Reinicke: Dampferwege von der Ostküste Nordamerikas nach Neuseeland usw. 61
Sturm auf Sturm gehabt, so daß die Durchschnittsfahrt des Schiffes 64, bis
6%, Knoten nicht überschritten hatte, Als man die Straße hinter sich hatte,
traf man Iurchtbare Stürme mit bergehohen Seen. »Es ist fast unmöglich, es zu
beschreiben«, soll nach dem Zeitungsbericht der Kapitän gesagt haben, »das
Schiff wurde unter Wasser gesetzt, als wir aus der Magellan-Straße herauskamen,
and tauchte erst einen Tag vor Ankunft im Hafen wieder auf, Etwa in der
Mitte zwischen Südamerika und Neuseeland sichteten wir die Bark »Ravenscourt«
auf der Reise von Newcastle nach Iquique, Es wehte zur Zeit furchtbar, und
die Bark hatte gerade Zeit, ihr Unterscheidungssignal zu zeigen, als sie schon
wieder wie ein Blitz verschwunden Wwar,«
Mag dieser in wörtlicher Übersetzung wiedergegebene Bericht des Sydneyer
Korrespondenten der Shipping Gazette auch an einigen Übertreibungen leiden,
ao ist jedenfalls doch daraus zu entnehmen, daß Dampfer von Newport News auf
lem Wege durch die Magellan-Straße Kohlen nach Aukland bringen, und daß sie
ihren Weg von Ost nach West quer über den Stillen Ozean im Westwindgebiet
antlang, vermutlich einfach in der Loxodrome quer über nehmen ohne irgend
welche Rücksicht auf die meteorologischen Verhältnisse.
In Rücksicht auf unsere deutschen Kapitäne erscheint es angebracht, nach-
zuweisen, daß dies verkehrt ist,
Betrachten wir, zunächst ganz unabhängig von der Frage, ob von Newport
News nach Aukland für einen Kohlendampfer der Weg um das Kap der guten
Hoffnung oder der Weg durch die Magellan-Straße der zweckmäßigere sei, den
Weg von der Magellan-Straße nach Aukland, so ergeben sich als Entfernungen:
a) Im größten Kreise. . . . . 4370 Sm
b) In der Loxodrome . 2020 4800 «
a) Im Sommer über 35° S-Br. in 100° W-Le. und
dann auf 35° S-Br. entlang nach Westen . .
d) Im Winter über 30° S-Br. in 110° W-Lg. und
dann auf 30° S-Br, entlang nach Westen . . = 6800 =
Von diesen vier Wegen kommt der größte Kreis, der zwischen 82° und
153° W-Lg, 55° S-Br., zwischen 105° und 130° W-Lg. sogar 60° $-Br. nach Süden
hin überschreitet, wohl nur in Frage, wenn es sich beim Verlassen der Magellan-
Straße während eines nördlichen bis nordwestlichen Sturmes darum handelt, zu
entscheiden, ob es besser sei, gegen den Sturm anzudampfen oder raum Wwegzu-
steuern. Kann man letzteres, ohne sein Schiff zu gefährden, so ist das natürlich
[ür die Reise am förderlichsten, denn da der größte Kreis südwestlich verläuft,
näherte man sich, Wind und Seegang raum von St-B, haltend, seinem Be-
stimmungsorte auf dem kürzesten Wege und kann, wenn bei zu fallen aufhörendem
Barometer der Wind nach südwestlichen Richtungen geht, ohne Gefahr mit voller
Kraft nach Nordwesten laufen, weil der Seegang von daher sehr schnell harm-
los wird,
Die Loxodrome kommt eigentlich noch weniger in Frage als der größte
Kreis, denn ohne den Vorteil des kürzesten Weges zu bieten, führt sie gerade
gegen die vorherrschende Richtung der starken Winde, die namentlich im
Winter im Durchschnitt kaum weniger stark sind als die westlichen Winde auf
dem kürzesten Wege, die aber auf der Loxodrome viel weniger umlaufen und
mit größerer Beharrlichkeit einem westwärts steuernden Schiffe gerade ent-
gegen wehen. Da nun aber die Geschwindigkeit von gewöhnlichen Fracht-
dampfern, wie sie zum Transport von Massengütern wie Kohlen verwendet zu
werden pflegen, bei starken Winden von vorn, zu denen im Stillen Ozean ein
gewaltiger westlicher Seegang hinzukommt, sehr schnell herabsinkt, so liegt es
auf der Hand, daß bei der Berechnung der Reisedauer auf der Loxodrome nicht
einfach die gewöhnliche Fahrt (Geschwindigkeit) solcher Dampfer in Rechnung
gebracht werden darf, sondern eine wesentlich niedrigere, und daß es sich ver-
lohnen kann, um volle Fahrt halten zu können, Umwege zu machen. In Betracht
hierfür kommen der unter 6 angeführte Sommerweg, und da auch dieser im
Winter noch nicht auf Breiten entlanz führt, in denen mit Sicherheit darauf ge-