Wislicenus: Die Küste von Tonkin,
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An der Nordseite der Insel läuft die 10 m-Grenze der Küste fast parallel
im Abstande von ! bis "4 Sm.
Die Nordostspitze setzt sich unter Wasser mit Untiefen von weniger als
5 m auf ungefähr !/a Sm Abstand fort.
Schiffe, die nach Tonkin laufen, können ohne Gefahr die Insel Bakh-
Long Vi ansteuern und sie in mindestens 1'/s Sm Abstand passiren. Die Um-
gegend der Insel ist sehr fischreich; oft sieht man Fischzüge in der Wasserlinie,
die man von Weitem für Sandbänke halten könnte.
Die Inseln Norway oder Sui-Nong-Tiao. Die Inseln Norway liegen
18 Sm ostwärts von Do-Son und ungefähr 6 Sm von den ersten Inselchen des
Archipels von Kak Ba; sie bilden zwei Gruppen, deren östliche bei klarem
Wetter 20 Sm weit sichtbar ist. Die Inseln sind hoch, zackig, kahl, fallen steil
ins Wasser und haben an der Südseite keine Gefahren. Sie sind unzugänglich;
nur die Insel Grande Norway hat eine kleine Bucht, die den chinesischen
Dschunken als Zufluchtsplatz dient und die man als Lootsenstation hat einrichten
wollen. Auch besteht schon lange der Plan, einen Leuchtthurm auf einer Insel
der Gruppe zu erbauen.
Lothungen. An diesem ganzen Theile der Küste von Hon Tseu (Kap
Mui Duong) bis nach Hon Ne sind die Lothungen seewärts sehr regelmäfsig;
die 20 m-Grenze liegt etwa 10 Sm von der Küste entfernt zwischen Hon Ne
and Hon Matt; sie nähert sich mehr der Küste südwärts vom Kua Hoi und tritt
ganz an sie heran am Fuße des Kaps Mui Duong, das sehr steil ins Wasser
abfällt. Man findet dort Tiefen von 30 m in 10 Sm Abstand von der Küste.
In der Umgebung der Inseln Hon N€E€ und Hon Matt sind die Tiefen
ziemlich beträchtlich; in geringem Abstande seewärts von den Inseln findet man
Tiefen von 20 bis 25 m. Tiefen von 30 m findet man in mehr als 10 Sm Ab-
stand ostwärts von Hon Me. Der Grund besteht überall aus Sand, der mit
Schlick vermischt ist.
Gezeiten. An der ganzen Küstenstrecke von Hon Tseu bis nach Hon
Ne sind die Tiden eintägige; ihre Ordnung entspricht der der tonkinesischen;
nur der Fluthwechsel ist etwas geringer, und die Hochwasserzeiten liegen anders.
Der Fluthenwechsel und die Hafenzeiten sind nach den Beobachtungen in Hon
M6€, Bien-Shon und in Kua Hoi an dieser Küste fast überall dieselben.
Der gröfste hier beobachtete Fluthwechsel beträgt 2,5 m, der einem zu
Do-Son beobachteten Fluthwechsel von 2,9 m entspricht. Ein Fluthwechsel von
2,0 m entspricht einem solchen von 2,3 m zu Do-Son. Bei Niptide schwankt der
Wasserstand zwischen 1m und 2m über dem Nullpunkt der Karten (Fluth-
wechsel also dann 1m). Man vergleiche die Angaben des „Annuaire des Mardtes
du Tonkin.“
Mit Hülfe von gleichzeitigen Beobachtungen während eines Monats in
Do-Son und Bien-Shon hat man Folgendes gefunden:
Die Niedrigwasserzeiten sind die gleichen in Bien-Shon und Do-Son.
Die Hochwasserzeiten verschieben sich: sie sind bei Springtide im Mittel
1° 30° früher in Bien-Shon als in Do-Son; bei Niptide 3* früher.
Winde. Das Vorherrschen der einzelnen Winde ist auf demselben Küsten-
abschnitt den allgemeinen Regeln für die Winde der chinesischen Meere unter-
worfen. Der Nordostmonsun tritt bei Weitem nicht so stark auf, wie an der
Küste von Annam; er zeigt lange Zeitabschnitte von Windstillen. Während der
ganzen Dauer dieses Monsuns ist das Wetter gewöhnlich neblig. Die Gebirge
des Innern sind vom Nebel verdeckt.
Der Südwestmonsun weht an der ganzen Küste aus SO oder SSO; er
ist nicht sehr frisch und erzeugt auf den Barren der Flüsse keine Brandung.
Die Vormittage sind stets windstill; die Briese beginnt gegen Mittag, nimmt bis
gegen 4 Uhr zu und hört bei Sonnenuntergang zu wehen auf.
Strömungen. Siehe die Tabelle am Schlusse des Heftes.