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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1909,
Über die Bewegung der Flüssigkeiten.
Yon J. W,. Sandström,
/Hierzu Tafeln 26, 27, 28, 20, 30, 31 und 32.)
I.
‚Wenn man gtrömendes Wasser beobachtet, sieht man oft Wirbel darin,
Beim Versuche, die Stromlinien des ÖÜberflächenwassers in einem solchen Wirbel
zu zeichnen, entsteht eine Figur, die etwa das Aussehen der untenstehenden Fig, 1 hat.
Ich habe mehrere Stromgebilde in dieser Weise gezeichnet und habe dabei
eine Methode gefunden, nach der alle überhaupt möglichen Stromlinien strömenden
Wassers sich auf rein graphischem Wege konstruieren lassen, Auch ein analytisches
Verfahren habe ich gefunden, dessen graphische Darstellung alle diese Gebilde
enthält, Mehrere der danach auf dem Papier dargestellten Gebilde habe ich
nachher im Wasser und bei den Zirrusschleiern sowie auf den synoptischen. Wetter-
karten wiedergefunden, Es dürfte deshalb nicht unangebracht sein, diese Gebilde hier
eingehender zu besprechen und einige der erhaltenen Figuren wiederzugeben,
Es gibt zwei verschiedene Arten von Stromlinien. Die eine Art sind die
Bahnen der individuellen Flüssigkeitsteilchen, die andere das System der Linien,
die in einem gewissen Zeitpunkte die Geschwindigkeitsrichtungen der Flüssig-
keitsteilchen tangieren, Nur die letztere Art soll hier in Betracht gezogen werden.
Fig. 12. Fig 2
Wasserwirbel, Isogenen eines Wasserwirbels,
Diese Stromlinien haben die bezeichnende Eigenschaft, daß sie sich nicht
schneiden, sondern immer nebeneinander verlaufen, Es ist auch einleuchtend,
daß dies so sein muß. Denn wenn sich die Linien irgendwo schnitten, würden
die Flüssigkeitsteilchen des Kreuzungspunktes gleichzeitig nach zwei Richtungen
hin geführt werden, was ja unmöglich ist,
Bei der zeichnerischen Darstellung dieser Stromlinien habe ich dasselbe
Verfahren benutzt, das bei der Konstruktion der magnetischen Meridiane an der
Erdoberfläche. Anwendung findet. Da zeichnet man bekanntlich zunächst die
Linien gleicher Deklination, die sogenannten Isogonen; dann wird jede dieser
Isogonen mit einer Menge kleiner parallelen Striche versehen, die die Richtung
der Magnetnadel an derselben darstellen, und schließlich werden die Tangenten-
kurven zu diesen Strichen gezogen. Ich habe also zunächst die Punkte ver-
bunden, in denen die Wassergeschwindigkeit die gleiche Richtung besaß, dann
jede so entstandene Isogone mit kleinen parallelen Strichen versehen, welche die
Richtung der Wassergeschwindigkeit an der Isogone angeben, und schließlich die
Tangentenkurven dieser kleinen Striche gezogen.
In dieser Weise kann man immer die Stromlinien zeichnen, sobald das
Isogonensystem vorliegt, Umgekehrt kann man, wenn zuerst die Stromlinien
vorhanden sind, das entsprechende Xsogonensystem konstruieren, indem man
einfach die Punkte gleicher Geschwindigkeitsrichtung verbindet, Tut man dies
mit den Stromlinien der Fig, 1, so entsteht ein System von radialen Geraden.
Die so entstandenen Isogonen, welche auf Fig, 2 dargestellt werden, sind dort
mit kleinen Strichen versehen, welche die Geschwindigkeitsrichtung angeben,