Davis: Die Winde des Indischen Oceans.
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Es möge in diesem Zusammenhang bemerkt werden, dafs Capper heute
sehr häufig als einer der frühesten Schriftsteller angeführt wird, welche den
Wirbelcharakter der Cyklonen in der Bai von Bengalen erkannt haben, denen
er eine Anzahl Seiten widmet. Er beschreibt ihre Winde nicht sehr klar und
geht auf die Richtung ihrer Wirbeldrehung nicht ein; aber indem er ihre Ursache
zu erklären versucht, scheint er eine Anregung von Franklin aufzunehmen, in-
dem er kleine Wirbel aufsteigenden Strömen zuschreibt, grofse Stürme aber dem
Niedersteigen von übermäfsig abgekühlter und schwerer Luft aus den höheren
Regionen der Atmosphäre. Dann „werden die angrenzenden Theile sofort sich
nach einem Punkt koncentriren und in einer wirbelnden . Kreisbewegung mit
grofser Heftigkeit gegen den Boden hinstürzen ... Es würde vielleicht keine
zrofse Schwierigkeit haben, die Lage eines Schiffes in einem Wirbel durch Beob-
achtung der Stärke und der Aenderungen des Windes festzustellen. Sind die
Aenderungen plötzlich und der Wind heftig, so mu{s das Schiff wahrscheinlich
in der Nähe des Centrums oder Vertex des Wirbelwindes sein; weht dagegen
der Wind lange Zeit aus demselben Strich, und ändert er sich nur allmählich,
so darf man annehmen, dafs das Schiff am Rande desselben sei.“ (Ebenda 65, 66.)
. Wie wir am Anfang dieses Aufsatzes bemerkt haben, erwähnen neuere
Schriftsteller selten die australe Ablenkung, welcher der Nordostpassat unterliegt,
wenn er den Aequator überschreitet und die südliche Halbkugel als Nordwest-
wind betritt. Wir wollen deshalb nunmehr die beste neue Karte dieses Oceans
betrachten und zusehen, wie sich die Thatsachen auf ihr darstellen.
Die Sachlage ist, ohne Rücksicht auf Klassifikation oder Theorie, aber
verallgemeinert auf Grundlage der möglichst vollständigen Sammlung von Beob-
achtungen, am besten dargestellt auf zwei Karten, welche wir hier aus dem Atlas
des Indischen Oceans wieder abdrucken, den die Deutsche Seewarte in Hamburg
herausgegeben hat. Die Karten sind ebenso wie die ähnlichen für den Atlan-
tischen Ocean von Dr. W. Köppen entworfen.
Die erste Karte gilt für Januar und Februar, den Spätsommer der süd-
lichen Halbkugel, wo der Wärmeäquator und der Gürtel niedrigen Luftdruckes
in der Mitte des Indischen Oceans bis gegen 10° S-Br vorgedrungen sind. Die
dickeren Pfeile zeigen stärkere Winde, die längeren stetigere Winde.') Auf
dieser Karte ist der Gürtel hohen Druckes an der Südgrenze der Passatzone
unterbrochen über den warmen Festländern Afrika und Australien, und ein
gestrecktes aber deutlich anticyklonisches System von ausströmenden Winden
ist sichtbar um das ovale Feld hohen Druckes, welches halbwegs zwischen Afrika
und Australien liegt. Alle diese Züge der Temperatur und des Luftdruckes
sowie der Winde haben eine schöne Darstellung durch besondere Karten in dem
obenerwähnten Atlas gefunden. Südlich von der Antieyklone sehen wir die
starken Westnordwestwinde, welche einen Theil des gewaltigen Wirbels um den
Südpol bilden; nördlich von der Anticyklone weht der Passat normaler Weise
aus SE, aber örtlich abgelenkt zu einer südlicheren Richtung bei Australien und
einer östlicheren Richtung bei Afrika,
Nördlich vom Aequator weht der Nordostpassat sehr regelmäfsig über dem
Wasser; seine Stärke ist am gröfsten über dem wesilichen Stillen Ocean und
am kleinsten über der Halbinsel von Vorderindien, wo, wie Blanford gezeigt
hat, die Windmühle keine Anwendung gefunden hat zum Pumpen des Wassers
in der trockenen Jahreszeit, obwohl die Eingeborenen genügenden Scharfsinn
gehabt haben zur Erfindung anderer mechanischer Hülfsmittel für die Bewässerung.
Die Schwäche des Windes dort ist erstens der Schwäche der Gradienten, welche
ihn ‚erzeugen, zuzuschreiben, zweitens den Hindernissen, welche die Unebenheiten
der Landoberfläche darbieten und endlich der Abwesenheit örtlicher Wärme-
sfrömungen in der kälteren Jahreszeit, durch welche eine Beschleunigung der
Luftströmung am Boden infolge der Mischung mit der darüberliegenden Strömung
erzielte werden würde. Die Richtung des Nordostmonsuns ist in bezeichnender
Weise abgelenkt über gewissen Theilen der Halbinsel und auf den grofsen Golfen
beiderseits — der Bai von Bengalen und dem Arabischen Meere —, so dafs
Blanford räth, den Ausdruck „Wintermonsun“ zu gebrauchen. In Bengalen
4) Vgl. die Erklärung am Fufse der Windkarten des Atlantischen Oceans im vorigen Hefte
lieser Annalen (Taf. 1).