicherheit gültig. Wenn es sich
am Bewegungen handelt, die in so kleiner Skala oder innerhalb so kleiner Zeit-
räume sich ausspielen, so daß sie nicht experimentell untersucht werden können
-— z,. B. molekulare Bewegungen -—, so kann man daher auf das hydrodynamische
Reibungsgesetz nicht mehr bauen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß die
Reibung, die sich bei den beobachteten Bewegungen geltend macht, eben durch
solche molekularen Bewegungen bedingt wird. -
Wenn wir nun andauernde Bewegungen in großem oder sehr großem Maß-
stabe — etwa die Meeresströmungen — betrachten, so lehrt uns die Erfahrung,
daß die aus den hydrodynamischen Gleichungen berechneten Bewegungen niemals
den wirklich stattfindenden entsprechen, und zwar, weil jene instabil sind und
sich zum Teil in die unregelmäßigsten und scheinbar gesetzlosen Wirbel-
bewegungen auflösen. Diese entsprechen natürlich auch genauen Lösungen der
aydrodynamischen Gleichungen, Sie können jedoch nicht berechnet werden, teils
wegen der mathematischen Schwierigkeiten, teils auch, weil selbst unmerkliche
Unterschiede in den Anfangsverhältnissen oder in den Grenzbedingungen die
Bewegung vollständig verändern würden.
Es bleibt uns daher nichts anderes übrig, als von den unregelmäßigen
Wirbelbewegungen abzusehen. Diese letzteren sind in den meisten ozeano-
graphischen Aufgaben nur insofern von Bedeutung, als sie auf die in größeren
Dimensionen vor sich gehenden KRestbewegungen (die eigentlichen Meeres-
strömungen) zurückwirken. Wir wollen also nur Mittelwerte von Geschwin-
digkeiten, und zwar über ziemlich große Räume und Zeiträume, untersuchen.
Die unberücksichtigt gelassenen Wirbelbewegungen ermitteln — ungefähr wie
die hypothetischen molekularen Bewegungen — ein gegenseitiges Eingreifen in
der Bewegung der übereinander gleitenden Wasserschichten und verursachen
somit eine Reibung, die der experimentell beobachteten ähnlich, aber überaus
kräftiger als diese ist, Wenn die Wirbel vollständig unregelmäßig aufeinander
[olgen, kann diese Reibung ziemlich gesetzmäßig wirken, Gerade wie das hydro-
Aynamische Reibungsgesetz und der entsprechende Reibungskoeffizient nur durch
Experimente gefunden werden könnten, so können aber die Gesetze und die
Größe dieser »ozeanischen« Reibung nur durch Beobachtungen im Meere selbst
ermittelt werden. Dabei ist zu bemerken, daß die vozeanische« Reibung von
vielen Umständen abhängig ist und übereinstimmend hiermit sehr verschiedene
Werte annehmen kann. Ich habe z. B, gezeigt, daß sie in stabil gelagerten
Wasserschichten unter im übrigen gleichen Verhältnissen viel kleiner sein muß
als in homogenem Wasser, Die Dimensionen des Wasserbeckens werden vielleicht
auch von großer Bedeutung sein. Ob überhaupt die *ozeanische« Reibung wie
lie hydrodynamische den Geschwindigkeitsunterschieden selbst oder etwa ihren
Quadraten proportional angenommen werden muß, ist eine Frage, die noch auf
Ihre Lösung wartet. Gewissermaßen wird man hiervon unabhängig sein, wenn