154 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, April 1895.
Schimmeln von Ledersachen und ähnlichen Wahrnehmungen deutlich genug
bethätigt.
Obgleich die Garuas in der Regel vom Meer aus oft als dichte Regen-
wolken über das Land treiben, behalten dieselben dennoch in der nächsten
Nähe der Küste meistens das Gepräge eines sehr feinen Staubregens, der zwar
einen sehr hohen Feuchtigkeitsgrad der Atmosphäre verursacht, indefls nur wenig
tropfbares Wasser dem Boden zuführt, wogegen eiwas weiter landeinwärts die
Wasserdämpfe schnell verdichtet und als wirklicher Regen niedergeschlagen
werden. Die Ursache dieses Unterschiedes scheint mir in der gröfseren Wärme-
ausstrahlung der zum Theil nackten Sandsteinfelsen am Meeresufer zu liegen,
welche die Verdichtung der Wasserdämpfe verhindert, während der dichte Wald
weiter landeinwärts dieselbe gestattet. Infolge dieser Verhältnisse findet man
auch unmittelbar an der Küste eine weit dürrere Vegetation unter den Bäumen
und Sträuchern und sogar häufig Kaktus, weil die bedeutende Luftfeuchtigkeit
allein nicht genügt, um die den gröfseren Gewächsen nothwendige Bodenfeuchtig-
keit zu ersetzen, wogegen, wie bereits erwähnt, besonders die Flechten bei der-
selben ausgezeichnet sich entwickeln. Die Vertheilung der Garuas über die
Küstenzone ist eine sprungweise, indem dieselben hauptsächlich die Gebiete Süd
von der Insel Salango sowie von: den Vorgebirgen S. Lorenzo, Pasado und
S. Francisco umfassen, während die nördlich von diesen Promontorien gelegenen
Landstriche derselben entbehren und nach der kurzen Regenzeit der langen
Dürre des Verano anheimfallen. Die Ursache dieser Erscheinung suche ich
darin, dafs die vom Meere durch die beständigen Südwestwinde herantreibenden
Wasserdämpfe, die sich ebenso wie die Winde selbst nur zu geringer Höhe zu
erheben scheinen, von den gegen SW gewendeten hohen Wüsten und Vorgebirgen
aufgehalten und niedergeschlagen werden, während die jenseits der Vorgebirge
im Windschatten gelegenen Landstriche der Garuas nicht theilhaft werden können.
Ueber die Menge des Niederschlages dieser Regenform stehen mir bis
jetzt leider ebensowenig wie über die der eigentlichen Regenzeit Beobachtungen,
die sich auf wirkliche Messungen basiren, zu Gebote. Im Allgemeinen kann ich
nur angeben, dafs dieselbe gewöhnlich nur wenige Millimeter pro Tag beträgt
und jedenfalls weit hinter den Niederschlagsmengen der Regenzeit zurückbleibt.
Die hohe Bedeutung derselben für die organische Natur liegt deshalb
meiner Ansicht nach nicht so sehr in der absoluten Wassermenge, welche die-
selbe dem Boden zuführt, sondern weit mehr in ihrer durch die Art des Nieder-
schlages bedingten Einwirkung auf den Feuchtigkeitsgehalt der Luft und die
daraus resultirende Verminderung der Verdampfung, Faktoren, die, wie bekannt,
im Leben der Pflanzen eine ebenso wichtige Rolle spielen, als die unmittelbare
Zufuhr von Wasser zu den Wurzeln, und in dem hier behandelten Gebiete be-
wirken, dafs bei nur mäfsigen Niederschlägen während der eigentlichen Regenzeit
sich dennoch eine das ganze Jahr hindurch üppig gedeihende Vegetation ent-
wickeln und einer Austrocknung des Bodens vorgebeugt werden kann, wodurch
die Garuagebiete sowohl in Bezug auf spontanen Pflanzenwuchs als auf den
Anbau von Kulturpflanzen den weit regenreicheren Gegenden des hinteren Tief-
landes gleichgestellt werden,
Bei den vielen interessanten Fragen, die mit Bezug auf das Klima der
geuadorianischen Küste noch zu lösen sind, möchte ich in dieser Verbindung
nur noch schließlich den Wunsch aussprechen, dafs einige der vielen meteoro-
logischen Gesellschaften Europas Beobachtungen an den wichtigeren Punkten
des Littorals anstellen lassen möchten, wofür gewifßs leicht sowohl die auf der
Kabelstation von Sta, Elena angestellten Engländer als die Wärter der ver-
schiedenen Leuchtthürme auf der Insel La Plata, der Punta de Sta. Elena und
den Inseln Sta. Clara und Pung zu gewinnen wären, wie auch, dafs die in diesen
Meeren stationirten Kriegsschiffe der verschiedenen Nationen genauere Messungen
über die Temperatur !) und den Verlauf des Humboldt-Stromes zu den verschiedenen
1) Während bei Callao (12° S-Br) die Meerestemperatur nur 12,4° C ist, beträgt dieselbe
beim Cabo Pasado und bei den Galapagos-Inseln (0°), also in den beiden Verzweigungen des
Humboldt-Stromes, 23°, zwischen diesen beiden Armen aber 25° bis 26° und bei Esmeraldas, aulßser-
halb des Stromes, 28° (nach Dr. Wolff).