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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Dezember 1895,
Im Ganzen ist „Tai-cheong“, die weggeflogenen Segel abgerechnet, ohne
die geringste Beschädigung davongekommen. Die von mir im Voraus bestimmte
Route hat sich als durchaus zweckmäßig erwiesen. Hätten wir bessere Kohlen
an Bord gehabt, so hätten wir die Bahn des Taifuns wohl noch zwei Stunden früher
und entsprechend weiter vor dem Centrum gekreuzt, und die Fahrt des Schiffes
hätte gar keine Verzögerung erlitten.
Die Weiterreise nach Deli hatte einen normal schnellen Verlauf; die ganze
Reise von Hafen zu Hafen beanspruchte die gewöhnliche Dauer von acht Tagen.
Meine Passagiere, welche ungefähr 18 Stunden in dem geschlossenen, nur durch
die Nothluken schlecht gelüfteten Zwischendeck aushalten mufsten, mögen zeit-
weise arg durcheinander gerutscht sein; sie kamen aber, nachdem sich der Orkan
gelegt hatte, alle munter und wohl wieder zum Vorschein und hatten, abgesehen
von einigen Hautabschürfungen, nicht gelitten.
In Saigon erfuhr ich nachträglich von Kapt. J. Bruhn, Führer des
Dampfers „Holstein“, dafs er den Taifun am 10. September auf der Reise von
Saigon nach Hongkong, in ungefähr 19,5° N-Br und 112,3° O-Lg, durchgemacht
habe. Der Wind holte dort von NNE durch Ost und SE nach Süd, und befand
zich der Dampfer „Holstein“ somit an der rechten Seite der Bahn des Taifuns.
Ferner theilte Kapt. Bruhn mir mit, dafs der deutsche Dampfer „Mathilde“,
Kapt. Moos, unweit der Südostküste von Hainan durch das Centrum des Taifuns
passirt sei.
Die mir von Kapt. Bruhn gemachten Mittheilungen bestätigen die Richtig-
keit meiner Annahme über die Lage und die Richtung der Bahn des Taifuns.
Das Gebiet, innerhalb dessen der Wind die Stärke 10 und darüber erreichte,
hatte eine Ausdehnung in Nord- bis Südrichtung von etwa drei Breitengraden,
die fortschreitende Bewegung des Taifuns eine Geschwindigkeit von rund 10 Sm
in der Stunde.
Die Photographie im Dienste der Schiffahrt.
(Hierzu Tafel 12 und 13.)
Der unter gleicher Ueberschrift in diesen Annalen gebrachte Artikel —
Septemberheft 1895, Seite 331 — hat den Erfolg gehabt, dafs uns vom Führer
des Kosmos-Dampfers „Memphis“, Herrn Kapt, Alex. Patzelt, ein Anzahl an Bord
aufgenommener photographischer Küstenansichten zur Verfügung gestellt wurde,
Nach Angabe des Herrn Kapt. Patzelt sind diese Ansichten sämmtlich
mit einer Dr. Krügener Handkamera mit Anastigmat bei einer Fahrt des
Schiffes von ca 11 Sm aus freier Hand von der unteren Kommandobrücke
aus aufgenommen. Die Negative waren leider schon vernichtet. Die artistische
Anstalt von Strumper & Co., Hamburg, war daher bei der Wiedergabe der auf
Tafel 12 und 13 beigefügten Küstenansichten auf die vorliegenden kleinen Photo-
graphien angewiesen.
Tafel 12 enthält:
Bird Rock (Einfahrt von St. Vincent, Kap Verdische Inseln).
Peilung ENE. Abstand 1 Sm,
Las Palmas (Kanarische Inseln).
Peilung West. Abstand 2 Sm.
Tafel 13 enthält (unten):
Kap Three peaks (Trinidad-Kanal, Magellan-Strafse).
Peilung Süd, Abstand 2 Sm,
und oben:
Kap Frio (Brasilien).
Peilung NWzN. Abstand 5 Sm.
Herr Kapt. Patzelt hat sich erboten, während seiner nächsten Reise nach
der Westküste Südamerikas zu versuchen, Küstenansichten auch auf gröfsere Ent-
fernungen (etwa 6 Sın) mit demselben Apparat aufzunehmen.
Wir möchten nicht unterlassen, den Leser darauf hinzuweisen, dafs die
vorliegenden Bildchen mit einem der einfachsten gangbaren Apparate ohne Fern-
abjektiv von einem Laien in dessen Mufsestunden aufgenommen worden sind, und
dafs eine spätere Wiedergabe dieser zum Theil in den Tropen angefertigten Photo-
graphien gewifs nicht in der Absicht gelegen hat.