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Full text: 37, 1909

Annalen der Hrdrographie und Maritimen Meteorologie, Januar 1000, 
Zur Erforschung des Nordpolarbeckens. 
Vortrag, gehalten in der geographischen Gesellschaft in Kristlania 
am 10. Norember 1908, 
Von Boald Anıumdsexi. 
(Hierzu Tafel 4.} 
„Die wichtigste Aufgabe für die geographische Forschung in den arktischen 
Gegenden, welche noch ihrer Erledigung harrt, ist unvergleichbar die Erforschung 
der Ausdehnung, der Tiefe und des Charakters des Polarbeckens, Ein großer 
Teil dieser Arbeit könnte durch eine Trift dureh den unbekannten Teil des Polar- 
beckens — in gleicher Weise wie die »Fram«-Expedition 1893 bis 1896 -— nördlich 
von der Route der »Frame ausgeführt werden.“ 
Diese Worte äußerte Professor Nansen in seinem Vortrag in der Geo- 
graphischen Gesellschaft in London am 29, April 1907. Über diese Frage kann 
kaum eine Meinungsverschiedenheit herrschen, Das große Polarbecken liegt noch 
immer dort mit seinen. vielen ungelösten Rätseln und scheint uns herauszufordern, 
und wir sind selbst nicht im Zweifel darüber, daß wir nicht ruhen werden, elie 
alle diese Rätsel gelöst sind. Nansens Trift mit »Fram« war epochemachend. in 
der Geschichte der Nordpolarforschungen. Klar und deutlich zeigte sie uns die 
einzige Weise, in der die Erforschung des Polarbeckens geschehen könnte, 80 
klar und deutlich, daß ich häufig erstaunt darüber gewesen bin, daß von den 
vielen, die später versucht haben, einzudringen, um das Geheimnis aufzuklären, 
nicht ein einziger sich diese Erfahrung nutzbar machte, Aber nicht genug 
hiermit. Sein Vorgehen enthüllte uns das große Unbekannte und zeigte uns die 
Mannigfaltigkeit dessen, was dort auszurichten war, Neben den wichtigen Er- 
folgen dieses großen Unternehmens -— ja vielleicht selbst über den Erfolgen — 
stehen die Erfahrungen, welche der Leiter der Expedition erntete. Es war 
während seiner Trift über das Polarmeer, daß Professor Nansen die vielen und 
großen Mängel erkannte, die den bisher gebräuchlichen Beobachtungsmethoden 
zuf dem Gebiet der Meeresforschung anhafteten.. In den seit seiner Heimkehr 
1906 verflossenen Jahren ist es ihm gelungen, wesentlich daze beizutragen, eine 
Präzisionsmethodik zu schaffen, welche die Meeresforschung von dem mehr oder 
minder Zufälligen zu befreien und sie auf einen. hohen Grad von Genauigkeit 
zu erheben geejenet ist. 
Wirft man einen flüchtigen Blick auf eine Weltkarte, so wird man sofort 
von dem Verhältnis zwischen Land und Meer überrascht werden, Während die 
uns bekannte Ländermasse nur ein Viertel der Erdoberfläche ausmacht, macht 
das Meer die übrigen drei Viertel aus, 
Um dieses Verhältnis noch deutlicher darzustellen, werde ich einige Zahlen 
anführen, Die Öberfläche der Erde beträgt insgesamt 509 950000 Quadrat- 
kilometer, wovon 365 500 000 auf die Oberfläche der Meere, 144450000 auf die 
Landoberfläche entfallen. Das unbekannte Gebiet um den Nordpol beträgt 
5 Millionen Quadratkilometer, Die Ausdehnung des Polarmeeres ist etwa 
15 Millionen Quadratkilometer, das heißt siebenmal so groß als Grönland und 
zwanzigmal so groß als die skandinavische Halbinsel, Die Nordsee umfaßt eine 
halbe Million Quadratkilometer oder ein Dreißigstel des Kismeeres, Der höchste 
vermessene Gebirgsgipfel ist Mount Everest — 8840 m —, während die größte 
beobachtete Tiefe -— die Nerotiefe — in der Nähe der Insel Guam im Stillen 
Ozean. — 96356 m —— ist, ; 
Aus diesen Zahlengrößen wird deutlich hervorgehen, wie klein die Land- 
masse im Verhältnis zum Meere ist. Man muß daher darüber erstaunen, daß 
die Menschen nicht mehr für die Erforschung des Meeres geopfert haben, als es 
der Fall gewesen ist. Verfolgt man das Verzeichnis über die im Laufe der Jahre 
veranstalteten Forschungsreisen, so wird man bald darüber ins klare kommen, 
daß nur eine verschwindende Zahl derselben die Erforschung des Meeres zum 
Ziel hatte. Es ist auch bezeichnend, daß, wenn von Entdeckungen gesprochen 
wird, man immer Land meinte, niemals Meer, und den Erfolg einer Expedition,
	        
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