Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

Broeker: Die Faerger-Gruppe. 
347 
Einige meinen, dafß dies eben der Tag des Neu- oder Vollmondes sei, 
andere halten den Tag vor- oder nachher, wieder andere den zweiten Tag nachher 
für den Tag des kräftigsten Stromes. Der schwächste oder, wie er genannt 
wird, „der beste“ Strom tritt mit dem ersten und letzten Viertel ein. Verschiedene 
andere Umstände haben gleichfalls Einflufs auf die Beschaffenheit des Stromes, 
z. B. der Wind und das Wetter, die Breite und Tiefe des Fahrwassers; der 
Strom ist stärker, wenn der Mond in der Erdnähe und Erdferne steht. Infolge 
aller dieser Umstände, welche auf die Schnelligkeit des Stromes einwirken, ist 
es schwierig, etwas Bestimmtes hierüber anzugeben, aber es kann dennoch an- 
geführt werden, dafs bei Springzeit auf eine Geschwindigkeit von 3 Knoten all- 
gemein für den Fluthstrom oder den südlich laufenden Strom östlich von. den 
Inseln innerhalb 1 bis 2 Sm vom Lande gerechnet wird, während die entsprechende 
Ebbe etwas langsamer läuft. In dem Fahrwasser zwischen, den Inseln kann die 
Geschwindigkeit bis zu 7 Knoten wachsen, je nachdem der Fjord breiter oder 
schmäler ist, und es kann beispielsweise angeführt werden, dals im Vestmanhaun- 
fjord eine Geschwindigkeit von 6 Knoten keine Seltenheit ist, und daß ein 
Dampfer, der 8 Meilen Fahrt lief, beim Passiren des Svingfjord kaum den Strom 
hat überwinden können. 
Auf der Ostseite der Inseln ist der Fluthwechsel!) bei Springzeit 6 bis 
7 Fuls, auf der Westseite 8 bis 9 Fuls. Auf Strecken von Miavenaes bis 
Glovernaes giebt es eine Eigenthümlichkeit, dafs Hoch- und Niedrigwasser nicht 
jede sechste Stunde wechseln, und dafs das Steigen und Fallen des Wassers ein 
sehr geringes ist. 
Die genannten, durch Ebbe und Fluth verursachten Strömungen rufen an 
manchen Stellen der Küste starke Gegenströmungen, die sogenannten Ä/der 
hervor, von welchen die wichtigsten weiter hinten bei der Beschreibung der 
einzelnen Inseln besprochen werden. 
Eine eingehende Kenntnifs der Stromverhältnisse kann indessen nur durch 
vielfache Fahrten zwischen den Inseln erworben werden, da die Stromverhältnisse 
zehr verwickelte und von lokalen Umständen abhängige sind. Für die Bewohner 
der Inseln, welche alle Zeit in Booten fahren, ist eine genaue Kenntnifs der 
Strömungen von der größten Bedeutung, theils weil ihre Boote nichts ausrichten 
können gegen den starken Strom, während die richtige Benutzung des Stromes 
sie in verhältnifsmäfsig kurzer Zeit meilenweit bringen kann, theils weil das Zu- 
sammentreffen zweier Ströme in Verbindung mit stürmischem Wetter solche 
heftigen Stromschnellen erzeugen kann, dafs Boote, die in sie hinein gerathen, 
jem Kentern ausgesetzt sind, während kleinere Segelschiffe die Herrschaft über 
das Ruder verlieren. Die vorgenannten Tabellen gelten daher nur für die Strom- 
richtung im Allgemeinen und für die Mitten der Fijord-Fahrwasser. 
Fjeldkast. Noch auf eine Sache möge der Schiffsführer bei Ansteuerung 
der Inseln seine Aufmerksamkeit richten, nämlich auf die schweren Kjeldkast 
/Bergböen), welche in den meisten Fjorden vorkommen und sogar bei schönem 
Wetter und geringer Briese sehr heftig werden können, weshalb man unter Land 
nicht zu viele Obersegel führen sollte. 
Lootsen findet man nur bei Thorshaun; aber da die Faergeringer nahezu 
von Kindesbeinen an zur See fahren, so sind sie mit den Fahrwassern gut 
bekannt. Schiffsführer, welche mit den Inseln nicht vertraut sind, werden stets 
am besten thun, einen Faergeringer von einem der zahlreichen Fischerboote, 
die man überall unter den Inseln trifft, an Bord zu nehmen, weil er auf jeden 
Fall durch seine Kenntnifs der Stromverhältnisse für ein Segelschiff von grofsem 
Nutzen werden kann. 
Seekartenarchiv-Karte No. 29 (dänische) über die Faerger-Inseln, worauf 
diese Beschreibungen hinweisen, ist eine gewöhnliche Karte und kann nur als 
Situationskarte betrachtet werden, die indessen eine hinreichende Anleitung zum 
Befahren des Inselmeeres giebt. Sie wird wahrscheinlich bald durch eine neue 
Karte ersetzt werden. Zufolge neuesten Beobachtungen liegt die Schule in 
5) Unter „Fluthwechsel“ ist der Unterschied in der Höhe des Wasserspiegels bei Hoch- 
und Niedrigwasser zu verstehen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.