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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

438 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, November 1895. 
eine Versetzung nach S 26° O von 30 Sm, was für 24 Stunden 38 Sm giebt, und 
an demselben Datum, ein Jahr später, Dampfer „Montevideo“ zwischen Ouessant 
und 47° N-Br und 8,5° W-Lg bei SSE 6 bis 7 in 16 Stunden 26 Sm nach N 43° W. 
Dies macht in 24 Stunden 39 Sm aus. Etwas weniger zuverlässig, da nur für 
verhältnifsmäfsig kurze Zeit geltend, ist die Beobachtung vom Dampfer „Weser“, 
der am 23. Februar 1895, bei EzS 4, nach dem Passiren der Insel eine Versetzung 
nach N 45° W von 10 Sm in 6 Stunden feststellte. Dies würde 40 Sm für das 
Etmal geben; vielleicht hat hier aber der Gezeitenstrom mitgewirkt, dem das 
Schiff in der Nähe des Landes ausgesetzt war. 
Die Häufigkeit des Vorkommens der verschiedenen Stromstärken vor der 
Bucht von Biscaya während der zweieinhalbjährigen Beobachtungszeit erhellt aus 
folgender Tabelle. Die Versetzung betrug: 
0 bis 5 Sm im Etmal in 119 Fällen oder 27%9 aller 
$ 10% 2 2 » 168  » 37% 
41 ” 15 » » » » 96 7 » 21% 
16 » 20 » ” ” » 41 » » 9% 
21 » 30 ® » » » 23 » » 509 
81. 40 2 2 a a 3 2 8x2 1% 
“ 
An früherer Stelle ergab sich, dafs auf dem südlichen Theile der Strecke 
die Stromgeschwindigkeit durchweg geringer ist wie auf dem nördlichen. Dies 
dürfte sich durch die Abhängigkeit derselben von der Windstärke erklären, welch 
letztere ja auch im Süden von 46° N-Br durchschnittlich geringer ist wie im 
Norden davon. 
Die Beobachtungen an Bord der Dampfer auf dem fraglichen Gebiet 
bestätigen in jeder Hinsicht, was sich aus einer früheren Untersuchung!) auf 
Grund der an Bord des Feuerschiffes „Adler-Grund“ angestellten Beobachtungen 
für den südwestlichen Theil der Ostsee ergab; nur trat dort nach den genaueren 
Messungen, die von einem festliegenden Schiffe aus gemacht wurden, das Walten 
des Naturgesetzes noch deutlicher hervor. Es möge hier, um das Gesetz in 
kurzen Worten auszudrücken, wiederholt werden, was zum Schlusse jener Unter- 
suchung gesagt worden ist: „Bei stärkerem Winde und stärkerem Strom geht 
der letztere fast ohne Ausnahme stets mit dem Winde, und zwar in den aller- 
meisten Fällen mit einer Abweichung nach rechts. Sobald der Wind sich dreht, 
dreht sich auch der Strom; aber solange der Wind frisch aus derselben Richtung 
weht, bleibt auch die Stromrichtung unverändert. Höchstwahrscheinlich wird 
im offenen Ocean das Verhalten ganz dasselbe sein. Nur an Orten, wo ganz 
beständige Winde herrschen, die ebenso beständige Strömungen hervorrufen, wie 
z. B. im Passatgebiete, mag das Aufstauen des Wassers die Ursache starker, 
gegen den Wind laufender Strömungen werden können,“ 
Die vorwiegende Abweichung der Stromrichtung von der Windrichtung?) 
nach rechts wird in der angezogenen Abhandlung als eine Folge der Erdrotation 
erklärt. Das Wasser wie jeder in Bewegung gesetzte Körper hat das Bestreben, 
dieselbe absolute Richtung beizubehalten, in welcher es zuerst in Bewegung 
gesetzt worden ist. Es sei dies die Richtung NO. Nun verändert aber der 
Meridian, mit welchem der Strom anfänglich einen Winkel von vier Strichen 
bildet, mit der Erdumdrehung von West nach Ost seine absolute Richtung im 
Weltraum auf nördlicher Breite mehr und mehr nach links, und dadurch wird 
der Strom, wenn derselbe seine absolute Richtung beibehält, allmählich mehr und 
mehr nach rechts abgelenkt erscheinen. Im vorliegenden Falle wird der Winkel 
zwischen Meridian und Stromrichtung sich allmählich vergrößern und letztere 
nach und nach ONO, Ost und O0SO werden. Auf südlicher Breite geht die Ab- 
Jenkung in entgegengesetzter Richtung, nach links. Auf 0° Breite ist sie 
gleich Null. 
Aus der früheren Untersuchung ergiebt sich ferner, dafs die Abweichung 
der Stromrichtung von der Windrichtung nach links wahrscheinlich von einer 
Nachwirkung der früheren Strömung herrührt, wenn die Windrichtung sich rasch 
um mehrere Striche nach rechts verändert. Springt z. B. der Wind, nachdem 
er längere Zeit aus SW geweht und eine etwa nach ONO setzende Strömung 
‘) S. „Annalen“, Jahrgang 1888, S. 1 £, 
2) Es ist hier wieder die Richtung gemeint, nach welcher der Wind weht,
	        
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