248 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1909,
räumen zwischen den einzelnen meteorölogischen Beobachtungsstationen inter-
polieren zu können,
Betrachten wir nun die Windstromlinien auf Tafel 29, so finden wir bei-
nahe alle die Formen wieder, welche auf den oben besprochenen Abbildungen
graphisch dargestellt sind, Wir haben zunächst ein Wirbelzentrum mit dem
Auge über Holland. Weiter gibt es mehrere Trennungslinien, zwischen denen
die Stromlinien entweder ausgeprägten sin-Charakter oder te-Charakter besitzen,
Besonders ausgeprägt ist aber die Trennungslinie zwischen dem Finnischen Meer-
busen und dem Schwarzen Meer, Sie trennt das Windgebiet des Wirbels scharf
ab vom Windgebiet des nordöstlichen Rußland. Diese Tremnungslinie liefert Luft
für beide Windsysteme; die Luft breitet sich in derselben demnach gewaltig
aus, In der Trennungslinie längs Skandinavien sowie in Süddeutschland und
Südfrankreich findet ebenfalls eine solche Ausdehnung der Luft statt, wogegen
in Österreich, im Schwarzen Meer, im südöstlichen Schweden und in der ge-
schlossenen Trennungslinie um Holland herum Kontraktion eintritt,
Eine eingehendere Untersuchung dieser Trennungslinien wird wahr-
scheinlich von dem wahren Charakter manches jetzt uns launenhaft erscheinen.
den Vorganges im Wetter Aufschlauß geben, Dabei hat man natürlich sowohl
die meteorologischen Vorgänge in der Umgebung der Linien zu berücksichtigen,
als auch die Bewegungsart der Linien selbst zu untersuchen, Es ist zu erwarten,
daß die Linien, bei denen Ausdehnung und demgemäß ein Herabsinken der Luft
stattfindet, von schönem Wetter und schwachem Winde, die Linien dagegen, in
denen. Kontraktion und also ein Aufsteigen der Luft vor sich geht, von heftigen
Winden und schlechtem Wetter begleitet sind. Das Überschreiten einer Aus-
dehnungslinie wird wahrscheinlich durch allmähliches Aufhören des Windes, zeit.
weise Windstile und darauf erfolgendes Entstehen des Windes in anderer
Richtung, das Überschreiten einer Kontraktionslinie aber durch plötzliches Um-
schlagen der Windrichtung‘ gekennzeichnet. Diese Erscheinungen werden sich
wohl nur mitiels der Ergebnisse von selbstregistrierenden Anemometern genau
untersuchen lassen. |
Die Gewitterböen sind uatürlich nichts anderes als Kontraktionslimien.
Hierfür sprechen. die geradlinige Gestaltung derselben und die sie begleitenden
Witterungserscheinungen, die auf eine beträchtliche Hebung der Luft in den-
selben deuten, Alle Kontraktionslinien indessen geben nicht zu Gewitterböen
Anlaß, Mehrere der von Dr. M. Jansson gesammelten Beobachtungen über
solche Böen, die er mir gütigst zur Verfügung gestellt hat, Jassen. darauf
schließen, daß es zußerdem notwendig ist, daß die von beiden Seiten der
Kontraktionslinie einströmende Luft von bedeutend verschiedener Dichte sel Es
ist einleuchtend, daß dieser Umstand eine besonders kräftige meteorologische
Wirkung zur Folge haben muß Die schwerere Luft dringt unterhalb der
leichteren ein, wobei letztere gewaltsam nach oben gehoben wird. Hierbei wird
bald der Sättigungspunkt derselben überschritten, worauf sie in der ihr eigen-
tümlichen Weise reagiert, d& h, mit Sturzregen, Hagelwetter und Gewitter.)
In der Umgebung der Ausdehnungslinien muß die Luft an beiden Seiten
von der gleichen Beschaffenheit sein, weil sie ja aus derselben Quelle herstammt.
Dagegen kann in den Kontraktionslinien die Beschaffenheit der von beiden Seiten
zusammengeführten Luft äußerst verschieden sein, weil sie in diesem Falle von
weit entfernten Orten herstammt,
IV.
Mein Schüler, Herr Y. Söderberg, hat eine Maschine konstruiert, mit
der jedermann etwa hundert Differentialgleichungen an jedem Tage graphisch
lösen. kann. Da diese Maschine nicht nur für den Hydrodynamiker, der ja
2) Am 4. Oktober 1908 wurde a. a. Ültama, Jandwirtschaftliches Institut In Schweden, von einer
solchen Kontraktionslinie überschritten und darüber die folgende Bemerkung in das CZ
Journal des Instituts eingetragen: Um dh 45min N. sprang der Wind von SW plötzlich nach X um, Wind-
Aärke 5, bisweilen noch mehr. Io vier Minuten wurde der Himmel von einer kohlschwarzen Wolke
Sedach z6 Temperatar der Luft sank schr stark in weniger als einer halben Stunde von + 18.0
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