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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1895,
3. Konstruktion und Beschaffenheit der Seitenlaternen.
Linsen. Die im Vorigen erörterten Beziehungen zwischen Sichtweite und
Helligkeit gefärbten Lichtes haben gezeigt, dafs bei grünem Licht zur Erzielung
einer Sichtweite von 2 Sm eine Lichtstärke von mindestens 16 Hefner-Kerzen
weißsen Lichtes erforderlich ist. Eine solche Lichtstärke läfst sich bei der
äblichen Größe der Laternen in völlig zweckentsprechender Weise nur durch
das optische Hülfsmittel der Linsen erzielen. Es sind allerdings noch in den
letzten Jahren verschiedene Versuche gemacht, manche davon nicht ganz ohne
Erfolg, auch ohne Linse, theils durch Vergröfserung der Laterne und der Licht-
quelle, theils durch Verbesserung der Reflektoren, die vorschriftsmäfsige Sicht-
weite auch für die grühe Laterne zu erreichen. Es fand aber durch die starke
Lichtquelle immer entweder eine zu grofse Erwärmung der äu[seren Laterne statt,
ader das Licht erschien in der Entfernung dem weifßsen zu verwandt. Diese
Erfahrung wurde auch bereits bei den Versuchen in Glückstadt im Winter 1875/76
yemacht und deshalb die Anwendung von Linsen für die Seitenlichter in den
Prüfungsvorschriften unbedingt gefordert. Auch die vorliegenden Beobachtungen
haben dasselbe ergeben: Bei einer Laterne ohne Linse war bei einem guten
grünen Glase bei einem 12“ Petroleum-Flachbrenner als Lichtquelle das Licht
nur 0,6 bis 0,7 Sm zu sehen, bei starker Lichtquelle (elektrisches Licht von
nominell 32, effektiv 22 Kerzenstärken) war dieselbe Laterne auf 1,7 Sm Ent-
fernung sichtbar, die Färbung erschien aber dann zu weilslich.
Dafs bei Anwendung von Linsen der Eindruck der grünen Färbung des
Lichtes in der Entfernung besser erhalten bleibt als ohne Linse, ist wohl der
Sammlung der Lichtstrahlen durch die Linse zuzuschreiben, wodurch man das
Licht von einer größeren Fläche grünen Glases ausgehend erhält, während ohne
Linse die ins Auge gelangenden Strahlen nur durch einen sehr kleinen Theil
dieses Glases gegangen sind,
Zu grofse Erwärmung der durchgefärbten Linsen. Zur Verwendung
gelangen nun entweder direkt gefärbte Linsen (durchgefärbte Linsen) oder farb-
lose Linsen mit gefärbten dünnen Glasscheiben.!) Beide sind zulässig, doch ist
zu bemerken, dafs die durchgefärbten Linsen mehr Licht absorbiren als die dünnen
Glasscheiben mit den ungefärbten Linsen, daher eine stärkere Lichtquelle erfordern.
Aufserdem ist die Erwärmung der durchgefärbten Linsen eine beträchtlich gröfsere
als die der ungefärbien mit Vorsteckscheibe, besonders wegen der isolirenden
Luftschicht, welche ein schlechter Wärmeleiter ist. Es ist daher ein Zerspringen
der Linsen der ersteren Art weit eher zu befürchten. Bei den Versuchen in
Brunshausen trat dieser Fall bei der Laterne No. 7 schon an einem der ersten
Beobachtungsabende ein. Es kommt noch der Umstand hinzu, daß bei der
Fabrikation gefärbter Gläser und namentlich der dickeren Linsen es schwer hält,
immer den richtigen Ton der Färbung zu bekommen. Geräth dieselbe zu dunkel,
so ist bei den durchgefärbten Linsen gleich die ganze Linse zu verwerfen, während
sonst nur das verhältnifsmäfsig sehr billige Vorsteckglas auszuwechseln ist (der
Preis einer grünen Vorsteckscheibe beträgt 1,50 Mark, während eine geprefste
durchgefärbte Linse 30,00 Mark kostet). Es ist daher auch vom wirthschaftlichen
Standpunkte aus, ganz abgesehen von den optischen Vortheilen, durchaus vor-
zuziehen, auch für die Seitenlaternen ungefärbte, geschliffene,”) aus mehreren
Stücken (Elementen) bestehende Linsen mit gefärbten Vorsteckscheiben zu ver-
wenden. Der höhere Anschaffungspreis verzinst sich reichlich durch den billigeren
Betrieb und die geringeren Reparaturkosten gegenüber den billigeren Laternen.
Die Kommission vermag auch nieht einzusehen, dafs die kleineren Schiffe die
Kosten der Beschaffung der guten, wenn auch etwas theureren Seitenlaternen,
womit doch nur eine sich noch dazu gut verzinsende einmalige Ausgabe verknüpft
ist, nicht zu tragen vermögen, wie so vielfach behauptet wird.
1) Bei Verwendung von elektrischem Licht erscheint es zweckmälsig, gleich dem Glase der
Birne des Glühlichtes die passende grüne bezw. rothe Färbung zu geben; die Vorsteckscheibe kann
dann ganz entbehrt werden. Zwei solcher Glühlampen, eine grün- und eine rothgefärbte, wurden der
Seewarte von dem Ingenieur und Elektrotechniker Herrn Huber zur Ansicht und Probe überreicht.
Der Preis einer Birne stellte sich auf nur 2 Mark, nur wenig mehr als eine ungefärbte Birne.
2) Der Preis einer geschliffenen Linse von 14 cm Höhe (den Vorschriften entsprechend) ist
42 Mark.