Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

Ballonfahrten in die Region der Cirruswolken, 
181 
schlug die Richtung nach WNW, später nach NW ein und behielt die letztere 
bis zu seiner Landung am nächsten Tage, nach fast 19stündiger Fahrt, in Jütland, 
Um gleichzeitige Aufzeichnungen aus grofser Höhe zu erhalten, liefs Prof. 
Assmann am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang, als der „Phönix“ in der 
Nähe von Lübeck schwebte, um 3" 40" den „Cirrus“ auf, dessen Registrirung 
auf das Vorhandensein von Tageslicht angewiesen war. 
Der Ballon war mit Leuchtgas vollständig gefüllt. Der Apparat, mit 
Uhrwerk und Aspirator, wurde unter dem Netz aufgehängt, an seem Korb 
waren Tafeln angebracht, die in deutscher und polnischer Sprache dem Finder 
eine Belohnung von 50 Mk. zusicherten, falls der Registrirapparat uneröffnet ab- 
geliefert werde. Leider schlang sich, als der „Cirrus“ nach Durchschneiden der 
Halteleine emporschofe, das Aspiratorsäckchen um die den Greifanker tragende 
Schnur, die zum Zerreifsen und Entleeren des Ballons im Moment seiner Landung 
jestimmt war. Dadurch kam der nach langen Vorarbeiten konstruirte Aspirator 
aufser Thätigkeit, so dafs auch bei dieser Fahrt die Temperaturangaben von 
Sonnenstrahlung beeinflulst sind; dennoch hat das Thermometer in ca 16 000 m 
Höhe die immerhin ganz erkleckliche Kälte von — 53° C aufgezeichnet. 
Der Ballon wandte sich, mit gewaltiger Geschwindigkeit aufsteigend, zu- 
nächst wie der „Phönix“ nach WNW und NW. Aber schon nach 7 Minuten 
änderte er seine Richtung, indem er nach SW abschwenkte, nach weiteren 
5 Minuten bog er noch weiter nach links ab und kehrte nun, sichtlich schon,in 
sehr großer Höhe schwebend, vollständig zurück, so dafs er, 25 Minuten nach 
dem Aufstiege, den Ballonplatz nahezu wieder kreuzte; von da ab setzte er, mit 
sichtlich zunehmender Geschwindigkeit, seine Fahrt nach SO fort. Um 4" 25” war er 
eben noch mittels eines guten Krimstechers erkennbar. Gegen !/23 Uhr nachmittags 
kam er, wie gesagt, etwa 1000 km südöstlich von Berlin zur Erde nieder, hat 
also 10 Stunden lang eine mittlere Geschwindigkeit von 100 km per Stunde oder 
28 m in der Sekunde gehabt. 
Das dem nahezu unversehrt gebliebenen Apparate entnommene, erst nach 
zehn Tagen entwickelte Photogramm lief in tadelloser Schärfe Folgendes erkennen: 
Zeit 
3h 40m 
45m 
530m 
55m 
om 
au 
‚om 
‚5m 
20m 
25m 
30m 
Luftdruck 
nm 
764 
550 
440 
340 
350 
>00 
‚60 
125 
10 
95 
85 
| 
Höhe in 
40 
> 800 
4 600 
5 600 
3.000 
10 600 
12 150 
13 800 
14 650 
15 600 
16 325 
Geschwindig- 
keit des 
Aufstiegs 
m pp. £ 
9,2 
6,0 
6,7 
8,0 
a7 
5,2 
5 
2,8 
3,2 
94 
Temperatur 
— { 
—15 
FR 
mn 
AR 
47 
—50 
—53 
__50 
T’emperatur- 
abnahme 
pro "100 m 
0,37° 
0,509 
0,65° 
0,42° 
0,62° 
0,529 
0,24° 
0,85° 
0,32° 
—.0,14° 
Die hier angegebenen wie alle weiter unten folgenden Höhen sind stets 
wahre Seehöhen mit Berücksichtigung der Temperatur und deren vertikaler 
Vertheilung — im Gegensatz zu den Franzosen, welche (Hermite im „Agrophile“‘) 
immer die rohen, viel zu grofsen Höhen angeben. Die rohe Höhe betrug bei 
den Aufstiegen des „Cirrus“ am 7. Juli und 6. September 17 750 bezw. 20 400 m, 
bei der Hochfahrt des „Phönix‘ 9600 m. 
Nach der vertikalen Temperaturabnahme zu Sschliefsen, dürften _ die 
Temperatur-Aufzeichnungen bis 12000 m hinauf, infolge der natürlichen Ven- 
silation durch das rasche Aufsteigen, ziemlich genau der Wahrheit entsprechen, 
darüber hinaus aber wegen der fehlenden Aspiration das Thermometer etwas zu 
hohe Temperaturen geliefert haben. 
Leider bricht um 4* 30” die Registrirung des Luftdruckes ab, weil man 
auf Barometerstände unter 85 mm nicht gerechnet hatte. Die Temperaturkurve 
reicht noch bis 10*a; ein längeres Schweben des „Cirrus“ war ebenfalls aufser- 
halb der Erwartung,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.