Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Februar 1894.
kommt er von NW; westlich von Bombay kommt er von Norden. Alles das ist
indessen von mehr nebensächlicher Bedeutung.
Da der barometrische Aequator nun 10° südlich vom geographischen Aequator
liegt, so findet der Nordostpassat bei dem Letzteren noch nicht sein Ende,
sondern tritt in die Südhemisphäre über; dort schwingt er schnell herum und
wird zum Nordwestwind.!) Das ist wahrscheinlich der NW, welchen Capper
beschreibt, als „südlich von der Linie“ vorkommend. Bei der Annäherung an
Java weht dieser Wind fast direkt nach Osten, als Theil der australen cyklonischen
Einströmung oder des kontinentalen Monsuns über Australien; während in der
Nähe von Afrika dieser Wind aus Norden weht oder sogar seine nordöstliche
Richtung beibehält, auf seinem Wege zum heilsen Innern dieses Kontinents.
Der Nordwestwind auf der Mitte des Indischen Oceans südlich vom
Aequator ist offenbar ein rein „terrestrisches“ Erzeugnifs; es ist das beste bis jetzt
kartirte Beispiel dieser Art. Im Atlantischen Ocean verhindert die Form der
Festländer und die dadurch bedingte Bahn der Meeresströmungen in Verbindung
mit der Schmalheit dieses Oceans am Aequator die Entwickelung eines deutlichen
Monsuns in der Mitte des Oceans; wenn auch in der Nähe der afrikanischen
Küste, nördlich vom Aequator, ein Bastardmonsun halb terrestrischen, halb
kontinentalen Ursprungs im nördlichen Sommer sich entwickelt. Im Stillen Ocean
ist Raum genug, in der That zu viel für ein erfolgreiches Studium dieser Ver-
hältnisse; die Ausdehnung des Wassers ist dort so grofßs, und die Beobachtungen
sind so spärlich, dafs unsere Kenntnifs von diesem Ocean noch nicht genügt zur
Entwerfung von Karten wie die, welche jetzt die meteorologischen Züge des
Atlantischen und Indischen Oceans so gut darstellen; doch darüber weiter unten
mehr, im Zusammenhang mit einigen Bemerkungen über die Meeresströmungen.
Wenden wir uns nun zur zweiten Karte, welche die mittleren Winde für
Juli und August darstellt, so fällt uns zuerst eine allgemeine Zunahme der Ge-
schwindigkeiten über dem Indischen Ocean und eine Abnahme über dem Stillen
Ocean in die Augen, Die Zunahme über dem Indischen Ocean ist in der süd-
lichen Halbkugel eine Folge der verstärkten cirkumpolaren Gradienten und in der
nördlichen eine Folge der aufserordentlich hohen Temperaturen in Nordwestindien.
Untersucht man die Richtungen der Winde, so findet man im südlichen Theile
des Oceans wenig, Aenderung. Die Trennung zwischen den westlichen Winden
und dem Südostpassat ist etwas mehr linear als im Januar, weil der Gürtel
hohen Druckes jetzt weniger unterbrochen ist auf den Landflächen, als er es im
azüdlichen Sommer war; aber noch immer findet sich eine deutlich ausgeprägte
Nordwärtsablenkung der westlichen Winde in den Passat an der Westküste von
Australien. Die Lage dieses Gürtels hohen Druckes ist jetzt 5° nördlicher als
vor sechs Monaten, eine Folge der vergröfserten Geschwindigkeit des cirkum-
polaren Wirbels, wie dieses in meinem früheren Aufsatz auseinandergesetzt ist.
Eine anticyklonische Ausströmung von Luft zeigt sich jetzt über Australien und
in geringerem Grade auch über Afrika, weil diese Länder jetzt kühler als die
umgebenden Meere sind.
Die Ausdehnung des Südostpassats über den Aequator hinaus als Südwest-
oder Sommermonsun ist der auffallendste Zug dieser Karte. Die gehorsame Art,
in welcher dieser grofse Luftstrom von der australen zur borealen Ablenkung
übergeht beim Uebertritt von der einen Halbkugel auf die andere, ist wirklich
bewundernswerth. Wie angesichts solcher Thatsachen Jemand es in Frage stellen
kann, dafs die Umdrehung der Erde bestimmend auf die Richtung der Winde
wirkt, ist in der That räthselhaft. Die südliche Hälfte der heifsen Zone wird
über dem offenen Ocean von einem starken sehr beständigen normalen Passat-
wind eingenommen; die nördlichen Golfe des Oceans haben einen ebenso starken
und stetigen Wind, aber dieser kommt aus SW, und doch bewegt sich in beiden
Fällen der Wind auf nordwärts gerichteten Gradienten. Der Gürtel schwächerer
und minder beständiger Winde mit nicht seltenen Windstillen längs des Aequators
erweist sich, beim Vergleich mit der Temperaturkarte, als Folge eines Gürtels
schwacher Temperaturgradienten und davon herrührender schwacher barometrischer
BR
!) Eine eingehendere Darstellung des Verhältnisses zwischen dem Nordwest- und dem Nord-
ostmonsun auf Grund der Beobachtungen deutscher Schiffe erscheint demnächst von Dr. W. Meinardus
im „Archiv der Seewarte“, 1893; einen Auszug daraus werden diese Annalen bringen. D. Red.