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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 23 (1895)

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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1895, 
Riff noch erst etwas östlicher zu halten, NO%4N am Kompafs, bis Gap Rock in 
N'!/2W peilt, worauf man dann seinen Kurs direkt setzt. Man vermeidet durch 
diese Route den viel stärkeren Gegenstrom näher der Küste, welcher sich ge- 
wöhnlich beim Ueberstechen nach Gap Rock wieder deutlich bemerkbar macht. 
Auf meinen vielen Reisen gegen den Nordostmonsun habe ich immer bedeutend 
weniger Gegenstrom gemerkt, wenn ich so wie vorerwähnt steuerte, als wenn 
ich ‚meinen Kurs mitten zwischen Hainan und den Paracels und direkt auf 
Hongkong setzte. Bei unsichtigem Wetter ist man leider der gefährlichen Lage 
der Paracel-Inseln wegen genöthigt, die letztere Route zu wählen. Hoffentlich 
wird noch einmal ein Feuerthurm auf Nord-Riff der Paracels errichtet. 
Als beste Dampferroute von Singapore gegen den Nordostmonsun die 
China-See hinauf möchte ich, soweit gewöhnliche Frachtdampfer von 9 bis 
{0 Knoten Fahrt in Betracht kommen, für beladene Schiffe die sogenannte 
Mittelroute empfehlen. Für Schiffe in Ballast halte ich in den Monaten Oktober, 
November und Dezember die Palawan-Passagye für am vortheilhaftesten. 
Der Sturm vom 22. Dezember 1894. 
Im Auftrage der Direktion der Seewarte bearbeitet von Prof. Dr. W. KÖPPEN. 
Die gesammte zweite Hälfte des Dezembers 1894 hatte an den Küsten 
Mitteleuropas einen ungewöhnlich stürmischen Charakter, Vom 9. bis 13. Dezember 
hatte ein Hochdruckgebiet (=> 770 mm) über dem Innern von Deutschland gelegen. 
Am 13. trat ihm niedriger Druck (<< 740 mm) im NW gegenüber, und herrschte 
zwischen diesen über den Britischen Inseln eine stürmische südwestliche Luft- 
strömung. Plötzliches Steigen des Barometers in Schottland zum 14., dem fast 
ebenso rasches Fallen folgte, deutete den Vorübergang einzelner Wirbel in dem 
ausgedehnten Niederdruckgebiet auf dem Ocean an. 
Der zweite derselben lag am Morgen des 15, etwa bei den Faröern, ein 
Ausläufer davon erstreckte sich aber bis nach Nordwestdeutschland. Am Abend 
hatte dieser, ostwärts fortschreitend, ziemliche Selbständigkeit gewonnen; sein 
Mittelpunkt lag nun bei Thorn, war aber am folgenden Morgen kaum noch in 
Littauen kenntlich. Abermals erschien nun in NW ein grofser Wirbel, und 
wiederum traten stürmische Südwest- und Westwinde auf den Britischen Inseln 
ein. Nach SSO fortschreitend, kam dieser Wirbel direkt auf Deutschland zu; 
aber gleichzeitig nahm seine Stärke so ab, dafs er am 20. Dezember, als sein 
Mittelpunkt die Küste erreichte, nur auf seiner Westseite frische, sonst nur 
schwache Winde enthielt und am folgenden Tage sich in Ostdeutschland gänzlich 
ausfüllte. Von der Bai von Biscaya bis nach Russland zeigte sich am Morgen 
des 21. der Luftdruck gestiegen, während im NW, besonders in Norwegen, rasches 
Fallen des Barometers eingesetzt hatte. Beides deutete auf die Annäherung einer 
tiefen Depression auf dem Ocean hin. Doch konnte die Wetterlage noch nicht 
direkten Anlafs zur Besorgnifs geben, bis am Abend des 21. das Telegramm von 
Belmullet an der Westküste Irlands SW 8 mit sehr raschem Fallen des Baro- 
meters meldete. Nunmehr. wurde um 9*p eine Sturmwarnung der Seewarte an 
alle Signalstellen von Borkum bis Rügen gegeben, weil aus diesen Anzeichen klar 
hervorging, dafs sich ein mehr oder weniger stark entwickeltes Theilminimum 
vom Ocean her nähere, das am südlichen Rande des Gebietes niedrigen Druckes 
ostwärts fortschreite.*‘) Da nach den bisherigen Erfahrungen bei der gegebenen 
Vertheilung von Luftdruck und Temperatur es wahrscheinlich sein mufste, dafs 
lieser neue Wirbel sich mit grofßer Schnelligkeit ostwärts fortpflanzen, uns 
U) Der Wortlaut des Warnungstelegramms war: „tiefes Minimum, nordwestlich von Irland 
herannahend, macht starkes Auffrischen der südwestlichen und südlichen Winde wahrscheinlich, 
Signalball“. Nicht unerwähnt darf allerdings bleiben, dafs dieses Telegramm vielen Signalstellen 
wegen Schlusses der Telegraphenämter erst am folgenden Morgen zugekommen ist, wie dieses bei 
den im Abenddienste der Seewarte aufgegebenen Sturmwarnungen sich bis jetzt überhaupt noch 
nicht hat vermeiden lassen.
	        
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