Broeker: Die Faerger-Gruppe.
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Einige meinen, dafß dies eben der Tag des Neu- oder Vollmondes sei,
andere halten den Tag vor- oder nachher, wieder andere den zweiten Tag nachher
für den Tag des kräftigsten Stromes. Der schwächste oder, wie er genannt
wird, „der beste“ Strom tritt mit dem ersten und letzten Viertel ein. Verschiedene
andere Umstände haben gleichfalls Einflufs auf die Beschaffenheit des Stromes,
z. B. der Wind und das Wetter, die Breite und Tiefe des Fahrwassers; der
Strom ist stärker, wenn der Mond in der Erdnähe und Erdferne steht. Infolge
aller dieser Umstände, welche auf die Schnelligkeit des Stromes einwirken, ist
es schwierig, etwas Bestimmtes hierüber anzugeben, aber es kann dennoch an-
geführt werden, dafs bei Springzeit auf eine Geschwindigkeit von 3 Knoten all-
gemein für den Fluthstrom oder den südlich laufenden Strom östlich von. den
Inseln innerhalb 1 bis 2 Sm vom Lande gerechnet wird, während die entsprechende
Ebbe etwas langsamer läuft. In dem Fahrwasser zwischen, den Inseln kann die
Geschwindigkeit bis zu 7 Knoten wachsen, je nachdem der Fjord breiter oder
schmäler ist, und es kann beispielsweise angeführt werden, dals im Vestmanhaun-
fjord eine Geschwindigkeit von 6 Knoten keine Seltenheit ist, und daß ein
Dampfer, der 8 Meilen Fahrt lief, beim Passiren des Svingfjord kaum den Strom
hat überwinden können.
Auf der Ostseite der Inseln ist der Fluthwechsel!) bei Springzeit 6 bis
7 Fuls, auf der Westseite 8 bis 9 Fuls. Auf Strecken von Miavenaes bis
Glovernaes giebt es eine Eigenthümlichkeit, dafs Hoch- und Niedrigwasser nicht
jede sechste Stunde wechseln, und dafs das Steigen und Fallen des Wassers ein
sehr geringes ist.
Die genannten, durch Ebbe und Fluth verursachten Strömungen rufen an
manchen Stellen der Küste starke Gegenströmungen, die sogenannten Ä/der
hervor, von welchen die wichtigsten weiter hinten bei der Beschreibung der
einzelnen Inseln besprochen werden.
Eine eingehende Kenntnifs der Stromverhältnisse kann indessen nur durch
vielfache Fahrten zwischen den Inseln erworben werden, da die Stromverhältnisse
zehr verwickelte und von lokalen Umständen abhängige sind. Für die Bewohner
der Inseln, welche alle Zeit in Booten fahren, ist eine genaue Kenntnifs der
Strömungen von der größten Bedeutung, theils weil ihre Boote nichts ausrichten
können gegen den starken Strom, während die richtige Benutzung des Stromes
sie in verhältnifsmäfsig kurzer Zeit meilenweit bringen kann, theils weil das Zu-
sammentreffen zweier Ströme in Verbindung mit stürmischem Wetter solche
heftigen Stromschnellen erzeugen kann, dafs Boote, die in sie hinein gerathen,
jem Kentern ausgesetzt sind, während kleinere Segelschiffe die Herrschaft über
das Ruder verlieren. Die vorgenannten Tabellen gelten daher nur für die Strom-
richtung im Allgemeinen und für die Mitten der Fijord-Fahrwasser.
Fjeldkast. Noch auf eine Sache möge der Schiffsführer bei Ansteuerung
der Inseln seine Aufmerksamkeit richten, nämlich auf die schweren Kjeldkast
/Bergböen), welche in den meisten Fjorden vorkommen und sogar bei schönem
Wetter und geringer Briese sehr heftig werden können, weshalb man unter Land
nicht zu viele Obersegel führen sollte.
Lootsen findet man nur bei Thorshaun; aber da die Faergeringer nahezu
von Kindesbeinen an zur See fahren, so sind sie mit den Fahrwassern gut
bekannt. Schiffsführer, welche mit den Inseln nicht vertraut sind, werden stets
am besten thun, einen Faergeringer von einem der zahlreichen Fischerboote,
die man überall unter den Inseln trifft, an Bord zu nehmen, weil er auf jeden
Fall durch seine Kenntnifs der Stromverhältnisse für ein Segelschiff von grofsem
Nutzen werden kann.
Seekartenarchiv-Karte No. 29 (dänische) über die Faerger-Inseln, worauf
diese Beschreibungen hinweisen, ist eine gewöhnliche Karte und kann nur als
Situationskarte betrachtet werden, die indessen eine hinreichende Anleitung zum
Befahren des Inselmeeres giebt. Sie wird wahrscheinlich bald durch eine neue
Karte ersetzt werden. Zufolge neuesten Beobachtungen liegt die Schule in
5) Unter „Fluthwechsel“ ist der Unterschied in der Höhe des Wasserspiegels bei Hoch-
und Niedrigwasser zu verstehen.