Y. Schrötter: Alte und neue Feuerlöschmethoclen auf Seeschiffen, 390
Nun ist aber Sauerstoff zur Unterhaltung des Feuers in der Kohlenmasse reichlich
vorhanden, weil den einzelnen Kohlenpartikelchen, bei mancher Sorte bis zum
neunfachen des Kohlenvolumens, Sauerstoff oberflächlich absorbiert anhaftet. Je
feiner die Kohle zerstückelt ist, desto bedeutender ist mithin auch der in der
Masse absorbierte Sauerstoff, Die Folge davon ist, daß der Raum über der Kohle
jagelang mit Kohlensäure angefüllt sein kann, während im Innern der Brand
angehindert weiterfrißt, schließlich das Schott des benachbarten Laderaums er-
reicht und hier die Ladung entzündet, während von Deck aus keine Gefahr er-
kannt werden kann, da die über den Kohlen lagernde Kohlensäure ein Hinauf-
Aringen des Brandherdes an die Oberfläche wirksam verhindert. Soll die Kohlen-
säure schnell und energisch die ganze Raumluft und die Ladungsmasse durch-
dringen, so muß sie hineingepreßt werden; immerhin ist aber dieser Methode des
Feuerlöschens dadurch eine Grenze gesetzt, daß wegen des schweren Gewichtes
der Zylinder, wegen der Raumbeanspruchung und des verhältnismäßig hohen
Preises, die Menge der mitgeführten Kohlensäure nur eine recht beschränkte sein
kann, abgesehen davon, daß der Erfolg in vielen Fällen ein recht zweifelhafter
sein muß, so daß die dafür aufgewendeten Kosten nicht gerechtfertigt erscheinen,
Der wesentlichste Mangel dieser Löschmethode mit flüssiger Kohlensäure liegt
aber darin, daß man sie nicht direkt an den Ort des Feuers heranbringen kann
wie das bei anderen Löschgasen der Fall ist, Im übrigen aber verhält sich die
Kohlensäure gegenüber anderen Stoffen neutral, also ebenso wie Stickstoff, worin
auch der Grund zu suchen ist, daß immer wieder, trotz mehrfacher Mißerfolge,
auf sie zurückgegriffen worden ist.
Wenden wir uns einem der neueren praktisch auch mehrfach mit Erfolg
angewendeten Feuerlöschgase, nämlich dem Schwefeldioxyd zu, das durch den
Claytonapparat auf Schiffen verwendbar gemacht worden ist. Es hat dieselben
guten Löscheigenschaften wie die Kohlensäure, zersetzt sich auch nicht, wie
diese bei höheren Temperaturen in eine explosive Mischung (die dadureh ent-
stehende Gefahr wird allerdings recht übertrieben), hat aber leider die sehr
schlechte Eigenschaft, alle Eßwaren, wie Getreide, Butter, Fleisch, Kakao usw.,
auch Tabak, gefärbte Manufakturwaren und ähnliche Gebrauchsstoffe total zu
verderben. Dies Gas löscht bei richtiger Anwendung allerdings das Feuer in
Schiffsräumen, zerstört aber anderseits grade die wertvollste Ladung; in Massen-
ladungen dringt es ebenso langsam wie jedes andere Gas ein, wenn nicht besondere
Ventilationsanlagen das ermöglichen; diese sind aber recht schwierig und niemals
in der erforderlichen Verzweigung durchzuführen. Die Claytonsche Löschmethode
nat also ebenfalls nicht die Hoffnungen erfüllt, die man bei ihrem Auftreten auf
sie gesetzt hatte, Es ist ungemein zu bedauern, daß Herr Clayton sich in der
Wahl des richtigen Gases so geirrt hat, denn die Methode an sich ist richtig,
Aämlich: das in einem Ofen mit künstlichem Luftzug durch Verbrennung von
Schwefel erzeugte Schwefeldioxyd wird in abgekühltem Zustande in den brennenden,
ijuftdicht abgeschlossenen Raum hineinventiliert, an der entgegengesetzten Seite
saugt derselbe Ventilator die Raumluft heraus und treibt sie durch den Ver-
brennungsraum des Gasgenerators hindurch, wieder in den Raum zurück, Da-
durch entsteht ein Zug im bremenden Raum, dem die daselbst entstehenden
Brandgase folgen müssen, sie gelangen in die Feuerung, hier verbrennt der
Schwefel mit dem in der Raumluft noch vorhandenen Sauerstoff und das danach
mit Schwefeldioxyd weiter angereicherte Stickgas gelangt nun in abgekühltem
Zustande aufs neue in den Raum und ersetzt hier die von dem Brandherde weg-
gesaugten Brandgase, wodurch das Feuer radikal und in kürzester Zeit erstickt
werden muß, Die geschilderte Wirkung läßt sieh in der Praxis leider nicht so
rollkommen verwirklichen, denn um den Schwefel durch den Sauerstoff der an-
yesaugten Raumluft zu verbrennen muß das Feuer unterhalten werden und da
der Schwefel ziemlich viel Sauerstoff zu seiner Verbrennung bedarf, so kann der
yeringe Sauerstoffgehalt in den Brandgasen der Raumluft die Verbrennung nicht
yenügend unterhalten, das Feuer erlischt im Generator und der jetzt noch vor-
handene Sauerstoff wird von neuem in den Raum gedrückt, wo leichter brenn-
bare Stoffe als Schwefel vorhanden sein mögen, für die dann zum Weiterschwelen