396 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Oktober 1895.
Forschungsreise in sechs Abtheilungen zerfallen: I. Reisebeschreibung; II, Physik,
Chemie und Meteorologie; III. Geologie und Mineralogie; IV. Botanik; V. Zoo-
logie; VI. Uebersicht. Die Berichte der verschiedenen Abtheilungen sind von
einer grofsen Anzahl von Mitarbeitern verfaßfßst worden.
Dr. Murray’s Bericht über die wissenschaftlichen Ergebnisse, gewonnen
an den Loth-, Schleppsack- und Schleppnetzstationen des „Challenger“, geht eine
kurzgefafste historische Einleitung vorauf, deren Abfassung eine mühsame Arbeit
gewesen sein muß. Die verschiedenen Gesichtspunkte, worunter er den Gegen-
stand behandelt, sind erstens: Die Wissenschaft der Oceanographie. „Der
Oceanograph“, sagt er, „beschäftigt sich mit Allem, was auf den Ocean Bezug hat.
Seine Untersuchungen umfassen Form und Theile aller Meeresgebiete auf der
Erde; die Winde, die über die Oberflächenwasser wehen; die Tiefenlinien des
Meeresbettes, von der Oberfläche bis zu den gröfsten Tiefen; die Temperatur,
den Kreislauf, die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Seewassers;
die Strömungen, Gezeiten, Wellen; die Zusammensetzung und Vertheilung der
oceanischen Ablagerungen; die Natur und Vertheilung der Meeresorganismen an
der Oberfläche, in den mittleren Gewässern und am Boden des Meeres, ebenso
die Aenderungen, die in Lebewesen durch die Bedingungen ihres Daseins hervor-
gebracht werden; das Verhältnifs des Menschen zum Meere, in der Entwickelung
der Fischerei, des Handels, der Civilisation, Schiffahrt, Hydrographie und maritimen
Meteorologie. Aus all dieser ausgedehnten Menge von Kenntnissen, die bestimmte
Theile der Astronomie, Geographie, Geologie, Physik, Chemie und der biologischen
Wissenschaften umfafst, baut sich die moderne Wissenschaft der Oceanographie
auf.“ Er behandelt dann der Reihe nach die oceanographischen Ansichten
im Alterthum; während des Verfalls der Wissenschaften, des Mittel-
alters und des Wiedererwachens der Wissenschaften; den Fortschritt
der oceanographischen Kenntnisse von der Reise Magellan’s bis zu
der Cooks; von der Zeit Cooks bis zur „Challenger“-Reise und endlich
die Forschungen des „Challenger“ und spätere Reisen.
Dieser geschichtlichen Einleitung folgt eine allgemeine Uebersicht der
wissenschaftlichen Beobachtungen und Ergebnisse an jeder Beobachtungsstation
des „Challenger“. In diesen Uebersichten sind die Beschreibungen fast aus-
schliefslich auf die Untersuchungen beschränkt, die in der Absicht unternommen
wurden, die physikalischen und biologischen Verhältnisse des Oceans zu bestimmen.
Zur Kennzeichnung des genauen Eingehens dieser Stationsübersichten auf alle
Einzelheiten mag erwähnt werden, daß sie über 1200 Seiten des Berichtes ein-
nehmen. Ueber ihren hohen Werth für die Männer der Wissenschaft kann kein
Zweifel walten. Ohne ihre Hülfe müfsten Naturforscher und Physiker, die irgend
eine bestimmte Auskunft wünschten, selber sorgfältig all die umfangreichen Sonder-
berichte danach durchsuchen. Nun ist ihnen diese Mühe erspart, sie finden
kurze Angaben über Beobachtungen und Ergebnisse an jeder Station des
„Challenger“ in See fertig vor. Bei ihrer Bearbeitung hat der Verfasser das
dienstliche Log und die Notizbücher benutzt, die veröffentlichten Berichte und
seine eigenen Tagebücher. Er hat auch Auszüge aus den handschriftlichen Tage-
büchern seiner Kollegen gegeben, des verstorbenen Prof. H, N. Moseley und
des verstorbenen Dr. R. von Willemoes-Suhm. Die stattliche Reihe neuer That-
sachen, die in diesen Uebersichten enthalten ist, könnte auf verschiedene Weisen
verglichen und bearbeitet werden, und einmal, bemerkt Dr. Murray, war der
Vorschlag dazu gemacht, im Einzelnen die vielen sich darbietenden theoretischen
Gesichtspunkte weiter zu verfolgen. Aber wegen der dringenden Eile bei der
Vollendung des „Challenger“-Berichtes war es unmöglich, diese Absicht aus-
zuführen. Es wird uns aber doch eine Uebersicht über die Vertheilung der im
Schleppnetz oder Schleppsack gefangenen Thiere nach Tiefe und Gegenden
geboten. Die Arten sind in sieben Tiefenzonen zusammengefaßt, nämlich:
(1) Die Zone tiefer als 2500 Faden (4570 m); (2) die Zone zwischen 2000 und
2500 Faden (3660 bis 4570 m); (3) die Zone zwischen 1500 und 2000 Faden
(2740 bis 3660 m); (4) die Zone zwischen 1000 und 1500 Faden (1830 bis
2740 m); (5) die Zone zwischen 500 und 1000 Faden (914 bis 1830 m); (6) die
Zone zwischen 100 und 500 Faden (183 bis 914 m); (7) die Zone zwischen 0 und
100 Faden (0 bis 183m). In der Zone unter 2500 Faden (4570 m) fand der
„Challenger“ etwa 600 wirbellose Thiere und Fische, die zu ungefähr 235 Arten