Grossmann: Zur Beobachtung der Wolken.
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Als Anhalt für die auf Cirro-velum zu stützende. Prognose giebt Ley
folgende Regel: Blickt man in westlicher oder östlicher Richtung und findet
die Mitte der Cirro-velum-Bank rechts von demjenigen Himmelspunkt, aus welchem
der. Saum der Wolkenbank oder die voranziehenden Cirro-filum ziehen, so ist bei
Weitem nicht so schlechtes Wetter zu erwarten, als wenn jener Mittelpunkt nach
der linken Seite hin gelegen wäre — umgekehrt liegen die Verhältnisse, wenn
die Cirro-velum-Bank in nördlicher oder südlicher Richtung erblickt wird.
Cirro-velum (Ley) scheint identisch mit dem Cirro-stratus von Howard
and umfafßfst den Cirro-stratus und den Alto-stratus des internationalen Wolken-
systems; letztere Wolkenart unterschied zuerst Poey unter dem Namen Pallio-
cirrus als die bei Nimbus in der Höhe auftretende Wolkenschicht. Die inter-
nationale Definition lautet für Cirro-stratus: „Eine dünne, weifsliche Schicht,
die den Himmel entweder ganz bedeckt oder ihm nur ein weifsliches
Aussehen verleiht (dann zuweilen als Cirro-nebula bezeichnet) oder
einem verschlungenen Gewebe gleicht und häufig Ringe um Sonne
and Mond erzeugt“, dagegen für Alto-stratus: „Eine.dicke graue oder
bläuliche Schicht, die um Sonne und Mond eine lebhaft glänzende
Umgebung hervorruft und wohl Höfe, aber keine Ringe erzeugen kann,
Diese Wolkenart erfährt die gleichen Wandlungen wie Cirro-stratus,
besitzt aber nach den Messungen zu Upsala nur die halbe Höhe,“
Cirro-macula ist die von Ley für die international aufgenommene Wolken-
art Cirro-cumulus gewählte Bezeichnung, bei uns als zartes Lämmergewölk oder
zarte Schäfchen bekannt, von den groben Schäfchen oder Alto-cumulus durch
ihre Feinheit und Helligkeit unterschieden. Als charakteristisches und zumal
von sehr ähnlichen Wolkenarten unterscheidendes Merkmal erwähnt Ley, dafs sie
keine Schatten zeigt, öfters zu Polarbanden geordnet auftritt und fast stets mit
Fäden von Cirrofilum durchsetzt ist, aus welch letzterer Wolkenart sie hervorgehen
soll — während Po&y mit ganz besonderem Nachdruck die Reihenfolge der Ent-
wickelung Cirrus — Cirro-stratus — Cirro-cumulus auf Grund seiner Beobachtungen
betonte.
Dies Gewölk tritt nach Ley meist bei ruhigem, warmem Wetter auf, zu-
weilen im Rücken von uns verlassendem nimbus-Gewölk; es hat im Allgemeinen
keinen langen Bestand, sondern verdunstet häufig schnell, gewöhnlich erblickt
man unterhalb desselben einige hohe Stratus-Wolken (Strato-cumulus der i. K. —
d. Ref.), die oft‘ noch lange fortbestehen, nachdem das Gewölk in der Höhe ver-
schwunden ist. Die internationale Definition lautet für Cirro-cumulus: „Kleine
rundliche Massen oder weifse Flocken, die keine oder nur sehrleichte
Schatten zeigen und in Gruppen, häufig auch zu Reihen geordnet,
auftreten.“
Die von Ley aufgestellten Wolkenarten Stratus maeculosus und Stratus
castellatus finden wir in dem internationalen Wolkensystem als Alto-cumulus
vor und folgende Definition vereinbart: „Ziemlich grofse, rundliche,
weifse oder grauschimmernde, zum Theil Schatten zeigende Massen,
die zu Gruppen oder Reihen geordnet und häufig so dicht gedrängt
auftreten, dafs ihre Säume nicht klar zu erkennen sind. Gewöhn-
lich sind die einzelnen Wölkchen einer Gruppe in deren Mitte gröfser
und gedrungener (in strato-cumulus übergehend), während sie sich am
Wolkensaum in zarte Flocken umwandeln (in Cirro-cumulus über-
gehen). Sie zeigen häufig Streifung nach einer oder zwei Richtungen.“
Ley’s Stratus maculosus ist anscheinend mit den niedrigen Alto-Cumuli
der Skandinavier identisch, die ja auch nach Ekholm und Hagström eine
mittlere Höhe von 2770 m besitzen (vgl. „Meteor. Zeitschr.“ 1887, S. 74). Ueber
den Stratus castellatus, den Ley als „turreted stratus“ seit vielen Jahren mit
besonderer Vorliebe studirt hat, findet man in diesen Annalen, 1891, Seite 1 bis 2
einige Ausführungen von Köppen, auf die hier verwiesen sel.
Eine geringe Bedeutung hat wohl Stratus lentieularis, eine linsenförmige,
nirgends häufig auftretende Wolke, die jedoch über einigen Gebieten, so dem
Wendekreis-Maximum des Nordatlantischen Oceans, nicht selten auftreten soll.
Sie begleitet nach Ley meist warmes ruhiges Wetter und gehört den Sommer-
Antieyklonen der höheren Breiten an, tritt häufig mit Cirrus (L.) gleichzeitig