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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

200 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Mai 1895. 
wenig Einflufs gewann; am 10. stellte sich ausgedehnter Nebel ein, doch blieb 
die Witterung sonst seit dem 8. meist trocken. Als jedoch von Westen und NW 
her hoher Druck mächtig ostwärts in Europa vordrang, verstärkten sich die 
Gradienten auf der Rückseite des am Morgen des 12. über Esthland gelegenen 
Minimums sehr erheblich, so dafs stürmische nordwestliche Winde, Stärke 8 
bis 9, am 12. an der ganzen und noch am 13. an der östlichen Ostseeküste, von 
geringen Niederschlägen begleitet, hervorgerufen wurden, 
Nachdem die Temperatur vom 6. bis 10. oder 11. gestiegen war und am 
Morgen der beiden letzten Tage die Normale meist überschritten hatte, führten 
die starken Nordwestwinde wieder einen Rückgang herbei, der bis zum 13. bis 
15. anhielt, indem die Winde zunächst nördlich blieben. Langsam verlagerte 
sich der Kern des das Wetter Centraleuropas beherrschenden Hochdruckgebietes am 
13. bis 18. vom NW her über Mittelskandinavien nach dem Innern Russlands, 
wobei die Winde an der Küste von NW über Nord nach NE und am 16. weiter 
dach Ost und SE herumgingen. Nunmehr trat wieder ein Steigen der Morgen- 
temperaturen ein, das bis zum 25., stellenweise 26. und 27., anhielt, worauf 
weiterhin wenig Aenderung oder eine abermalige geringe Abnahme mit meist nach- 
folgendem Steigen am Monatsschlufs erfolgte. Am 15. herrschte an der Nordsee 
und westlichen Ostsee nebeliges, im Osten heiteres Wetter, am 16. und 17. 
DEiereS Wetter an der ganzen Küste wie auch noch am 18. an der östlichen 
stsee. 
Nun folgten am 19. bis 22. Tage mit sehr gleichmäfsiger Luftdruckvertheilung 
über Centraleuropa, indem weder das Hochdruckgebiet im Osten noch eine im 
Westen lagernde Depression Einflufs gewannen; bei leichten veränderlichen 
Winden traten an der Küste vielfach Regenfälle, zum Theil in Begleitung von 
Gewittern und zumal an der Ostsee am 22. auf; doch herrschte hier an den 
mittleren Theilen am 20. und 21. mehrfach noch heiteres Wetter. Sehr ergiebigen, 
20 mm übersteigenden Niederschlag hatte am 22. Wittower Posthaus (23 mm); 
ausgedehnter Nebel trat am 19. bis 22. an der Nordsee sowie am 22. auch an 
der östlichen Ostsee auf. Am 23. breitete die im Westen lagernde Depression 
ihren Wirkungskreis bis an die russische Grenze aus, und zumal beherrschte am 
25. bis 27. ein vom Kanal langsam nach der Nordsee wanderndes Minimum die 
Wetterlage von Westeuropa, so dafs die regnerische und an der Ostsee vielfach 
nebelige Witterung bis zum 27. anhielt; nur am 24. blieben die Niederschläge 
auf die östliche Ostsee beschränkt, Ausgedehnte Nebel lagen über der Ostsee- 
küste am 23. und 25. wie über deren mittleren Theilen am 24. und 27.; Gewitter 
traten auf am 23. an der westlichen Ostsee, am 24. an der östlichen Ostsee, am 
25. und 26. an der Nordsee und an der pommerschen Küste und am 27. an der 
Nordsee und westlichen Ostsee. Die Wetterlage bedingte Zufuhr von Luft aus 
südlichen Breiten, so dafs die Morgentemperaturen fast anhaltend stiegen. 
Bei vorwiegend leichten östlichen Winden befand sich die Küste in den 
letzten Tagen auf der Nordseite des Bereichs einer umfangreichen Depression, 
die sich vom Mittelmeer her nach Centraleuropa ausbreitete. Nur vereinzelt 
und in geringer Menge fielen Niederschläge, doch trat Nebel in gröfserer Aus- 
dehnung am 28. an der mittleren Ostsee und am 29. an der Nordsee auf, während 
vorwiegend heiteres Wetter am 28. an den östlichsten Küstentheilen, am 29. an 
der mittleren und östlichen Ostsee und am 30. an der Nordsee und westlichen 
Ostsee herrschte, Am 29. und 30. wurden an der östlichen Ostsee vereinzelte 
Gewitter beobachtet. 
In den Monatsmitteln lagen der Luftdruck, die Niederschlagsmengen und 
die registrirte Windgeschwindigkeit, mit vereinzelten Ausnahmen, unter den viel- 
jährigen Mittelwerthen, während die Temperatur im Monatsmittel überall und 
um nahezu gleiche Beträge über der Normalen lag. Die Windrichtungen waren 
im April sehr gleichmäfsig auf die Kompalsrose vertheilt, so dafs auf keiner 
Station eine Windrichtung allein durch besonders große Häufigkeit hervortrat. 
Gedruckt und in Vertrieb bei E. S. Mittler & Schr 
Königliche Hofbuchhandlung und Hofbuchdruckerei 
Berlin SW, Kochstrafse 68—71.
	        
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