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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

Die Photogrüphie im Dienste der Schiffahrt. 
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anabhängigen direkten Routen hat die Schiffahrt mehr in die Nähe der Küsten 
gedrängt, wo Gezeitenströmungen einwirken, man hat nicht mehr so viel Zeit, 
um auf die Möglichkeit astronomischer Ortsbestimmungen zu warten — kurz, 
Alles drängt zu der Forderung, dafs mit der Zeit die Küsten aller Länder und 
Kontinente, welche von der Schiffahrt berührt werden, auf diejenige Entfernung 
and in denjenigen Peilungen bildlich dargestellt werden sollten, welche die 
Praxis erfordert. 
Die Seitenzahl unserer heutigen unhandlichen dickbändigen und trotzdem 
ungenügenden Segelhandbücher mit Küstenbeschreibungen würde dann voraus- 
sichtlich bedeutend reducirt werden können. 
Dieser Forderung kann nur die Momeit-Photographie gerecht werden, 
welche auf so vielen Gebieten eine Umwälzung hervorgerufen hat, nicht nur des- 
wegen, weil sie allein die erforderliche Genauigkeit bietet, sondern weil sie bei 
dem Stande ihrer heutigen Entwickelung auch in der Hand des Laien brauchbare 
Resultate giebt, und weil daher zahlreiche freiwillige Mitarbeiter auf allen Meeren 
gewonnen werden können, 
Schon Herr G. Fritsch-Berlin hat in einem Aufsatz!) auf die Bedeutung 
der Photographie im Dienste der Schiffahrt aufmerksam gemacht, indem. er sich 
dazu, wie folgt, äufsert: Da die moderne Photographie weder Feuer noch Wasser 
mehr fürchtet und also auch vom bewegten Schiffe aus Triumphe feiert, so giebt 
sie die Möglichkeit, wichtige Landmarken dem Seemann in gröfster Naturtreue 
darzustellen, ein noch viel zu wenig ausgenützter Vortheil, obwohl derselbe so 
gehr auf der Hand liegt etc. 
Auch in diesen Annalen, Jahrgang 1894, Heft IX, Seite 340 bis 343, wurde 
ein auf den Wunsch der Redaktion von Herrn R. Talbot-Berlin geschriebener 
Artikel über diesen Gegenstand, welcher die technische Seite der Frage behandelt, 
veröffentlicht, um den seemännischen Lesern eine Anregung zu geben. 
Zweck dieser Zeilen ist, die Mitarbeiter der Seewarte und Freunde der 
Schiffahrt, welche gelegentlich Reisen über See machen, von Neuem auf die 
Bedeutung zweckmäfsig gewählter, durch Peilungen und Abstände festgelegter 
photographischer Küstenansichten aufmerksam zu machen. 
Die Beschaffungs- und Unterhaltungskosten etc. eines auch für Fern- 
aufnahmen geeigneten Apparates, welcher im Uebrigen selbstverständlich den 
üblichen privaten Zwecken und Liebhabereien zu dienen hätte, werden von vielen 
Schiffsführern, Schiffsoffzieren und Reisenden, welche der Sache Interesse entgegen- 
bringen, wohl nicht gescheut werden. 
Zweifellos sind schon manche für die Schiffahrt werthvolle photographische 
Küstenansichten aufgenommen worden, ohne dafs sie für die Allgemeinheit bezw. 
in Segelhandbüchern und auf Seekarten Verwendung gefunden hätten. 
Erwünscht wäre: die nachträgliche Einsendung derartiger Aufnahmen an 
die zuständigen Behörden. 
Vor Allem wichtig aber ist es zur Zeit, dafs Seeleute von Beruf, welche 
sich etwa schon mit der Aufnahme von Fernansichten der Küsten beschäftigt 
haben, ihre Erfahrungen auf diesem Gebiete zusammenfassen und zur Ver- 
öffentlichung bringen. Sie würden damit ihren Kameraden, soweit die Auswahl 
und die Behandlung des Apparates, die erforderliche Beleuchtung, die Aufnahme 
und die Entwickelung der Platten in Frage kommen, einen grofsen Dienst erweisen. 
Wir möchten hervorheben, dafs es sich unseres Erachtens für die Navigirung 
in erster Linie um Ansichten handelt, welche beim Ansteuern und Passiren das 
Erkennen der Küste etc. ermöglichen sollen, also auf See, je nach der Höhe und 
Sichtbarkeit des Landes bezw. Hinterlandes, von einer thunlichst weit entfernten 
Position aus, welche aufserhalb gefährdender Bänke, Riffe und Untiefen liegen 
mufßs, aufgenommen sind. Die praktische Schiffahrt mufßs im Allgemeinen die 
Forderung stellen, mit Ansichten der Küsten ete. auf Entfernungen nicht unter 
4 Sm oder 7000 bis 8000 m ausgerüstet zu werden. 
Sodann wird es wesentlich sein, da[ls die Umrisse etc. der gesichteten Küste 
für ein möglichst weites Gesichtsfeld eventuell durch zwei kurz nacheinander 
folgende Aufnahmen wiedergegeben werden, während gleichzeitig oder‘ bald 
1) Dr. Neumayer’s „Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen“ in Einzel- 
abhandlungen, II: Bd. (2. Aufl. 1888), S. 581 und 582.
	        
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