36
Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Februar 1894.
scheint darum wahrscheinlich, weil das Schiff in der Zwischenzeit nur 3 Sm trieb.
Ferner ist T, nur 6 Sm von T, entfernt, die Ost—Westbewegung am 5. Mai
von 8a bis 2" p, die Nord—Südbewegung von T, über T, nach T, ganz un-
zweideutig aus der Windänderung zu erkennen. Wer aber doch noch an der
Einheitlichkeit zweifelt, der möge sich folgende Frage zur Beantwortung vorlegen:
Ist es denkbar oder wahrscheinlich, daß am 5. Mai mittags, als das Schiff
bei ESE 11 vor der Leeschote des Grofsuntermarssegels lag und Oel zur Be-
ruhigung der pyramidenförmigen See gebrauchte, gleichzeitig südlich vom Schiff
entweder noch ein Wirbel bei T, oder auch schon ein anderer Wirbel bei
T, lag?
Das Gebiet des niedrigsten Luftdruckes vom 4. bis 7. Mai, oben nur nach
den Windbeobachtungen bestimmt, ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein und das-
selbe. Die Bahn, in der Nebenfigur dargestellt, zeigt eine und eine halbe
Schleife; die Geschwindigkeit betrug etwa einmal 17 Sm in 12, danach 17 Sm in
121/2 Stunden, also 1,4 Sm in der Stunde.
Ohwohl diese Beobachtungen in 40° S-Br und im Mai, entsprechend dem
November der nördlichen Erdhälfte, gemacht sind, erinnern sie doch so sehr an
ähnliche Beobachtungen in den Tropen, welche die dortigen Orkane einleiten,
dals der Satz: „So lange Orkane in niedriger geographischer Breite
eine geringe Geschwindigkeit nebst unregelmäfsiger Bewegung auf-
weisen, sind sie noch in der Nähe ihrer Geburtsstätte“, auch hier
aufßserhalb der Tropen pafst.
Dal wir es mit der deutlichen Entstehung einer Cyklone zu thun haben,
folgt auch aus den Windstärken und den Barometerständen.
Jene sind: 0, 8, 2, 11, 3, 11 bis 12, 10, 9 bis zu 4, d. h. zu Ende. Die
niedrigen Zwischenwerthe wurden oben erklärt und benutzt; sieht man von ihnen
ab, d. h. von der flauen Briese in der stillen Wirbelmitte, so erhält man 0, 8,
11, 11 bis 12 u. s. w., d. h. die Windstärke nahm beinahe an derselben Stelle
der Meeresfläche in 44 Stunden von 0 bis 11,5 B zu.
Wenn die Mitte eines Wirbels oder einer Depression über ein Schiff hin-
weggeht, ist der gleichzeitig beobachtete Luftdruck nahezu der niedrigste in der
Umgebung. Vergleicht man die Barometerkurve (s. Nebenfigur), 80 sind T,, T,
and T, mitten in die Kurve hineingesetzt, weil für diese Zeiten und Schiffsorte
der beobachtete Luftdruck vermuthlich der absolut tiefste der Umgebung war.
Die entsprechenden Werthe, 757, 753 und 748 mm besagen dann, daß sich die
anfänglich unbedeutende und flache Depression (757 mm nur 3 mm unter Normal)
in 24 Stunden gleichmäfsig um 9mm vertieft und zur Cyklone entwickelt hat,
die dann erst eine bestimmte Richtung einschlug und beibehielt.
Der erste, sanfter abfallende Theil der Barometerkurve verdankt seine
Form der Entwickelung der Depression, der zweite, steil ansteigende der schnelleren
Entfernung der fertigen Cyklone.
Dafs es vor und während der Entwickelung fast ununterbrochen regnete,
nimmt uns nach den Erfahrungen in den Tropen nicht Wunder. Hagel tritt erst
auf nach dem ersten Theil der Entwickelung, nicht zu Anfang. Die vorzüglichen
Beobachtungen der „Dorothea“ deuten sogar durch die Reihenfolge der Nieder-
schläge an, dafs sich diese Cyklone allmählich nach oben hin ausgedehnt hat,
also in den untersten Schichten der Atmosphäre entstanden ist.
Zuerst wird von Niederschlägen nur Staubregen beobachtet, dem Nebel
vorherging; der aufsteigende Luftstrom ist schwach und reicht nicht hoch hinauf,
Dann folgt harter beständiger Regen; er fällt in gröfseren Tropfen und Mengen; der
aufsteigende Strom ist kräftiger geworden, er arbeitet schneller und reicht höher
hinauf. Schließlich fällt mit heftigem Regen auch Hagel; der aufsteigende Strom
ist voll entwickelt und führt das Wasser in Höhen, wo es theilweise gefriert,
Bei den japanischen Taifunen hat sich ebenfalls ergeben, dafs sie sich
später zu gröfseren Höhen erheben als im Anfang, wodurch auch deren erste
Entwickelung, wie die der vorderindischen Cyklonen, in die unteren Schichten
der Atmosphäre verlegt wird.
Bemerkenswerth ist noch die Empfindlichkeit, mit welcher die Luft-
temperatur der Windrichtung folgt. Vom 4. Mai 12*p 146° C bei Ostwind
stieg sie in vier Stunden auf 16,8°, weil der Wind nach NW ging; ähnlich am
Mittag des 5. Mai, 13,6° C bei ESE, und vier Stunden später NE mit 16,6° C;