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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

Van Bebber: Rückblick auf das Wetter in Deutschland im Jahre 1894. 6? 
Das alte Jahr 1893 endigte mit strengem Froste, welcher sich bis in die 
Mitte des Januar fortsetzte, am 4. und 5. die größte Intensität erreichend. Im 
östlichen Deutschland wurden an diesen Tagen Temperaturen unter — 20° be: 
obachtet. Diese strenge Kälte wurde durch ein Hochdruckgebiet hervorgerufen 
und unterhalten, welches langsam über Nordeuropa ostwärts fortschritt; dann 
folgten, von Westen kommend, Depressionsgebiete, welche Witterungsumschlag 
und dann warme feuchte Witterung verursachten, welche letztere bis weit in den 
Februar anhielt. Die zweite Hälfte des Februar (den Monatsschlufß ausgenommen) 
war entschieden zu kalt. 
Die Niederschlagsmenge sowie die Häufigkeit der Niederschläge waren im 
Dezember und Januar geringer, als es den Durchschnittswerthen entspricht, da- 
gegen viel reichlicher als gewöhnlich im Februar; im Allgemeinen hatte der 
Winter in den Küstengebieten einem Ueberschufs, dagegen im Binnenlande ein 
Mindermafs an Niederschlägen. Der Winter war ungewöhnlich schneearm, ein 
Umstand, weicher der Entwickelung grofser Winterkälte nicht günstig ist. 
Während des ganzen Winters kamen die westlichen Winde zu einer her- 
vorragenden Geltung, während die östlichen mehr zurücktraten. Bemerkenswerth 
sind die starke Luftbewegung, welche sich während des ganzen Winters zeigte, 
insbesondere aber die schweren Stürme am 27. Januar und am 12. Februar. 
Am 27, Januar trat ein tiefes Minimum (unter 725 mm) mit einem Hoch- 
druckgebiete (über 770 mm) in Wechselwirkung und rief auf den britischen Inseln 
und im ganzen Nord- und Ostseegebiete überaus heftige Stürme hervor, wobei 
stellenweise Sturmböen von der Stärke 10 bis 11 der Beaufort’schen Skala 
beobachtet wurden. 
Viel heftiger und anhaltender war der Sturm, welcher am 7. Februar 
begann und mit‘ einem Orkane am 12, abschlofs. Dieser denkwürdige Sturm, 
welcher in vielen Beziehungen eine der hervorragenden Stellen in der Witterungs- 
geschichte Nordeuropas einnimmt und welcher von vielen Verwüstungen zu Wasser 
und zu Lande begleitet war, ist in dieser Zeitschrift (Jahrgang 1894, Seite 87 ff.) 
ausführlich besprochen worden, weshalb wir hierauf verweisen. Gleichzeitig (am 
il. Februar) wütheten in Nördamerika heftige Schneestürme, welchen viele 
Menschenleben zum Opfer fielen und welche ausgebreitete Betriebsstörungen her- 
vorriefen. 
Außerdem erwähnen wir noch die Schneestürme am 6. Januar .an den 
britischen Küsten, die furchtbaren Schneestürme längs der Wolga bis nach Trans- 
kaukasien, die sehr strenge Kälte im europäischen Russland (wobei viele Ver- 
unglückungen durch Erfrieren stattfanden) Ende Januar und endlich die massen- 
haften Schneefälle in der Türkei am 20. Februar. 
Das Frühjahr 1894 zeichnete sich durch ruhiges, mildes, vielfach heiteres 
Weiter aus. Die Temperatur lag in den Monaten März und April erheblich 
über dem Mittelwerthe, während sie im Mai durchschnittlich nahezu normal war. 
In diesem Monat stieg in der ersten Hälfte die Temperatur stetig an und er- 
reichte am 16. und 17. aufserordentlich hohe Werthe, so dafs an einigen Orten 
30° erreicht wurden. Kurz darauf erfolgte ein starker Rückschlag, welcher ins- 
besondere wegen der schadenbringenden Nachtfröste sehr unangenehm empfunden 
wurde. 
Besonders hervorzuheben ist die aufserordentlich lange anhaltende Trocken- 
periode, welche schon im März einsetzte und vier Wochen, bis Mitte April, an- 
dauerte. Eine ebensolche Trockenperiode kam auch in den beiden Vorjahren 
vor. Hiermit im Zusammenhange steht das entschiedene Vorwalten der östlichen 
Winde, insbesondere im Monat April, dagegen das Zurücktreten der westlichen 
Winde, so dafs die oceanische Luftströmung weniger zur Geltung kam, als dieses 
im Durchschnitt der Fall ist. , | 
Die Zahl der heiteren Tage war, insbesondere im März, ungewöhnlich 
grofs, wogegen die der trüben Tage unter dem Mittel blieb. Die Gewitter- 
häufigkeit war durchschnittlich etwas gröfser als im langjährigen Mittel. 
Als bemerkenswerth erwähnen wir noch die heftigen, von ausgedehnten 
Betriebsstörungen begleiteten Schneestürme in Böhmen und Sicilien im Monat 
März, die Schnee- und Hagelwetter, Ueberschwemmungen und Wirbelstürme in 
Italien Ende Mai, welche ungeheure Schäden verursachten, sowie die orkanartigen, 
mit Ueberschwemmungen verbundenen Wirbelstürme in den Vereinigten Staaten
	        
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