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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, November 1895, 
irümmert, wobei die Besatzung haarsnahe ertrunken wäre. Während der nächsten 
paar Tage, beim weiteren Vordringen in die Fünfziger, behielten Luft und 
Wasser dieselbe Temperatur bei, 44° F (6,7° C). Eine grofse Menge von Pinguinen 
wurde gesehen, die herumsprangen wie kleine Tummler. Wir trafen mehrere 
Eisberge von 100 bis 150 Fufßs (30 bis 45 m) Höhe an. Diese Berge bildeten eine 
feste schwimmende Eismasse mit senkrechten Wänden und einer ununterbrochenen 
Fläche obenauf. 
Am 6., in 58° 14’ Breite und 162° 35‘ O-Lg, sichteten wir eine ungeheure 
Eisbarriere oder Kette von Eisbergen, die sich nicht weniger als 40 bis 60 Meilen 
von SO nach NO erstreckte, oder vielmehr, soweit das Auge reichte; der höchste 
Punkt mochte etwas über 600 Fufs (180 m) erreichen, Diese Barriere sah dunkel- 
grau aus und in einiger Entfernung Land sehr ähnlich. Mehrere Eisberge, 
ähnlich den vorher angetroffenen, trieben in allen Richtungen umher und waren 
öhne Zweifel Kinder dieses aufserordentlich grofsen Ungethüms. Hier entdeckten 
wir, dafs unsere Schraube in Unordnung war, ein furchtbarer Schlag für uns 
Alle. Ein solcher Unfall wäre am Tage vorher mitten im Eis vielleicht ver- 
hängnifsvoll gewesen, da wir einmal Segel pressen und die Maschine mit voller 
Kraft arbeiten lassen mußten, um nur zwischen zwei grofsen Bergen heraus- 
zukommen. Da es nicht gerathen schien, mit dem verkrüppelten Schiff im Eise 
weiter vorzudringen, steuerte der „Antarectic“ wieder nordwärts und ankerte, 
degünstigt durch schwere Südoststürme, am 18, in Port Chalmers, wo der Schaden 
bald ausgebessert war. Nachdem wir noch einige neue Leute von der Steward- 
Insel bekommen hatten, ging es am 28. November wieder südwärts. Günstige 
Winde, bei einem Barometerstande von ungefähr 29 Zoll (737 mm), dauerten an, 
bis wir wieder die Fünfziger erreicht hatten. Als wir in 55° waren, hatte 
ans der Albatrofs verlassen, ebenso die Kap-Taube (Daption capensis), aber 
der weilßsbäuchige Sturm-Petrel folgte uns noch immer. Eine Lestris-Raubmöwe 
/skua) mit dunkelbraunem Kopf und weißgeränderten Flügeln und ein kleiner 
blauer Petrel zeigten sich; ich verlangte sehr danach, eines dieser Vögel habhaft 
zu werden, hatte aber gar keine Gelegenheit dazu. Am 7. Dezember sichteten 
wir die Kante des Packeises und schossen unseren ersten Seehund, der zur 
gewöhnlichen grauen Art gehörte und dessen Fell durch mehrere tiefe Furchen 
jeschädigt war. Wir hatten sehr starken Schneefall, und das Schiff war zum 
ersten Male an Deck und in der Takelage von Schnee bedeckt. Am 8. Dezember, 
in 62° 45 Breite, 171° 30' O-Lg, trieben grofse Eisströme (?D. R.) um uns herum; 
sin starker Eisblink erschien in südlicher Richtung, und die Anwesenheit des 
eleganten weifsen Petrel (Porcellaria navea) gab uns die Gewißheit, dafs wir nun 
die grofsen Eisfelder vor uns hatten, in die der kühne Brite, Sir James Ross, vor 
50 Jahren, am 5. Januar 1841, mit seinen berühmt gewordenen Schiffen „Erebus“ 
and „Terror“ erfolgreich eindrang. Am Abend arbeiteten wir uns langsam in 
die äufsere Kante des Packeises, die aus grofsen und schweren kegelförmigen 
Eismassen bestand, zwischen den grofsen Schollen hinein. 
Von Meeresthieren sah ich Mengen der Argonauta antäretica überall im 
Packeise; gewöhnlich schwammen sie in den Höhlungen der Eisschollen herum, 
wobei sie offenbar einen Zufluchtsort vor ihren Feinden, den Walen, suchten, die 
hauptsächlich davon leben. Die grofsen Finnwale, in Norwegen Blauwale genannt, 
spritzten in allen Richtungen ihre Strahlen auf; aber da wir nicht mit den 
nöthigen Mitteln versehen waren, um diese Ungethüme zu tödten, mußten wir 
sie nach einigen erfolglosen Versuchen in Ruhe lassen. 
Die weißen Petrels waren hier zahlreich, und ich verschaffte mir einige. 
Der weifsbäuchige Petrel verschwand an der Kante des Packeises und überliefs 
die Eisgegenden seinen abgehärteteren Brüdern, dem schwarzbäuchigen Petrel. 
Wir schossen mehrere Seehunde, aber sie waren nur sehr spärlich vertreten, und 
wir sahen selten mehr als einen oder zwei zusammen, nie mehr als sieben, die 
meisten mit Narben und Furchen in der Haut. 
Sir James Ross bemerkte ähnliche Wunden an den Seehunden, und es 
wurde vermuthet, dafs sie von den grofsen scharfen Hauern herrührten, womit 
die Seeleoparden versehen sind, und dafs sie sich in Kämpfen untereinander diese 
Wunden beibrächten. Aber meiner Ansicht nach müssen diese Wunden von einem 
Feinde ganz anderer Art, als der Seehund ist, herstammen. Die Wunden gleichen 
nicht den gewöhnlichen Schnitten, wie sie ein Hauer oder Zahn verursacht; sie
	        
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