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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Mai 1895. 
Die Kurve ergiebt im Allgemeinen ein Ansteigen der Temperatur, was 
wohl überwiegend der mit höher sieigender Sonne zunehmenden Kraft der 
Insolation zuzuschreiben ist. Denn der Wetterkarte nach war die Temperatur 
unten längs der Bahn des Ballons ziemlich überall dieselbe, ein Hinabsinken aber 
ist ausgeschlossen, weil keine Spur von einer Fortsetzung der Barographenkurve 
bis 10*a zu sehen ist. Es wurde um 5"a —47°, um 6a —45°, um 7ha —44°, 
um 8a —41°, um 9a —39° und um 10a —37° registrirt. Seltsam sind die 
zahlreichen, bis zu 10° betragenden Temperatur-Schwankungen, die mit einer 
gewissen Regelmäfßigkeit in Zwischenräumen von 15 bis 20 Minuten aufgezeichnet 
worden sind. Ob sie durch wechselnde Beschattung des Apparates, etwa infolge 
von Cirruswolken oder von langsamen Drehungen des Ballons, entstanden sind, 
Jläfst sich nicht entscheiden. 
Am 6. September v. J. ist ein neuer Aufstieg des „Cirrus‘‘ erfolgt, welcher 
in noch gröfsere Höhen (18 500 m, Luftdruck 59 mm) geführt zu haben scheint, 
wo eine Temperatur von —67° C registrirt wurde. Der Ballon fiel nach sieben- 
stündiger Fahrt zwischen Vilna und Minsk in Russland nieder; seine mittlere 
Geschwindigkeit betrug 38 m in der Sekunde.!) Ein genauerer Bericht über 
diese Fahrt ist noch nicht erschienen, doch verdanken wir Herrn Berson die 
folgenden vorläufigen Mittheilungen: 
Es war diesmal die ganze Barographenkurve vorhanden; auch zeigte die 
Temperatur nicht mehr die grofsen periodischen Schwankungen wie am 7. Juli. 
Doch waren auch hier die Temperaturen jedenfalls noch zu hoch — in 18 400 
bezw. 16 300 m müssen nach den „Phönix“-Fahrten erheblich niedrigere Tempera- 
turen herrschen als — 67° und — 52°, da schon in 9150 m — 48° gefunden 
wurden. Die Aspiration war am 6. September fortwährend erfolgt, wie die Länge 
des abgelaufenen Drathes zeigte; sie war wohl noch ungenügend gewesen, Die 
Experimente auf unbemannten Ballons werden unter Verbesserung der Apparate 
fortgesetzt. 
In der grofßsen Reihe von wissenschaftlichen Luftreisen, die der „Deutsche 
Verein zur Förderung der Luftschiffahrt‘“ mit wiederholt von Seiner Majestät dem 
Kaiser bewilligten grofsen Mitteln in den Jahren 1893 und 1894 ausgeführt hat, 
ist die letzte Hochfahrt des „Phönix‘“ am 4, Dezember 1894, mit welcher das 
Unternehmen seinen vorläufigen Abschlufs fand, die merkwürdigste, Wir wollen 
sie im Folgenden an der Hand der Berichte, die Herr Berson in der „Zeit- 
schrift für Luftschiffahrt“ und in „Das Wetter“ gegeben hat, kurz schildern: 
Der merkwürdige Aufstieg des „Phönix“ vom 11. Mai 1894, in dem die 
Herren Lieut. Grofs und Berson durch gewaltige Schneewolken bis zu einer 
Höhe von 7930 m vorgedrungen waren, hatte die Leiter des Unternehmens über- 
zeugt, dafs die Erreichung noch gröfserer Höhen mit diesem Ballon nur für eine 
einzelne Person und unter möglichster Erleichterung des Ballons möglich sein 
werde. Nachdem Herr Berson hinreichende Uebung in der Führung des „Phönix“ 
gewonnen hatte und auch drei Aufstiege allein mit einem kleinen Ballon bis zu 
4000 m Höhe im Laufe des letzten Jahres ausgeführt hatte, trat er am 4. Dezember 
diese interessante Hochfahrt an. 
Um die Erreichung sehr grofser Höhen zu sichern, wurden folgende Ab- 
weichungen von der gewöhnlichen Ausrüstung vorgenommen: der über 80 Pfund 
schwere Anker wurde nicht mitgenommen, der Ballon wurde mit 2000 cbm 
Wasserstoffgas (statt des schwereren Leuchtgases) gefüllt und ein Apparat 
zur Sauerstoff- Athnmnung mitgenommen. Dieser Apparat — ein hoher Stahl- 
cylinder, in welchem sich 1000 1 Sauerstoff, auf 200 Atmosphären Druck kom- 
primirt, vorfanden — war in einer Ecke des Korbes festgebunden. Ebenso 
wesentlich für das Gelingen des Unternehmens waren aber auch einige weitere 
1) Diese grofsen Geschwindigkeiten bieten bekanntlich bei Ballonfahrten nichts Auffallendes 
mehr, Der gewöhnliche Zustand der freien Atmosphäre in grofsen Höhen ist eben im unseren 
Breiten eine Bewegung, die am Erdboden als Sturm bezeichnet werden würde. Doch kommen 
gelegentlich auch dort Fälle längerer Windstille vor. Eine solche interessante Ausnahme bietet z. B. 
die Fahrt des Militär-Luftballons „Albatrofs“ am 8. Februar d. J. von Berlin nach Palingen bei 
Lübeck dar. Bei Höhen über 1000 m herrschte damals so vollständige Windstille, dafs der Ballon 
in einer Höhe von 2000 m über einem und demselben Dorfe stand und die Luftschiffer tiefere 
Schichten aufsuchen mufsten, um weiter zu kommen. Ebenso hat Herr Berson im Ballon „Falke“ 
am 18, Mai 1894 noch in 3100 m fast vollständige Stille angetroffen, und auch sonst oft in Höhen 
von 1500 bis 3000 m weniger Wind als tiefer. Erst von ca 4000 m an nahm der Wind stets zu.
	        
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