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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Mai 1895. 
Schlimmer war der Verlauf einer Hachfahrt von drei bekannten französischen 
Luftschiffern am 15. April 1875 mit dem Ballon „Zenith“, obwohl dieselben einen 
Apparat für Sauerstoff-Athmung mit hatten, der 1862 noch unbekannt war, Als 
sie bald nach 1”p eine Höhe von 6950 m (roh) erreicht hatten, fühlten sie sich 
noch wohl, jedoch schwach; sobald sie Sauerstoff athmeten, fühlten sie sich ge- 
kräftigt; sie scheinen es aber wenig gethan zu haben, Der Ballon hatte aufgehört 
zu steigen; sie beschlossen jedoch, noch höher vorzudringen und warfen Ballast 
aus; nun verlor Tissandier die Besinnung; erst um 2* 18" erwachte er auf den 
Zuruf von Croc&-Spinelli: der Ballon falle schnell, er möge Ballast auswerfen. 
Er gehorchte mechanisch, im selben Augenblick aber warf Croc6-Spinelli den 
Aspirator über Bord, der 40 kg wog, worauf der Ballon natürlich in starkes 
Steigen gerieth. Tissandier schrieb noch einige unzusammenhängende Wörter 
in sein Buch, dann fiel er wieder in Schlaf für etwa eine Stunde. Als er er- 
wachte, fiel der Ballon mit einer fürchterlichen Geschwindigkeit; es war kein 
Ballast mehr vorhanden, und seine beiden Gefährten, Sivel und Croc€&-Spinelli, 
waren erstickt; aus Mund und Nase floß ihnen Blut. Nur die Kaltblütigkeit, 
mit welcher Tissandier unmittelbar vor der Berührung des Erdbodens den Ballon 
durch Abschneiden des Ankers erleichterte und ihn dann beim Lander 
aufriß, rettete ihn vor zermalmendem Stofße. In seiner Mittheilung an die 
englische Zeitschrift „Nature“ (Band 11, Seite 495) schreibt W. de Fonvielle 
den Tod der beiden Luftschiffer ausdrücklich dem verhängnifsvollen Hinauswerfen 
des Aspirators zu.!) Dieser war behufs Bestimmung des Kohlensäuregehalts der 
Luft in grofsen Höhen mitgenommen worden und ist später südwestlich von Paris 
aufgefunden worden. | 
Solche Erfahrungen sind es gewesen, die zuerst die Idee nahe gelegt 
haben, unbemannte Luftballons mit selbstregistrirenden Apparaten zur Erforschung 
der höchsten Regionen der Atmosphäre zu entsenden. Ueber die ersten Versuche 
Jieser Art in Frankreich haben wir auf Seite 322 des Jahrgangs 1893 dieser 
Annalen berichtet. Seitdem sind solche Versuche auch in Deutschland von Prof. 
Dr. Assmann und dem deutschen Verein zur Förderung der Luftschiffahrt, und 
zwar zweimal mit bedeutendem Erfolg ausgeführt worden. Der 250 cbm grofse 
Ballon „Cirrus“ ist ohne grofse Beschädigung der Registrirapparate einmal von 
Berlin an die bosnisch-serbische Grenze bei Zwornik, ein anderes Mal von Berlin 
bis in die Nähe von Vilna in Westrufßfsland geflogen und hat dabei, nach den Auf- 
zeichnungen des Barographen, Höhen über 16 000 und 18 000 m erreicht, in die 
wohl sicher nie ein Mensch gelangen wird. Freilich ist jedesmal das "Chermo- 
meter in Stücke gegangen, und auch der Barograph bedurfte einer Reparatur; 
aber das sind Kleinigkeiten gegenüber den wichtigen schon gewonnenen und 
noch in Aussicht stehenden Ergebnissen. 
Der „Cirrus“ ist aus einfacher gefirnifster Seide gefertigt und wiegt mit 
einem leichten Netze etwa 42 kg. Der Registrirapparat, in welchem auf einer 
sich drehenden Trommel durch einen Spalt hindurch ununterbrochen ein Alkohol- 
thermometer und der Hebel eines Barographen photographirt werden, wiegt 
infolge ausgiebiger Anwendung von Aluminium nur 2,6 kg. KEinen wesentlichen 
Theil dieses Apparates bildet ein Aspirator, der einen beständigen Strom un- 
beeinflufster Luft am Gefäße des Thermometers vorbeisaugt. Die Aspiration 
wird durch ein Exhaustor-Scheibenpaar bewirkt, das mittels eines abrollenden 
Stahldrahtes in schnelle Umdrehung versetzt wird, an dem ein Ballastsäckchen 
von 500 g Gewicht hängt. Beim ersten Versuch am 11. Mai 1894 zerrils der 
Ballon durch einen Zufall schon beim Aufsteigen und kam nach 7 Minuten 
wieder zur Erde; immerhin hatte schon dieser Versuch gezeigt, dafs der Apparat 
gut funktionirte und beim Landen fast unbeschädigt blieb. 
Am 7. Juli fand ein zweiter Aufstieg statt, nachdem noch allerhand Ver- 
besserungen vorgenommen waren. Am Abend des 6. Juli, 6'/2* p, war der Ballon 
„Phönix“ mit den Herren Berson und Baschin aufgestiegen. Der „Phönix“ 
1) Da die grofsen Ballastsäcke bei den neueren deutschen Ballonunternehmungen je 25 bis 
38 kg wogen und nicht selten zu zweien auf einmal abgeschnitten worden sind, so waren jene 40 kg 
für einen so grofsen Ballon wie der „Zenith“ noch keine übermäfsige Erleichterung, Aber der 
„Zenith“ war eben schon sehr hoch, und Sivel und Croce-Spinelli hatten aus unbekannten 
Gründen schon vorher die regelmäfsige Sauerstoff-Athmung aufgegeben, wie Tissandier ausdrücklich 
mittheilt.
	        
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