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Annalen der Hydrographie a Marktimen Meteorologie, April 1900,
Kimmtiefenmessungen mit dem Sextanten.
Von Schiffsofüzier Raydt, Hamburg- Amerika Linie,
In der Marine-Rundschau Heft 2, 1908 veröffentlicht Herr Korvettenkapitän
Engel seine während einer Reise von Genua nach Shanghai zur Erprobung des
praktischen Wertes der Berichtigung der Kimmtiefe wegen der Differenz zwischen
Luft- und Wassertemperatur (Nautisches Jahrbuch, Tafel 15b) vorgenommenen
Kimmtiefenmessungen,
Er gelangt auf Grund seiner Beobachtungen zu dem Schluß: *Nach den
auf meiner Reise gemachten Beobachtungen stellt die Anwendung der Tafel
nicht selten eine Verschlechterung des Bestecks dar.«
Während meiner letzten Reise nach Ostasien an Bord des D. »Segovia«
habe ieh nun eine Reihe von Kimmtiefenmessungen mit dem Sextanten vor-
genommen, die vielleicht von allgemeinem. Interesse sein. dürften,
Ich habe diese Messungen, da mir ein Kimmtiefenmesser nicht zur Ver-
fügung stand, folgendermaßen ausgeführt: Wenn die Sonne (oder ein heller Stern
zur Zeit der Dämmerung) in einer Höhe von 50° oder darüber in der Nähe des
Meridians stand, beobachtete ich mit dem III Offizier, Herrn Krülls, zusammen
zunächst gleichzeitig die Sonnenmunterrandshöhe (oder die spitze Sternhöhe), um
mich zu vergewissern, daß wir gleichmäßig beobachteten, Dann nahm ich die
stumpfe Höhe und Herr Krülls gleichzeitig die spitze Höhe des betreffenden
Gestirne, Die Summe der beiden Ablesungen mußte dann 180° 2k ergeben.
Wir nahmen stets mindestens 5 Höhenpaare und bildeten atıs den so erhaltenen
5 Werten von 2k das Mittel,
Mehrfach, wenn mir die Hilfe des HILL Offiziers nicht zur Verfügung stand,
beobachtete ich auch allein, indem ich nacheinander eine Reihe von spitzen und
stumpfen Höhen nahm, die einzelnen Höhen paarweise auf dieselbe Zeit und den-
selben Ort beschiekte und so 5 Werte von 2k erhielt, von denen ich gerade so
wie im ersten Fall das Mittel nahm.
Ich habe meine Beobachtungen. mit Angabe der Witterungsverhältnisse,
unter‘ denen sie gemacht sind, tabellarisch zusammengestellt, In Spalte 11 ist
die Kimmtiefe nach Tafel 15a des Nautischen Jahrbuches angeführt, in Spalte 8
and 9 die Luflt- und Wassertemperatur in Celsiusgraden, Spalte 10 enthält die
Verbesserung der Kimmtiefe für den Unterschied zwischen Luft- und Wasser-
temperatur (Nautisches Jahrbuch, Tafel 15b), Spalte 12 enthält die verbesserte
Kimmtiefe [Tafel 15 (a -- b)], und gleich daneben in Spalte 13 steht zum Ver-
gleich die beobachtete Kinmtiefe, In Spalte 14 sind die beobachteten Gestirne
und deren ungefähre Höhen angegeben, .
Ich will nun meine Beobachtungen von zwei Hauptgesichtspunkten aus
betrachten, und zwar:
1. Kommen nennenswerte Abweichungen von der mittleren Kimmtiefe, wie
sie in Tafel 15 des Nautischen. Jahrhbuches angegeben ist, vor?
2, Werden diese Abweichungen durch die Tafel 1&b beseitigt?
Die erste Frage ist auf Grund des vorliegenden Beobachtungsmaterials
entschieden zu bejahen; dem in 28 Fällen (d. h, etwa 50°%) der Beobachtungen
kömmen Abweichungen von 0,5'— 1.5 vor, :
Zur Beantwortung der zweiten Frage will ich diejenigen Beobachtungen
ausschalten, bei denen die Korrektion (Tafel 15b) gleich 0.2 oder geringer ist.
Es bleiben dann noch 34 Beobachtungen nach. In 19 Fällen (also 56%) ver-
schlechtert die Berichtigung das Besteck; in einem Falle (vorleiztes Beispiel)
beträgt diese Verschlechterung sogar 2,7%. In diesem Falle ist die Luft kälter
als das Wasser, die Korrektion also positiv. Unter den übrigen fünf Fällen, bei
denen die Korrektion positiv ist, befinden sich noch zwei, in denen dieselbe eine
Verschlechterung des Bestecks bewirkt. Die Tafel 150 erscheint hiernach also
nicht geeignet, die entstehenden Abweichungen der Kimmtiefe von ihren mittleren
Werten zu beseitigen,