Einfluß des verschiedenen spezifischen Gewichts von Salz- und Süßwasser auf die Strömungen usw. 275
stets ein Druck herrscht, der stromaufwärts und nach oben wirkt, werden die
Wasserteilchen In den unteren Schichten nach oben gedrückt und sich auf diese
Weise mit dem Süßwasser vermischen, Da nun die Sohlengeschwindigkeit während
der Ebbe verzögert und während der Flut beschleunigt wird, und ferner an der
Oberfläche, wo das Wasser den geringsten Salzgehalt hat, das Umgekehrte statt-
Ändet, so wird während jeder Tide ein Teil des bei Flut einströmenden Wassers
zurückbleiben. Wäre dies nicht der Fall, so müßte gegen Ende der Ebbe der
yanze Strom bis zur Mündung mit Süßwasser gefüllt sein.
Diese Erscheinungen müssen auch auf die. Ablagerung von festen Stoffen
yroßen Einfluß ausüben. Was zunächst die Stoffe anbetrifft, die wegen der
Größe ihrer Teilchen und der Dichtigkeit zu schwer sind, in schwebenden Zu-
stand gebracht zu werden, so bewegen sich diese in jeder Tide desto weniger
schnell abwärts, je mehr sie sich der Mündung nähern, weil die Sohlengeschwin-
digkeit im Vergleich zur mittleren Geschwindigkeit bei Ebbe desto geringer wird,
je näher der Mündung, und bei Flut größer. Eine Folge davon ist Verflachung
and Profilverringerung in dem unteren Stromlauf, wie dies der neue Wasserweg
in jeder Hinsicht bestätigt, wo 2 km unterhalb Maassluis abwärts die Profile
gleich groß bleiben, anstatt allmählich zuzunehmen, Zur Verstärkung der Strö-
mungen bei Ebbe, um Ablagerung von festen Stoffen zu verhindern und den
Strom namentlich bei niedrigen Wasserständen in das gewünschte Fahrwasser
zu konzentrieren, hat man deshalb, und mit gutem Erfolg, zwischen den beiden
Dämmen am Hoeck van Holland noch einen niedrigen Damm (siehe Fig. 2) gelegt,
Auch für im Wasser schwebende Stoffe ist das Zusammentreffen yon Salz-
und Süßwasser nicht ohne Wirkung. Wenn diese Stoffe auch spezifisch schwerer
als Wasser sind, so ist doch jedes Teilchen so klein, daß ein geringer Impuls
nach oben es steigen läßt. Wenn auch im allgemeinen diese Impulse höchst-
wahrscheinlich dadurch erzeugt werden, daß die Wasserteilchen in Strömen weder
parallele Bahnen noch gleichförmige Bewegung haben und durch Stoßen gegen-
einander bzw. durch die Unregelmäßigkeiten des Strombetts einen einigermaßen
schraubenförmigen Weg zurücklegen, so treten in dem unteren Lauf der Tide-
ströme dazu noch die Folgen des verschiedenen spezifischen Gewichts, Wie wir
gesehen haben, hat das Wasser in jedem Profil in den größten Tiefen auch den
größten Salzgehalt, so daß es daselbst unter dem Druck des spezifisch schwereren
Wassers in den unterhalb belegenen Profilen steht und mithin in die höheren
Schichten gedrückt wird, Dadurch entsteht aber ein idealer Zustand, um Schlick-
teilchen schwebend in den höchsten Wasserschichten zu halten, Wenn nun gegen
Ende der Ebbe das Seewasser längs der Sohle eindringt, wird das Ebbewasser,
wo die Tiefen am größten sind, sozusagen gehoben und zur Seite gedrückt, infolge-
dessen das Wasser längs der Ufer einen außergewöhnlich hohen Schlickgehalt
annimmt. In den Häfen und auf Stellen, wo kein Strom ist, lagern sich die
Schliekteilcehen unmittelbar, auf anderen Stellen bei Kenterung, Diesem Umstande
dürfte es wohl auch zuzuschreiben sein, daß die Höfen, die in dem Gebiet ver-
änderlichen Salzgehalts liegen, stärker anschlicken als die oberhalb belegenen,
So ist der Schlicekgehalt der Häfen am Wasserweg, der allmählich nach der Mün-
dung zunimmt, am Hoek van Holland am größten, mit ungefähr 1 em täglich,
also 3.6 m jährlich,
Für die Richtigkeit der im vorstehenden aufgeführten Wirkungen des
verschiedenen spezifischen Gewichts gibt die Mündung des Wasserwegs nach
Rotterdam einen sprechenden Beweis, Das Seewasser dringt zunächst und am
kräftigsten in der tiefsten nördlichen Hälfte der Mündung ein. Bei jeder nor-
malen Tide ist gegen Hochwasser die Trennung zwischen dem hellen grünen
Seewasser, das wie ein Keil in den Wasserweg eingedrungen ist, und dem schlick-
haltenden Wasser von geringerem Salzgehalt sehr gut zu beobachten. Die Spitze
des Keils dringt mehr oder weniger in den Strom ein, liegt aber stets in der
nördlichen Hälfte, während längs des südlichen Ufers stets ein breiter Streifen
schlickhaltigen Wassers angetroffen wird. Bei Kenterung sinkt der Schlick, der
folgende Ebbestrom ist anfänglich nicht stark genug, längs des konvexen Ufers
die abgelagerten Stoffe mitzuführen, außerdem fällt das Wasser, so daß ein sich
AR